Nikolai Bucharin

 

Imperialismus und Weltwirtschaft

 

Vierter Abschnitt
Die Zukunft der Weltwirtschaft und der Imperialismus

Zwölftes Kapitel
Die „Notwendigkeit“ des Imperialismus und der „Ultraimperialismus“

 

1. Der Begriff der historischen Notwendigkeit. Historische Notwendigkeit und praktischer Marxismus. Die historische „Notwendigkeit“ des Imperialismus. 2. Die wirtschaftliche Seite der Frage des Ultraimperialismus (Die Vereinbarung der staatskapitalistischen Trusts). Die abstrakte wirtschaftliche Möglichkeit eitles Welttrusts. 3. Die konkrete Prognose. Die wirtschaftlichen Vorbedingungen der Bildung der Trusts und ihrer Festigkeit. Die Internationalisierung und die Nationalisierung der kapitalistischen Interessen. Die Bedeutung der imperialistischen Politik für die Bourgeoisie 4. Die Überwindung des Imperialismus und die Vorbedingungen der Möglichkeit dieser Überwindung.

„Tout comprendre, c’est tout pardonner.“ (Alles verstehen, heißt alles verzeihen), sagt ein französisches Sprichwort. Aber nicht jedes Sprichwort drückt einen richtigen Gedanken aus. In diesem Falle haben wir es mit einem offenkundig falschen „Urteil“ zu tun. In der Tat. Eine Erscheinung begreifen, heißt einen kausalen Zusammenhang zwischen dieser Erscheinung und einer anderen Erscheinung oder einer Kette von Erscheinungen feststellen. Daraus folgt aber keineswegs, daß es in jedem Falle notwendig ist, die begriffene Erscheinung zu rechtfertigen. Sonst würden alle Erscheinungen, die in der Sprache der „ethischen Persönlichkeiten“ als „Übel“ bezeichnet werden, für immer der menschlichen Vernunft verschlossen bleiben; sie könnten nicht begriffen werden. In Wirklichkeit ist es aber gar nicht so schlimm. Im Gegenteil. Wir können eine Erscheinung nur dann richtig beurteilen, d.h. sie als eine positive oder eine negative werten, wenn wir sie begreifen. Folglich müssen wir auch dann, wenn wir keineswegs sie Absicht haben zu „verzeihen“, vorerst einmal „begreifen“. Diese Abc-Wahrheit gilt auch für geschichtliche Ereignisse. Ein geschichtliches Ereignis begreifen, das bedeutet, es als eine Folge einer bestimmten geschichtlichen Ursache oder bestimmter geschichtlicher Ursachen darzustellen, d.h. mit anderen Worten, es nicht als eine „zufällige“ durch nichts bedingte Größe darzustellen, sondern als eine Größe, die sich notwendig aus der Gesamtheit aller vorhandenen Bedingungen ergibt. Das Element der Kausalität ist ja das Element der Notwendigkeit (“kausale Notwendigkeit“). Der Marxismus lehrt, daß der geschichtliche Prozeß, und folglich jedes Glied in der Kette geschichtlicher Ereignisse, eine „notwendige Größe“ ist. Daraus einen politischen Fatalismus herzuleiten, ist aus dem einfachen Grunde ganz unsinnig, als die historischen Ereignisse nicht außerhalb des Willens der Menschen geschehen, sondern mit seiner Hilfe, auf dem Wege des Klassenkampfes, wenn wir es mit einer Klassengesellschaft zu tun haben. Der Wille der Klassen wird jedesmal durch die konkrete geschichtliche Umgebung bestimmt: in diesem Sinne ist der Wille keineswegs „frei“. Aber er ist seinerseits ein bestimmender Faktor des geschichtlichen Prozesses. Wenn wir von den Handlungen der Menschen, dem Kampf der Klassen usw. absehen, so sehen wir auch von der Gesamtheit des geschichtlichen Prozesses ab. Der fatalistische „Marxismus“ war stets nur eine bürgerliche Karikatur der Marxschen Lehre, die von bürgerlichen Theoretikern zwecks leichterer „Überwindung des Marxismus“ erfunden wurde. Der weit verbreitete Sophismus ist bekannt, daß die Marxisten, die den notwendigen Eintritt einer nachkapitalistischen Wirtschaftsordnung voraussagen, etwa dasselbe tun wie eine Partei, die den Kampf für das Eintreten einer Mondfinsternis aufnimmt. Aber andererseits haben sich die Apologeten der Bourgeoisie, die bestrebt waren, ihre Auffassung „streng wissenschaftlich“ zu formulieren, mit Vorliebe in das Mäntelchen dieses „Marxismus“ gehüllt, der das im gegebenen Augenblick Bestehende zu einer absoluten Größe macht und dadurch in diesem Bestehenden eine nicht zu überschreitende Schranke findet. „Alles Wirkliche ist vernünftig“ – dieser Hegelsche Satz wurde von diesen Apologeten sehr oft für ihre Zwecke ausgenutzt. Während für Marx die „Vernünftigkeit alles Wirklichen“ nur ein Ausdruck des kausalen Zusammenhanges zwischen Gegenwärtigem und Vergangenem war, eines Zusammenhanges, dessen Erkenntnis den Ausgangspunkt für die praktische Überwindung des „Wirklichen“ darstellt, diente den Apologeten diese „Vernünftigkeit“ zur Rechtfertigung und Verewigung des Bestehenden. [1] „Die Geschichte hat immer Recht“ – so begründet der „Marxist“ Heinrich Cunow seine Bejahung des Imperialismus [2]; alle Gedanken an eine Überwindung des Imperialismus sind für ihn nur „Illusionen“, ihre Systematisierung ein „Illusionskultus“. Natürlich ist nichts platter als eine derartige Interpretierung des Marxismus. Marx hat Cunow sehr gut geantwortet, als er dem bürgerlichen Ökonomen Burke erwiderte. „Die Gesetze des Handels“ – schrieb Burke „sind die Gesetze der Natur und folglich die Gesetze Gottes.“ Marx antwortete ihm:

Bei der infamen Charakterlosigkeit, die heutzutage herrscht und devotest an die „Gesetze des Handels“ glaubt, ist es Pflicht, wieder und wieder die Burkes zu brandmarken, die sich von ihren Nachfolgern nur durch eins unterscheiden – Talent! [3]

Wird aber die geschichtliche Wirklichkeit verschieden beurteilt, wodurch wird dann die „Praxis“ bestimmt, und wo liegen die Grenzen des Erreichbaren? Um diese Frage besser beantworten zu können, wollen wir zwei extreme Fälle annehmen. Nehmen wir zuerst an, wir hätten ein schwaches Proletariat in einem Lande, das eben den Weg der kapitalistischen Entwicklung beschritten hat. Die gesellschaftlichen Klassen befinden sich noch in dem Stadium, in dem sie eine unorganisierte Masse darstellen. Das Proletariat selbst hat sich noch nicht, um den Ausdruck von Marx zu gebrauchen, in eine Klasse „für sich“ verwandelt. Die wirtschaftliche Entwicklung ist so schwach, daß noch keine Voraussetzungen für die Organisierung der Wirtschaft in gesellschaftlichem Umfange vorhanden ist. Hier kann im voraus gesagt werden, daß die Voraussetzung für eine Überwindung der kapitalistischen Widersprüche fehlt. Die Marxisten stellen grundsätzlich die Bedingtheit des Kapitalismus fest und weisen darauf hin, daß man damit rechnen müsse, daß die Entwicklung auf kapitalistischem Wege erfolgen werde, da keine Möglichkeit vorhanden sei, die gesellschaftliche Entwicklung aus den Bahnen des Kapitalismus zu stoßen, und daß man deshalb die Kräfte zur aktiven Überwindung des Kapitalismus in der Zukunft organisieren und in der Gegenwart die relative Fortschrittlichkeit des Kapitalismus zum Kampf gegen die Überreste des Feudalismus, die den gesellschaftlichen Fortschritt hindern, ausnützen müsse usw. Die entscheidenden Momente bei der Bestimmung der „Praxis“ sind somit: erstens die „Beurteilung der objektiven Voraussetzungen“, d.h. der gegebenen Stufe der wirtschaftlichen Entwicklung, zweitens die Beurteilung der sozialen Bedeutung der fortschrittlichsten Kraft der Gesellschaft, was natürlich mit dem ersten Moment zusammenhängt. Bei einer Lage der Dinge, wie wir sie oben geschildert haben, sprechen die Marxisten von einer Notwendigkeit des Kapitalismus auch im Sinne seiner relativen Unüberwindlichkeit.

Setzen wir aber voraus, wir hätten einen hoch entwickelten kapitalistischen Organismus vor uns, der es gestattet, eine planmäßige Organisation der gesellschaftlichen Produktion einzuführen, und daß andererseits das Verhältnis der gesellschaftlichen Kräfte so sei, daß die fortschrittlichste Klasse einen bedeutenden Teil der Bevölkerung bildet, – in diesem Falle ist es ganz unsinnig zu betonen, daß der Kapitalismus ein notwendiges Stadium der Entwicklung sei. (Wer so spricht, der meint damit natürlich nicht, daß der Kapitalismus und sein gegebener Zustand Produkte der geschichtlichen Entwicklung sind: das Wort „Notwendigkeit“ ist hier ein Synonym der Unüberwindlichkeit. [4])

Kommen wir jetzt zur Frage der Notwendigkeit (Unüberwindlichkeit) des Imperialismus, so werden wir sofort finden, daß gar kein Grund vorliegt, von seiner Notwendigkeit in diesem Sinne zu sprechen. Das gerade Gegenteil ist richtig. Der Imperialismus ist die Politik des Finanzkapitalismus, d.h. eines hochentwickelten Kapitalismus, der eine gewisse und dabei äußerst bedeutende Reife der Organisation der Produktion voraussetzt. Mit anderen Worten: die imperialistische Politik besagt schon durch ihre Existenz, daß die objektiven Voraussetzungen für eine neue sozial-ökonomische Form herangereift sind, und daß folglich alles Gerede von einer „Notwendigkeit“ des Imperialismus als einer Schranke der Praxis, Liberalismus, halber Imperialismus ist. Die Frage des weiteren Bestehens des Kapitalismus und Imperialismus wird zur Frage des Kräfteverhältnisses der kämpfenden sozialen Klassen und nichts weiter.

Aber hier kann es auch eine andere opportunistische Abweichung geben, die äußerlich dem Fatalismus entgegengesetzt ist, und die jetzt mit ungewöhnlichem Eifer von Karl Kautsky in der Literatur vertreten wird. [5] Kautsky bemerkt richtig, daß das weitere Bestehen des Imperialismus von dem gesellschaftlichen Kräfteverhältnis abhängt und führt dann ungefähr folgendes aus:

Der Imperialismus sei eine bestimmte Methode der kapitalistischen Politik: diese sei auch ohne gewalttätige Mittel ebenso denkbar, wie ein Kapitalismus ohne Zehn- und Zwölfstundentag und mit Achtstundentag denkbar sei. Wie in diesem letzten Falle das Proletariat im Rahmen des Kapitalismus der bürgerlichen Tendenz der Verlängerung des Arbeitstages seine proletarische Tendenz zur Verkürzung des Arbeitstags gegenüberstelle, so müßte man auch der bürgerlich-gewaltsamen Tendenz des Imperialismus die friedlichen Tendenzen des Proletariats entgegenstellen. Die Frage könne somit, so meint Kautsky, im Rahmen des Kapitalismus gelöst werden. So radikal diese Theorie auf den ersten Blick auch scheinen mag, in Wirklichkeit ist sie eine durch und durch reformistische Theorie. Wir werden später die Möglichkeit eines „friedlichen Kapitalismus“ à la Kautsky (eines „Ultraimperialismus“) eingehend untersuchen. Hier wollen wir nur einen allgemeinen und formalen Einwand machen, und zwar den folgenden: es ist unzulässig, aus der Tatsache, daß der Imperialismus eine Frage des Kräfteverhältnisses ist, zu schließen, daß er im Rahmen des Kapitalismus ebenso verschwinden könne wie der fünfzehnstündige Arbeitstag, der nichtregulierte Arbeitslohn usw. Wenn die Frage so einfach wäre, so könnte man folgende Perspektive „entwerfen“: es ist bekannt, daß der Kapitalismus die Aneignung des Mehrwerts durch die Kapitalisten voraussetzt; der gesamte neue Wert N zerfällt in zwei Teile: N = V plus M; diese Verteilung hängt, von ihrer qualitativen Seite her betrachtet, vom Verhältnis der gesellschaftlichen Kräfte ab (der Interessengegensatz wurde bereits durch Ricardo festgestellt). Bei wachsendem Widerstand der Arbeiterklasse ist es durchaus denkbar, daß V auf Kosten von M wächst, und daß die gesamte Summe N in einem Verhältnis verteilt wird, das für die Arbeiter günstiger ist. Aber die die allmähliche Erhöhung des Anteils des Proletariats durch das Kräfteverhältnis bestimmt wird und keine von vornherein festgesetzte Schranke für diese Erhöhung besteht, so „beseitigt“ die Arbeiterklasse, indem sie den Anteil der Kapitalisten auf die Höhe eines einfachen Gehaltes reduziert, friedlich den Kapitalismus, indem sie die Kapitalisten in einfache Angestellte oder im schlimmsten Falle in Pensionäre der gesellschaftlichen Gemeinschaft verwandelt. Dieses Idyll ist offensichtlich eine reformistische Utopie. Aber nicht minder ist auch der Kautskysche „Ultraimperialismus“ eine Utopie.

Aber Kautsky und seine Anhänger sagen, daß der Prozeß der kapitalistischen Entwicklung selbst das Wachstum jener Elemente begünstige, auf die sich ein Ultraimperialismus stützen könnte; und zwar erzeuge die Zunahme der internationalen Verflechtung des Kapitals die Tendenz zur Aufhebung der Konkurrenz unter den verschiedenen „nationalen“ kapitalistischen Gruppen. Diese „friedliche“ Tendenz werde auch durch den Druck von unten verstärkt. So trete an die Stelle des raubgierigen Imperialismus der sanfte Ultraimperialismus.

Untersuchen wir die Frage ihrem Inhalt nach. In ihrer ökonomischen Formulierung muß man sie folgendermaßen stellen: Wie ist eine Vereinbarung oder ein Zusammenschluß der staatskapitalistischen Trusts möglich? In der Tat ist der Imperialismus ja nichts anderes als die Erscheinungsform der Konkurrenz unter den staatskapitalistischen Trusts. Verschwindet diese Konkurrenz, dann verschwindet auch die Grundlage der imperialistischen Politik. Es erfolgt ein Prozeß der Verwandlung des in nationale Gruppen zersplitterten Kapitals in eine einheitliche Weltorganisation, in einen allgemeinen Welttrust, dem das Weltproletariat gegenübersteht.

Erörtert man die Sache abstrakt theoretisch, so ist ein solcher Trust durchaus denkbar, da im allgemeinen keine Schranke für den Prozeß der Kartellierung besteht. Unserer Ansicht nach, sagt Hilferding in seinem Finanzkapital ganz richtig:

Es entsteht aber die Frage, wo die Grenze der Kartellierung eigentlich gegeben ist. Und diese Frage muß dahingehend beantwortet werden, daß es eine absolute Grenze für die Kartellierung nicht gibt. Vielmehr ist eine Tendenz zu stetiger Ausbreitung der Kartellierung vorhanden. Die unabhängigen Industrien geraten, wie wir gesehen haben, immer mehr in Abhängigkeit von kartellierten, um schließlich von ihnen annektiert zu werden. Als Resultat des Prozesses ergäbe sich dann ein Generalkartell. Die ganze kapitalistische Produktion wird bewußt geregelt von einer Instanz. die das Ausmaß der Produktion in allen ihren Sphären bestimmt ... Es ist die bewußt geregelte Gesellschaft in antagonistischer Form. Aber dieser Antagonismus ist Antagonismus der Verteilung ... Die Tendenz zur Herstellung eines Generalkartells und die Tendenz zur Bildung einer Zentralbank treffen zusammen und aus ihrer Vereinigung erwächst die gewaltige Konzentrationsmacht des Finanzkapitals. [6]

Aber diese abstrakte ökonomische Möglichkeit ist noch keineswegs eine reale Wahrscheinlichkeit. Der gleiche Hilferding schreibt an einer anderen Stelle mit vollem Recht:

An sich wäre ein Generalkartell ökonomisch denkbar, das die Gesamtproduktion leitete und damit die Krisen beseitigte, wenn auch ein solcher Zustand sozial und politisch eine Unmöglichkeit ist, da er an dem Interessengegensatz, den er auf die äußerste Spitze treiben würde, zugrunde gehen müßte. [7]

In Wirklichkeit könnte aus diesen sozial-politischen Ursachen nicht einmal die Bildung eines solchen allumfassenden Trusts erfolgen. Wir wollen das gleich beweisen.

Die Vorbedingung für die Herstellung einer mehr oder minder dauernden Vereinbarung ist die annähernde Gleichheit der Stellung auf dem Weltmarkt. Ist diese Gleichheit nicht vorhanden, so hat für die andere Gruppe, deren Stellung auf dem Weltmarkt vorteilhafter ist, die Vereinbarung keinen Sinn. Es ist für sie im Gegenteil vorteilhaft, den Kampf fortzusetzen, da sie allen Grund hat, zu hoffen, daß der Konkurrent eine Niederlage erleidet. Das ist die allgemeine Regel für den Abschluß von Vereinbarungen. Für staatskapitalistische Trusts, von deren Vereinbarungen hier die Rede ist, gilt sie ebenso wie in anderen Fällen. Hier müssen aber zweierlei Bedingungen berücksichtigt werden.

Erstens: die rein wirtschaftliche Gleichheit. Hierher gehört die annähernde Gleichheit der Produktionskosten. Die Gleichheit der Produktionskosten beruht letzten Endes auf der Gleichheit der Arbeitswerte und folglich auf einer annähernd gleichen Höhe der Entwicklung der Produktivkräfte. Eine Voraussetzung des Abschlusses der Vereinbarung ist also die Gleichartigkeit der wirtschaftlichen Struktur. Wenn der Unterschied in den wirtschaftlichen Strukturen bedeutend ist, und wenn folglich die Produktionskosten verschieden sind, dann ist es für den staatskapitalistischen Trust, der eine höhere Technik aufweist, nicht vorteilhaft, eine Vereinbarung abzuschließen. Deshalb zieht es z.B., wen wir die Praxis der Vereinbarung in den einzelnen Produktionszweigen nehmen, die hochentwickelte Industrie Deutschlands vor, in ihren Hauptzweigen isoliert auf dem Markte aufzutreten. Wenn es sich natürlich um einen staatskapitalistischen Trust handelt, so wird ein gewisser Durchschnitt aller Produktionszweige in Betracht gezogen. In diesem Falle wird nicht von den Interessen der kapitalistischen Gruppen dieses oder jenes Produktionszweiges ausgegangen, sondern von den Interessen der vereinigten Industrie, in der übrigens die Großkapitalisten der Schwerindustrie, deren Einfluß immer größer wird, tonangebend sind. Zu den Produktionskosten im eigentlichen Sinne kommen noch die Transportkosten hinzu.

Außer dieser „rein wirtschaftlichen“ Gleichheit ist auch eine wirtschaftspolitische Gleichheit eine notwendige Voraussetzung für die Bildung dauernder Vereinbarungen. Wir haben bereits gesehen, daß die Verbundenheit zwischen Kapital und Staat sich als eine zusätzliche wirtschaftliche Kraft auswirkt. Ein stärkerer Staat gewährleistet hier die vorteilhaftesten Handelsverträge und setzt hohe Zollsätze zum Schaden der Konkurrenten fest. Er hilft seinem eigenen Finanzkapital bei der Monopolisierung der Absatz- und Rohstoffmärkte und besonders der Sphären der Kapitalanlage. Es ist daher ganz verständlich, daß die staatskapitalistischen Trusts bei der Abschätzung der Bedingungen des Kampfes auf dem Weltmarkt nicht nur die rein wirtschaftlichen, sondern auch die wirtschaftspolitischen Bedingungen des Kampfes in Betracht ziehen. Und deshalb ist es für den stärkeren staatskapitalistischen Trust sogar vorteilhafter, den Kampf fortzusetzen, als auf eine Vereinbarung oder Fusionierung einzugehen, wenn die wirtschaftlichen Strukturen zwar annähernd gleich, die militärischen Machtmittel aber bedeutend verschieden sind. Betrachten wir von diesem Standpunkt die Lage der kämpfenden „Nationen“, so werden wir finden, daß kein Grund besteht, wenigstens in einer verhältnismäßig nahen Zeit, Vereinbarungen oder Zusammenschlüsse der staatskapitalistischen Trusts und ihre Umwandlung in einen einheitlichen Welttrust zu erwarten. Es genügt, die wirtschaftliche Struktur Frankreichs und Deutschlands, Englands und Amerikas und endlich die der entwickelten Länder mit solchen wie Rußland zu vergleichen (die Länder dieser letzten Kategorie fallen zwar nicht unter den Begriff der staatskapitalistischen Trusts, schaffen aber bestimmte Verhältnisse auf dem Weltmarkt), und wir werden begreifen, wie weit wir von einer kapitalistischen Weltorganisation entfernt sind. [8] Dasselbe betrifft auch die militärischen Machtmittel. Wenn der gegenwärtige Krieg (wenigstens bis heute) auch eine annähernde Gleichheit der Kräfte der Gegner zeigt, so darf doch nicht vergessen werden, daß es sich hier um eine bestimmte Kräftekombination handelt, die keineswegs eine dauernde Größe ist.

Diese Erwägungen über die Gleichheit dürfen aber nicht nur statisch, sondern müssen vor allem dynamisch betrachtet werden. Die „nationalen“ Gruppen der Bourgeoisie gründen ihre Pläne nicht nur auf dem, was „ist“, sondern auch auf dem, was „wahrscheinlich sein wird“. Hier wird jede Möglichkeit einer Entwicklung eingehend berücksichtigt, die es einer bestimmten Gruppe gestatten könnte, nach einiger Zeit alle anderen zu überflügeln, sei sie nicht im gegebenen Augenblick wirtschaftlich und politisch ebenso stark wie der Konkurrent. Dieser Umstand verschärft die Labilität der Lage noch mehr. [9]

Einen gewaltigen Anstoß zur Bildung eines staatskapitalistischen Trusts gibt der Prozeß der Internationalisierung der kapitalistischen Interessen, den wir im ersten Abschnitt dieser Arbeit beschrieben haben (Beteiligung an auswärtigen Unternehmungen und ihre Finanzierung, internationale Kartelle, Trusts usw.). Aber wie bedeutend dieser Prozeß auch an und für sich sein mag, so steht ihm doch die andere, noch stärkere Tendenz zur Nationalisierung des Kapitals, zu seiner Einschließung in die staatlichen Grenzen entgegen. Die Vorteile, die die Fortsetzung des Kampfes einer nationalen Gruppe der Bourgeoisie gewährt, sind eine weitaus bedeutendere Größe als die Verluste, die dieser Kampf mit sich bringt. Keinesfalls darf die Bedeutung der bereits vorhandenen internationalen Industrieabkommen überschätzt werden. Wir haben bereits festgestellt, daß viele von diesen Abkommen einen äußerst vorübergehenden Charakter haben und Unternehmerorganisationen von einem verhältnismäßig niedrigen Typus mit einer verhältnismäßig geringen Zentralisation darstellen, und endlich oft nur sehr spezielle Produktionszweige umfassen (das Flaschensyndikat). Nur die Verbände in solchen Produktionszweigen, die auf einem natürlichen Monopol beruhen (wie Petroleum), haben einen verhältnismäßig dauernden Charakter. Wenn die Tendenz zur Internationalisierung „in letzter Instanz“ dennoch den Sieg davontragen sollte, so erst nach einer langen Periode des erbittertsten Kampfes unter den staatskapitalistischen Trusts.

Vielleicht sind aber die Kosten des Kampfes, d.h. die Kriegskosten so groß, daß sie sich für die Bourgeoisie nicht lohnen? Sind solche Tatsachen wie die geplante weitere Militarisierung Englands vielleicht nur eine „Dummheit“ der Bourgeoisie, die ihre eigenen Interessen nicht sieht? Leider ist es nicht so. Wir müssen diese Eigenschaft eher den naiven Pazifisten, keineswegs aber der Bourgeoisie zuschreiben. Diese kennt die Bilanz ihrer Einnahmen und Ausgaben sehr gut. Bei solchen Einwänden wird gewöhnlich der ganze Umfang der Funktionen der militärischen Macht außer acht gelassen. Diese übt ihre Wirkung, wie wir dies bereits gezeigt haben, nicht nur im Kriege, sondern auch im Frieden aus, da sie ständig als Mittel im „friedlichen“ Konkurrenzkampf angewandt wird. Zweitens aber wird vergessen, daß die Lasten des Krieges infolge der Abwälzbarkeit der Steuern usw. hauptsächlich von der Arbeiterklasse und teilweise von Mittelschichten getragen werden, die während des Krieges (und folglich in einem Prozeß der stärksten Zentralisation der Produktion) expropriiert werden.

Der konkrete Prozeß der wirtschaftlichen Entwicklung geht also über einen verschärften Kampf der staatskapitalistischen Trusts und der rückständigen wirtschaftlichen Formationen. Eine Reihe von Kriegen ist unvermeidlich. Im geschichtlichen Prozeß, der uns in der nächsten Zukunft bevorsteht, wird der Weltkapitalismus sich in der Richtung zum allgemeinen staatskapitalistischen Trust unter Aufsaugung der Schwachen bewegen. Wenn dieser Krieg zu Ende ist, dann werden neue Probleme durch das Schwert „gelöst„ werden müssen. Hier kann es natürlich in dem einen oder anderen Falle auch zu teilweisen Vereinbarungen kommen. (So ist z.B. der Zusammenschluß von Deutschland und Österreich äußerst wahrscheinlich.) Aber jede Vereinbarung oder Konsolidierung wird den blutigen Kampf nur von neuem reproduzieren. Wenn „Mitteleuropa“ vereinigt ist und die Pläne der deutschen Imperialisten verwirklicht sind, so wird die Lage ungefähr dieselbe bleiben. Wenn sich aber ganz Europa vereinigt, so wird das keineswegs eine „Abrüstung“ bedeuten; es wird nur einen ungeahnten Aufschwung des Militarismus bedeuten, denn dann steht der Riesenkampf gegen Amerika und Asien auf der Tagesordnung. Der Kampf der kleinen (kleinen!) staatskapitalistischen Trusts wird durch den Kampf von noch gewaltigeren Trusts abgelöst werden. Diesen Kampf mit „Hausmittelchen“ und Rosenwasser beizulegen, das hieße, mit Erbsen auf Elefanten schießen, denn der Imperialismus ist ein System, das nicht nur auf das innigste mit dem modernen zusammenhängt, sondern auch das wesentlichste Element dieses Kapitalismus darstellt.

Wir haben im zweiten Abschnitt die ganze Eigenart der Struktur des modernen Kapitalismus und die Bildung der staatskapitalistischen Trusts betrachtet. Mit dieser wirtschaftlichen Struktur steht aber eine bestimmte Politik in Zusammenhang, die imperialistische Politik. Und nicht nur in dem Sinne, daß der Imperialismus ein Produkt des Finanzkapitalismus ist, sondern auch in dem Sinne, daß das Finanzkapital keine andere Politik außer der imperialistischen, die wir charakterisiert haben, betreiben kann. Der staatskapitalistische Trust kann nicht zu einem Anhänger des Freihandels werden, den damit würde er einen bedeutenden Teil seiner kapitalistischen raison d’être [10] einbüßen. Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß der Schutzzoll einerseits einen zusätzlichen Profit verschafft, andererseits aber die Konkurrenz auf dem Weltmarkt erleichtert. Ebenso kann das Finanzkapital, das der Träger der kapitalistischen Monopolorganisation ist, nicht auf die Monopolisierung der Einflußsphären, auf die Annexion von Absatz- und Rohstoffmärkten, von Anlagesphären für Kapital verzichten. Wenn der eine staatskapitalistische Trust ein nicht besetztes Gebiet nicht an sich reißt, so wird es der andere tun. Der friedliche Wettbewerb, der die Epoche der freien Konkurrenz und dem Mangel jeder Organisation der Produktion innerhalb des Landes entsprach, ist in eine Epoche mit einer ganz anderen Struktur der Produktion, in der Epoche der staatskapitalistischen Trusts ganz undenkbar. Diese imperialistischen Interessen spielen für die finanzkapitalistischen Gruppen eine solche Rolle, und berühren die Grundlagen ihrer Existenz dermaßen, daß die Regierung vor den größten militärischen Ausgaben nicht zurückschreckt, wenn es gilt, sich eine gesicherte Stellung auf dem Weltmarkt zu verschaffen. Besonders unsinnig ist der Gedanke einer „Abrüstung“ im Rahmen des Kapitalismus für die staatskapitalistischen Trusts, die die besten Plätze auf dem Weltmarkt einnehmen. Vor ihren Augen schwebt die Möglichkeit einer Versklavung der ganzen Welt, einer unerhörten Ausbeutung – das, was die französischen Imperialisten „l’organisation de l’économie mondiale“ nennen und die Deutschen „Organisierung der Weltwirtschaft“. Und dieses „hohe“ Ideal sollte die Bourgeoisie gegen das Linsengericht der „Vorteile“ der Abrüstung eintauschen? Welche Garantie hat der betreffende staatskapitalistische Trust, daß irgendein hinterlistiger Rivale die „eingestellte“ Rüstungspolitik sogar nach formellen Verpflichtungen und „Garantien“ nicht wieder von neuem beginnt? Jeder, der mit der Geschichte des Kampfes der Kartelle sogar innerhalb eines Landes bekannt ist, weiß, wie oft bei einer Veränderung der Situation, z.B. bei einer Änderung der Wirtschaftskonjunktur, eine Reihe von Vereinbarungen platzen wie Seifenblasen. Es genügt, daß ein starker staatskapitalistischer Trust, z.B. Amerika, sich gegen die anderen wendet, auch wenn sie „vereint“ sind; dann wird die ganze „Vereinbarung“ in Stücke gehen (in diesem Falle hätten wir es mit einer ungeheuren Organisation zu tun, die nach Art eines Syndikats von niedrigerem Typus aufgebaut wäre, und deren Bestandteile die staatskapitalistischen Trusts wären. Die Vereinbarung der staatskapitalistischen Trusts könnte natürlich nicht sofort das Stadium des zentralisierten Trusts erreichen. Und ein solcher Typus der Vereinbarung, der einen angespannten inneren Kampf voraussetzt, ist dem Einfluß der „Konjunktur“ in einem sehr beträchtlichem Maße unterworfen). Wir haben den Fall vorausgesetzt, daß eine formelle „Vereinbarung“ getroffen sei. Aber sie kann ja gerade aus dem Grunde nicht zustande kommen, weil die Bourgeoisie in jedem einzelnen Lande keineswegs so naiv ist, wie viele gutherzige Pazifisten, welche die Bourgeoisie überreden und ihr „nachweisen“ wollen, daß sie ihre eigenen Vorteile nicht richtig sehe ...

Aber – wird man uns einwerfen –, Kautsky und seine Freunde glauben doch gerade, daß die Bourgeoisie, dazu gezwungen durch den Druck von unten, von den imperialistischen Methoden absehen würde. Darauf antworten wir: In diesem Falle gibt es zwei Möglichkeiten: entweder wird dieser Druck schwach sein, dann wird alles beim alten bleiben: oder aber dieser Druck wird größer sein als die „Gegenwirkung“: und dann wird keine neue Epoche des Ultraimperialismus, sondern eine neue Epoche der nicht antagonistischen gesellschaftlichen Entwicklung anbrechen.

Die gesamte Struktur der modernen Weltwirtschaft treibt also die Bourgeoisie zur imperialistischen Politik. Ebenso wie die Kolonialpolitik unvermeidlich mit Gewaltmethoden verbunden ist, ebenso führt jetzt auch jede kapitalistische Expansion früher oder später zu einem blutigen Konflikt.

Die gewaltsamen Methoden – sagt Hilferding – gehören zum Wesen der Kolonialpolitik, die ohne sie ihren kapitalistischen Sinn verlieren würde, und ebenso einen integrierenden Bestandteil derselben bilden, wie das Vorhandensein eines besitzlosen Proletariats überhaupt eine Conditio sine qua non [11] des Kapitalismus ist. Kolonialpolitik treiben, aber ihre gewaltsamen Methoden beseitigen zu können, ist eine nicht ernster zu beurteilende Einbildung. wie das Proletariat abschaffen, aber den Kapitalismus erhalten zu wollen. [12]

Dasselbe kann man auch vom Imperialismus sagen. Es ist dies ein integrierender Bestandteil des Finanzkapitalismus, ohne den dieser seinen kapitalistischen Sinn verlieren würde: die Vorstellung, daß die Trusts, diese Verkörperung des Monopols, zu Trägern der freihändlerischen Politik der friedlichen Expansion werden könnten, ist eine äußerst schädliche utopistische Phantasie.

Vielleicht aber ist die Epoche des „Ultraimperialismus“ dennoch eine reale Möglichkeit, die durch den Zentralisierungsprozeß verwirklicht werden könnte? Die staatskapitalistischen Trusts würden einander Stück um Stück auffressen, bis die Macht, die alle besiegt hat, die Herrschaft anträte. Diese Möglichkeit wäre für uns denkbar, wenn wir den gesamten gesellschaftlichen Prozeß mechanisierten und die Kräfte, die der Politik des Imperialismus feindselig sind, nicht berücksichtigten. In Wirklichkeit muß eine Reihe von Kriegen, die in immer gewaltigeren Ausmaßen folgen, unvermeidlich eine Verschiebung der sozialen Kräfte hervorrufen. Der Zentralisierungsprozeß in seiner kapitalistischen Form stößt hier unvermeidlich auf die ihm gegenüber antagonistische sozialpolitische Tendenz. Er kann seinen logischen Schlußpunkt nicht erreichen; er bricht zusammen und wird erst in einer gereinigten, neuen, nicht kapitalistischen Form vollendet. Die Theorie Kautskys ist somit keineswegs realistisch. Sie betrachtet den Imperialismus nicht als unvermeidlichen Begleiter des entwickelten Kapitalismus, sondern als eine der „dunklen“ Seiten der kapitalistischen Entwicklung. Ähnlich wie Proudhon, gegen dessen spießbürgerliche Utopien sich Marx so scharf wandte, ist Kautsky bestrebt, den „dunklen“ Imperialismus zu vernichten, dabei aber die „lichten“ Seiten der kapitalistischen Ordnung unberührt zu lassen. Seine Auffassung setzt eine Vertuschung der gewaltigen Widersprüche voraus, die die heutige Gesellschaft zerreißen, und ist insofern eine reformistische Auffassung. Die charakteristische Besonderheit des theoretisierenden Reformismus ist, daß er alle Elemente der Anpassungsfähigkeit des Kapitalismus auf das sorgfältigste herausstreicht, seine Widersprüche aber übersieht. Im Gegensatz dazu ist für den konsequenten Marxisten die gesamte kapitalistische Entwicklung nichts anderes als ein Prozeß der ständigen erweiterten Reproduktion der kapitalistischen Widersprüche. Die zukünftige Weltwirtschaft in ihrer kapitalistischen Form befreit diese Wirtschaft nicht von den ihr immanenten Elementen der Nichtanpassunsfähigkeit; sie reproduziert sie fortwährend auf erweiterter Stufenleiter. Die wirkliche Aufhebung dieser Widersprüche erfolgt erst bei einer anderen Produktionsstruktur des gesellschaftlichen Organismus, in der gesellschaftlichen, planmäßigen sozialistischen Organisation der Wirtschaft.

 

 

Anmerkungen

1. Marx bemerkt an einer Stelle sehr bissig über die sogenannte „historische Schule“. daß ihr die Geschichte wie der israelitische Jehowah Moses, nur ihr a posteriori zeige. Diese Bemerkung trifft haarscharf auf die heutigen Renegaten des Marxismus zu.

2. Siehe Heinrich Cunow: Parteizusammenbruch? Ein offenes Wort zum inneren Parteistreit, Berlin 1915.

3. K. Marx: Das Kapital, Bd.I, S.725/26 (Fußnote).

4. Wir haben gesehen, daß es für Marxisten keine absolute Unüberwindlichkeit gibt. Ist aber eine relative Unüberwindlichkeit vorhanden (wie z.B. beim Kapitalismus zu Beginn seiner Entwicklung), dann übernehmen die Marxisten keineswegs die geheiligte Mission der „Züchtung“ des Kapitalismus, sie gehen keineswegs „beim Kapitalismus in die Lehre“. Das überlassen sie den Herren Struve e tutti quanti. Die Marxisten haben dann andere Aufgaben.

5. K. Kautsky: Nationalstaat, imperialistischer Staat und Staatenbund und auch Aufsätze in der Neuen Zeit, Jahrg. 1914/15. Übrigens hat Kautsky schon früher diesen von uns im Text behandelten Standpunkt vertreten. Dem entsprach z.B. seine Stellung in der Frage der „Abrüstung“.

6. R. Hilferding: Das Finanzkapital. S.295 u. 296.

7. R. Hilferding, ebenda, S.372.

8. Um Mißverständnisse zu vermeiden, wollen wir bemerken, daß diese Behauptung keineswegs unserer anderen Behauptung widerspricht, daß die wirtschaftliche Entwicklung der fortgeschrittenen Länder die „objektiven Voraussetzungen“ für eine gesellschaftliche Organisation der Produktion geschaffen habe. In diesem Sinne befinden sich die fortgeschrittenen Länder auf ungefähr dem gleichen Niveau. Ein Widerspruch zwischen diesen Behauptungen besteht nicht, da die Maßstäbe der Unterscheidung nicht dieselben sind.

9. Die Bourgeoisie begreift das sehr gut. So schreibt z.B. der deutsche Professor Max Krahmann (siehe sein Buch Krieg und Montanindustrie in der Serie Krieg und Volkswirtschaft): „Wie schon im jetzigen kleinen [!], so wird es im späteren großen Weltkrieg, in dem Nordamerika und Ostasien mitreden werden, ausgeschlossen sein, daß eine Ackerbaustaaten-Gruppe gegen einen Industriestaaten-Verband kämpfen könnte. Der Weltfrieden wäre also gesichert, wenn sich die Industriestaaten vertragen könnten. Da das vorläufig ausgeschlossen ist, hat“ usw. (S.15).

10. Existenzberechtigung. D. Übers.

11. Conditio sine qua non = eine unerläßliche Bedingung. D.Übers.

12. R. Hilferding: Das Finanzkapital. S.401.

 


Zuletzt aktualisiert am 11.10.2003