Tony Cliff

 

Umgelenkte permanente Revolution

(1963)


Zuerst veröffentlicht in International Socialism (1. Serie), Nr. 12, Frühjahr 1963.
Deutsche Übersetzung in der Sammlung China und die Revolution in der Dritten Welt, Ffm. 1971, S.  1–22.
Diese Version leicht überarbeitet von REDS – Die Roten.
Transkription: REDS – Die Roten.
HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’ Internet Archive.


Trotzkis bedeutsamster und schöpferischster Beitrag zum Marxismus war seine Theorie der „Permanenten Revolution“. In dieser Untersuchung wird zunächst diese Theorie erneut dargestellt. Sie wird dann im Lichte der Kolonialrevolutionen, wie sie seit dem Zweiten Weltkrieg stattfanden, überprüft und weiterentwickelt werden müssen. Doch auch wenn die Ideen, die hier entwickelt werden, beträchtlich von denen Trotzkis abweichen, so gehen sie doch wesentlich auf seine Theorie zurück.

 

 

1. Drei Theorien der Revolution

Trotzki entwickelte seine Theorie auf dem Hintergrund der russischen Revolution von 1905. Praktisch alle Marxisten dieser Zeit, von Kautsky über Plechanow bis Lenin, teilten die Vorstellung, daß nur die entwickelten Industrieländer für die sozialistische Revolution reif seien. Auf einen einfachen Nenner gebracht, lief ihr Argument darauf hinaus, daß die Arbeiterklasse der verschiedenen Länder die proletarische Macht nur in strenger Übereinstimmung mit der Entwicklung der Technologie und der Produktivkräfte erobern könne. Rückständigere Länder müßten ihre Zukunft als Spiegelbild der entwickelten Länder sehen. Nur nach einem langen Prozeß der industriellen Entwicklung und durch eine Übergangsphase der bürgerlichen parlamentarischen Herrschaft hindurch werde die Arbeiterklasse den nötigen Reifegrad für die sozialistische Revolution erreichen können.

Alle russischen Sozialdemokraten – Menschewiki wie Bolschewiki – gingen davon aus, daß Rußland auf eine bürgerliche Revolution zutreibe. Dies ergibt sich aus dem Widerspruch zwischen den sich entfaltenden kapitalistischen Produktivkräften einerseits und der Autokratie (Zarismus), dem Großgrundbesitz und anderen Überbleibseln des Feudalismus andererseits. Die Menschewiki zogen den Schluß, daß die Bourgeoisie notwendigerweise die Revolution führen und die politische Macht selbst in die Hand nehmen werde. Aufgabe der Sozialdemokratie sei es, einerseits die liberale Bourgeoisie in ihrem Kampf gegen den Zarismus zu unterstützen, andererseits im Rahmen des Kapitalismus die besonderen Interessen der Arbeiter durch den Kampf für den Acht-Stundentag und andere Sozialreformen zu verteidigen. [1]

Auch Lenin und die Bolschewiki glaubten, daß die kommende Revolution einen bürgerlichen Charakter haben werde, und daß die Revolution in ihren Zielen die Schranken der bürgerlichen Revolution nicht werde überschreiten können. Lenin schrieb: „Die bürgerliche Revolution ist eine Revolution die nicht über den Rahmen der bürgerlichen, d. h. kapitalistischen, ökonomischen Struktur der Gesellschaft hinausgeht ...“ [2] Und an anderer Stelle: „.. diese demokratische Revolution in Rußland wird die Herrschaft der Bourgeoisie nicht schwächen, sondern stärken.“ [3] Dieses Thema griff Lenin wieder und wieder auf.

Erst nach der Februar-Revolution von 1917 trennte sich Lenin von dieser Auffassung. Noch im September 1914 schrieb er, z. B., daß die russische Revolution sich auf drei fundamentale Aufgaben beschränken müsse:

... die Errichtung einer demokratischen Republik (in der allen Nationalitäten gleiche Rechte und das volle Recht auf nationale Selbstbestimmung gewährt würde), Enteignung der Güter der Großbesitzer und die Einführung des Acht-Stundentags. [4]

Lenin unterschied sich jedoch von den Menschewiki grundlegend durch die Betonung der Unabhängigkeit der Arbeiterbewegung von der liberalen Bourgeoisie. Er ging davon aus, daß die bürgerliche Revolution gegen den Widerstand der Bourgeoisie durchgeführt werden müsse. An Stelle des von der Menschewiki angestrebten Bündnisses zwischen Arbeiterklasse und liberaler Bourgeoisie, forderte Lenin ein Bündnis zwischen Arbeiterklasse und Bauernschaft. Die Menschewiki rechneten für eine nachrevolutionäre Phase mit einer Regierung von bürgerlich-liberalen Ministern. Lenin strebte dagegen eine Koalition der Arbeiterpartei mit der Bauernpartei an, eine „demokratische Diktatur der Arbeiter und Bauern“, in der die Bauernpartei die Mehrheit haben würde. Die „demokratische Diktatur“ würde eine Republik errichten, die Großgrundbesitzer enteignen, und den Acht-Stundentag durchsetzen. Mit der Erfüllung ihrer Forderungen würden indes die Bauern aufhören eine revolutionäre Rolle zu spielen. Sie würden zu Verteidigern des Eigentums und des gesellschaftlichen status quo, sie würden sich mit der Bourgeoisie vereinigen. Das Industrieproletariat würde dann im Bündnis mit den proletarischen und halbproletarischen Elementen der ländlichen Bevölkerung die Rolle einer revolutionären Opposition übernehmen, und die vorübergehende Phase der „demokratischen Diktatur“ würde durch eine konservative bürgerliche Regierung im Rahmen einer bürgerlichen Republik abgelöst.

Trotzki war ebenso wie Lenin davon überzeugt, daß die liberale Bourgeoisie in Rußland keine konsequent revolutionäre Kraft mehr sei, und daß es zur Bauernrevolution – ein wesentlicher Bestandteil der bürgerlichen Revolution – nur durch ein Bündnis der Bauern mit den Arbeitern kommen könne. Aber er bestritt gegen Lenin die Möglichkeit einer unabhängigen Bauernpartei, indem er darauf hinwies, daß die Bauern untereinander zu sehr in Reich und Arm gespalten seien, um eine vereinte und unabhängige, eigene Partei bilden zu können.

Er schrieb: „Alle bisherigen Erfahrungen der Geschichte zeigen, daß die Bauern völlig unfähig sind, eine unabhängige Rolle zu spielen.“ [5] Wenn in allen bisherigen Revolutionen seit der deutschen Reformation die Bauern die eine oder die andere Fraktion der Bourgeoisie unterstützt hatten, so würden in Rußland die Stärke der Arbeiterklasse und der Konservatismus der Bourgeoisie die Bauern dazu zwingen, sich auf der Seite des revolutionären Proletariats zu stellen. Die Revolution würde sich nicht auf bürgerlich-demokratische Aufgaben beschränken lassen, sondern sofort dazu übergehen, proletarisch-sozialistische Maßnahmen durchzusetzen:

Das Proletariat wächst und erstärkt sich mit dem Wachstum des Kapitalismus. In diesem Sinne bedeutet die Entwicklung des Kapitalismus die Entwicklung des Proletariats hin zur Diktatur. Aber der Tag und die Stunde, wo die Macht in die Hände des Proletariats übergeht, hängt nicht unmittelbar von dem Stand der Produktivkräfte ab, sondern von den Bedingungen des Klassenkampfes, von der internationalen Situation, schließlich von einer Reihe von subjektiven Faktoren: Tradition, Initiative, Kampfbereitschaft ...

Das Proletariat kann in einem wirtschaftlich zurückgebliebenen Land früher an die Macht kommen als in wirtschaftlich entwickelten Ländern. So hat es im Jahre 1871 die bewußte Leitung der gesellschaftlichen Angelegenheiten im kleinbürgerlichen Paris in die Hand genommen – wenn auch nur über zwei Monate – in den robusten Zentren des Kapitalismus, in England und den Vereinigten Staaten, hat es dagegen nicht einmal für eine Stunde die Macht besessen. Der Glaube an irgendeine automatische Abhängigkeit der Diktatur des Proletariats vom Stand der Technik und Reichtümer eines Landes ist ein Vorurteil, das aus einer äußerst mechanistischen Auffassung des „ökonomischen“ Materialismus entspringt. Diese Auffassung hat mit dem Marxismus nichts gemein.

Die russische Revolution schafft unserer Ansicht nach solche Verhältnisse, unter denen die Macht an das Proletariat übergehen kann (und wenn es eine siegreiche Revolution sein soll, an das Proletariat wird übergehen müssen) selbst noch ehe die Politik des bürgerlichen Liberalismus die Chance ergreift, seine Staatsauffassung zur vollen Entfaltung zu bringen. [6]

Ein weiteres bedeutsames Element der Theorie Trotzkis war der internationale Charakter der kommenden russischen Revolution. Sie würde zwar im nationalen Rahmen beginnen, könne jedoch nur durch den Sieg der Revolution in den entwickelten Ländern vollendet werden:

Wie weit kann sich jedoch die sozialistische Politik der Arbeiterklasse unter den ökonomischen Verhältnissen Rußlands entfalten? Nur eines können wir mit Sicherheit sagen: sie wird auf politische Hindernisse treffen, lang bevor sie durch die Grenzen der technischen Zurückgebliebenheit des Landes aufgehalten wird. Ohne direkte staatliche Unterstützung durch das europäische Proletariat kann die russische Arbeiterklasse nicht an der Macht bleiben und ihre vorübergehende Herrschaft nicht in eine sozialistische Diktatur verwandeln. [7]

Die grundlegenden Elemente der Trotzki’schen Theorien lassen sich in sechs Punkten zusammenfassen:

  1. Eine Bourgeoisie, die erst spät in die weltgeschichtliche Arena eintritt, unterscheidet sich politisch grundlegend von ihren Vorläufern in früheren Jahrhunderten. Sie ist unfähig eine vollständige demokratische und revolutionäre Lösung für die Probleme zu geben, wie sie durch feudalistische und imperialistische Unterdrückung sich stellen. Sie ist unfähig zur völligen Ausrottung des Feudalismus. Sie ist weder fähig die nationale Unabhängigkeit, noch die politische Demokratie zu verwirklichen. Die Bourgeoisie hat aufgehört revolutionär zu sein in den entwickelten wie in den rückständigen Ländern. Sie ist zu einer absolut konservativen Kraft geworden.
     
  2. Die entscheidende revolutionäre Rolle fällt dem Proletariat zu, selbst wenn es noch jung und zahlenmäßig schwach sein mag.
     
  3. Unfähig zur unabhängigen politischen Aktion wird die Bauernschaft den Städten, d. h., nach dem unter Punkt 1 und 2 gesagten, der Führung des industriellen Proletariats, folgen.
     
  4. Eine konsequente Lösung der Agrarfrage und der nationalen Frage, ein Aufbrechen jener sozialen Strukturen des Imperialismus, die einen raschen wirtschaftlichen Fortschritt verhindern, erfordern es über die Grenzen des bürgerlichen Privateigentums hinauszugehen. „Die demokratische wächst unmittelbar in die sozialistische Revolution hinein und wird zur permanenten Revolution.“ [8]br/>  
  5. Der Abschluß der sozialistischen Revolution „ist im nationalen Rahmen undenkbar ... Folglich wird die sozialistische Revolution in einem neuen, breiteren Sinn des Wortes zur permanenten Revolution; sie findet ihren Abschluß nicht vor dem endgültigen Sieg der neuen Gesellschaft auf unserem ganzen Planet.“ [9] Der Versuch, „den Sozialismus in einem Lande“ aufzubauen, ist ein engstirniger und reaktionärer Traum.
     
  6. Daraus ergibt sich, daß Revolutionen in zurückgebliebenen Ländern zu Erschütterungen in allen entwickelten Ländern führen müssen.

Die russische Revolution von 1917 gab allen Annahmen Trotzkis Recht. Die Bourgeoisie war konterrevolutionär; das Industrieproletariat war die revolutionäre Klasse par excellence; die Bauern folgten die Arbeiterklasse; die antifeudale, demokratische Revolution wuchs unmittelbar hinein in die sozialistische; die russische Revolution führte zu Erschütterungen in anderen Ländern (in Deutschland, Österreich, Ungarn usw.), und schließlich führte die Isolation der sozialistischen Revolution in Rußland zu ihrer Degeneration und ihrem Sturz.

Eine andere klassische Bestätigung der Trotzki’schen Theorie war die chinesische Revolution von 1925–27. Unglückerweise bestätigten sich, mehr noch als im Beispiel der russischen Revolution, vor allem die von Trotzki angegebenen Bedingungen für das Scheitern einer Revolution. Obwohl die Thesen 1–4 sich bestätigten, sorgte der Verrat durch den Stalinisten dafür, daß die Revolution des Proletariats nicht mit einem Sieg, sondern in der Niederlage endete. Das führte dazu, daß auch die Bauern besiegt wurden und weder die sozialistische noch die demokratische Revolution Erfolg hatte. Die Thesen 5 und 6 konnten daher überhaupt nicht mehr einer empirischen Überprüfung unterzogen werden. Seitdem scheinen jedoch zwei Ereignisse von weltgeschichtlicher Bedeutung, nämlich Maos Aufstieg zur Macht in China und Castros Revolution in Kuba, praktisch alle Annahmen der Theorie Trotzkis in Frage zu stellen.

 

 

2. Maos Aufstieg zur Macht

Das industrielle Proletariat spielte beim Sieg Maos nicht die geringste Rolle. Sogar die soziale Zusammensetzung der chinesischen Kommunistischen Partei (KPCh) war alles andere als proletarisch. Ende des Jahres 1926 waren mindestens 66 Prozent der Mitgliedschaft Arbeiter, weitere 22 Prozent waren Intellektuelle, und nur 5 Prozent waren Bauern. [10] Bis zum November 1928 war der Anteil der Arbeiter jedoch um mehr als vier Fünftel gefallen, und ein offizieller Bericht gab zu, daß die Partei „nicht eine einzige gesunde Parteizelle in der Industriearbeiterschaft besaß.“ [11] Die Partei gab ferner zu, daß die Mitgliedschaft 1928 nur zu 10 Prozent aus Arbeitern bestand, 1929 nur noch zu 3 Prozent, im März 1930 noch zu 1,6 Prozent, und daß gegen Ende des Jahres so gut wie keine Arbeiter mehr in der Partei organisiert waren. [12] Von da an, bis zum endgültigen Sieg Maos, hatte die Partei so gut wie keine Arbeiter in ihren Reihen.

Der Einfluß der Partei war auf einige Aufstandsbewegungen der Bauern tief in den Provinzen Zentralchinas beschränkt, wo sie eine chinesische Sowjetrepublik errichtete; später nach einer militärischen Niederlage in den Zentralprovinzen (1934) bewegte sie sich in den Norden von Shensi (Nordwesten Chinas). Ein Organ der Komintern übertrieb nicht, als es schrieb, daß diese „Grenzregionen sozial und ökonomisch zu den zurückgebliebenensten Gegenden Chinas zählen“. [13] Chu Teh wiederholte: „Die Regionen unter der Führung der Kommunisten sind die wirtschaftlich rückständigsten des ganzen Landes.“ [14] Bis wenige Jahre vor der Gründung der Volksrepublik China geriet auch nicht eine einzige größere Stadt unter Kontrolle der Kommunisten.

Daß in der Strategie der Kommunistischen Partei die Arbeiter eine so unbedeutende Rolle spielten, zeigt die Tatsache, daß sie es über 19 Jahre (nach dem Gewerkschaftskongreß von 1929) nicht für notwendig erachtete, einen nationalen Kongreß der Gewerkschaften einzuberufen. Noch unternahm sie irgendwelche andere Anstrengungen, Unterstützung in der Arbeiterklasse zu finden. So erklärte die Partei während der entscheidenden Jahre von 1937–45, daß sie nicht beabsichtige, irgendwelche Parteiorganisationen in den von der Kuomintang kontrollierten Regionen aufzubauen oder zu erhalten. [15] Als die Kuomintang-Regierung im Dezember 1937 für die Dauer des (chinesisch-japanischen) Krieges die Todesstrafe für streikende Arbeiter und für den Streik agitierende Arbeiter verhängte, erklärte ein Sprecher der Kommunistischen Partei in einem Interview, die Partei sei mit der Art und Weise, wie der Krieg von der Regierung geführt werde, „völlig zufrieden“. [16] Selbst nach Ausbruch des Bürgerkrieges zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei, existierten kaum irgendwelche Organisationen der Kommunistischen Partei in den von der Kuomintang kontrollierten Gebieten, wozu alle Industriezentren des Landes gehörten

Maos Eroberung der Städte gibt besser als alles andere Aufschluß über die vollständige Trennung der Kommunistischen Partei von der Arbeiterklasse. Die Führer der Kommunistischen Partei taten alles, was in ihrer Macht lag, um Aufstände in den Städten am Vorabend ihrer Eroberung durch die Rote Armee zu verhindern. Kurz vor der Eroberung der Städte Tientsin und Peking gab, z. B., General Lin Piao, als Kommandeur der Truppen, eine Erklärung heraus, in der das Volk aufgerufen wurde:

... Ordnung zu bewahren und der jeweiligen Beschäftigung weiter nachzugehen. Kuomintang-Beamte, das Polizeipersonal der Provinzebene, der Städte, Dörfer und aller übrigen Verwaltungsebenen und das Personal der Distriktebenen, der Städte, der Dörfer und der pao chia-Organisationen werden aufgefordert, auf ihrem Posten zu bleiben ... [17]

Zur Zeit der Überquerung des Yangtze-Flusses, kurz bevor die Großstädte der Zentral- und Südregionen Chinas (Shanghai, Hankow, Canton) von der Roten Armee erobert wurden, gaben Mao und Chu Teh erneut eine Sondererklärung heraus, in der es unter anderem hieß:

Wir hoffen, daß die Arbeiter und die Angestellten aller Industriezweige weiterarbeiten, und daß das Geschäftsleben seinen gewöhnlichen Gang nimmt ... Beamte der zentralen Kuomintang-Regierung, der städtischen, Provinz- und Distriktebene, sowie verschiedener anderer Behörden, sowie Delegierte der „Nationalversammlung“, Mitglieder der Gesetzgebenden- und Kontroll-Yuans, sowie Mitglieder der politischen Volksausschüsse, das Polizeipersonal und die Vorsitzenden von pao chia-Organisationen ... sollen auf ihrem Posten bleiben und den Befehlen der Volksbefreiungsarmee der Volksregierung Folge leisten. [18]

Die Arbeiterklasse gehorchte und blieb tatenlos. Ein Bericht aus Nanking vom 22. April 1949, zwei Tage bevor die Stadt von der Volksbefreiungsarmee besetzt wurde, umreißt die Situation folgendermaßen:

Die Bevölkerung von Nanking zeigt keine besonderen Anzeichen der Aufregung. Neugierige Mengen versammelten sich heute morgen an der Flußmauer, um das Schieß-Duell auf der anderen Seite des Flusses zu beobachten. Das Geschäftsleben läuft wie gewöhnlich. Einige Geschäfte sind geschlossen, aber das ist auf mangelnde Nachfrage zurückzuführen ... die Kinos haben immer noch volles Haus. [19]

Einen Monat später berichtete ein Korrespondent der New York Times aus Shanghai:

Durch Plakate in Chinesisch forderte die Rote Armee die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren, und versicherte ihr, sie habe nichts zu befürchten. [20]

In Canton:

Nach ihrem Einmarsch nahmen die Kommunisten Kontakt mit der Polizei-Station auf und wiesen die Offiziere und einfache Polizisten an, auf ihrem Posten zu bleiben, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. [21]

 

 

3. Castros Revolution

Bei der Machtübernahme Fidel Castros in Kuba spielte weder das Proletariat noch die Bauernschaft eine ernsthafte Rolle: Intellektuelle bürgerlicher Herkunft füllten die ganze Arena des Kampfes. In seinem Buch, Listen Yankee, das ein mehr oder minder authentischer Monolog der kubanischen Revolutionsführer ist, erklärt C. Wright Mills zunächst einmal, was die Revolution alles nicht war:

... die Revolution selbst war kein Kampf ... zwischen Lohnarbeiter und Kapitalisten ... Unsere Revolution ist keine Revolution, die von Arbeitergewerkschaften oder Lohnabhängigen in den Städten, Arbeiterparteien oder irgend etwas ähnlichem getragen wurde [22] ... die Lohnarbeiter in der Stadt waren in keiner Weise bewußt oder revolutionär; ihre Gewerkschaften waren wie Eure Gewerkschaften in Nordamerika bloß auf höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen aus. Das war ihre einzige Sorge. Einige Gewerkschaften waren noch sogar korrupter als manche von Euren Gewerkschaften. [23]

Paul Baran, ein unkritischer Bewunderer von Castro, schrieb nach Diskussionen mit Führern der kubanischen Revolution folgende Zeilen über die unbedeutende Rolle des industriellen Proletariats in der Revolution:

Es will scheinen, als ob der beschäftigte Teil der Industriearbeiterschaft während der Revolutionszeit durchweg passiv geblieben wäre. Als „aristokratische“ Schicht des Proletariats nahmen diese Arbeiter an den – ausländischen wie einheimischen – Geschäften des Monopolkapitalismus teil, waren für lateinamerikanische Verhältnisse gut bezahlt und erfreuten sich eines beträchtlich höheren Lebensstandards als die Massen des kubanischen Volkes. Die ziemlich starke Gewerkschaftsbewegung wurde von einem „Verbandsdenken“ amerikanischen Stils beherrscht und waren gezeichnet von Erpressertum und Gangstertum. [24]

Die Indifferenz des industriellen Proletariats war dafür verantwortlich, daß Castros Ruf nach einem Generalstreik am 9. April 1958 zu einem völligen Fehlschlag wurde. Dies etwa 16 Monate nach Beginn des Aufstandes und 8 Monate vor dem Sturz des kubanischen Diktators, Batista. Die Arbeiter waren apathisch und die Kommunisten sabotierten den Streik. (Sie sprangen erst später auf Castros Zug.) [25]

Die Rolle der Bauernschaft für Castros Weg zur Macht wurde etwas positiver dargestellt. C. Wright Mills hat berichtet, daß während des Aufstandes:

... die Bauern eine große Rolle spielten. Zusammen mit den jungen Intellektuellen bildeten sie die Rebellen-Armee, die den Aufstand gewann. Die Intellektuellen und die Campesinos entschieden den Kampf ... die rebellischen Soldaten bestanden aus Bauern und waren von jungen Intellektuellen geführt ... [26]

Was waren das für Bauern die Campesinos? „... tatsächlich handelte es sich um eine Art lohnabhängiger Landarbeiter, die den größten Teil des Jahres hindurch arbeitslos waren.“ [27] Ähnlich berichtet Baran: „Die Klasse, die die Revolution trug, waren die Campesinos.“ [28] Und dabei handelt es sich um lohnabhängige Landarbeiter und nicht um Kleinbesitzer. „Da es auf dem flachen Lande eine Klasse kleinbäuerlicher Grundbesitzer nicht gab, könnten die ländlichen Gebiete Kubas auch nie zur ‚Brutstätte bürgerlicher Ideologien‘ werden!“ [29]

Diese Beschreibung der Revolution wird jedoch durch zwei Tatsachen widerlegt: die Bauernschaft war in Castros Armee nur sehr gering beteiligt. Noch im April 1958 betrug die ganze Zahl der unter Castro bewaffneten Männer ungefähr 180 und zum Zeitpunkt von Batistas Sturz betrug ihre Zahl nur 803, in Worten: Achthundert und drei. [30] Die Kader der Truppen Castros waren Intellektuelle; Bauern, die am Kampf teilnahmen, waren keineswegs lohnabhängige Landarbeiter mit kollektivistischem Bewußtsein, wie Mills und Baran sie beschrieben. So das Zeugnis Che Guevaras über die Bauern, die sich Castro in der Sierra Maestra anschlossen:

Die Soldaten, die unsere erste Guerilla-Armee aus der Landbevölkerung bildeten, kamen aus der sozialen Klasse, die ihre Liebe zum Landbesitz am aggressivsten zeigt, die jenes Bewußtsein, das man als kleinbürgerlich bezeichnet, am reinsten demonstriert. [31]

Castros Bewegung war mittelständisch. Die 82 Männer unter Castros Führung, die im Dezember 1956 von Mexiko kommend in Kuba landeten, und die 12, die überlebten und den Kampf in der Sierra Maestra fortsetzten, kamen sämtlich aus der Mittelschicht. „Die schwersten Verluste erlitt die großenteils mittelständische, städtische Widerstandsbewegung, deren Einfluß Batistas Kampftruppen psychologisch und politisch immer mehr zusetzte.“ [32]

Es ist bezeichnend, daß Che Guevara die Schwäche und Machtlosigkeit der industriellen Arbeiterklasse zum zentralen Kennzeichen aller zukünftigen sozialistischen Revolutionen erhebt:

Die Campesinos werden mit einer Armee vom Lande die Städte erobern. Sie werden für ihre eigene Ziele kämpfen, vor allem für eine gerechte Verteilung des Landes ... Diese Armee, die sich auf dem Lande bildet, wo die subjektiven Bedingungen für die Machtergreifung heranreifen, wird die Städte von außerhalb erobern ... [33]

Industrieller Fortschritt wird als Hindernis für die sozialistische Revolution angesehen:

Es ist schwieriger Guerilla-Gruppen in Ländern aufzubauen, denen es zu einer Ballung der Bevölkerung in großen Zentren gekommen ist, in denen es eine entwickeltere Leicht- und Mittelindustrie gibt – wenn auch noch nicht eine effektive Industrialisierung. Der ideologische Einfluß der Städte behindert den Guerilla-Kampf ... [34] Selbst in Ländern, wo das Übergewicht der Städte groß ist, kann sich der politische Kern des Kampfes auf dem Lande entwickeln. [35]

Che gibt zugleich ein Lippenbekenntnis zur Rolle des industriellen Proletariats, wenn er davon redet, daß die Bauern-Guerillas sich auf den ideologischen Boden des „proletarischen Marxismus“ stellen müssen: denn er vergißt, daß das Kernstück des Marxismus der Gedanke ist, daß die sozialistische Revolution die Selbstbefreiung der Arbeiterklasse ist, durch die das Proletariat zum Subjekt und nicht zum Objekt der Geschichte wird.

Von Anfang an ging Castros Programm nicht über breite liberale Reformen hinaus, die auch vom Mittelstand akzeptiert werden konnten. In einem Artikel der Zeitschrift Coronet vom Februar 1958 erklärte Castro, er habe keinerlei Pläne, ausländische Investitionen zu enteignen oder zu verstaatlichen:

Ich persönlich bin zu der Auffassung gelangt, daß die Verstaatlichung – im günstigsten Fall – ein schwerfälliges Instrument ist. Es scheint den Staat nicht zu stärken, während es das private Unternehmertum schwächt. Und – was noch wichtiger ist – alle Versuche einer totalen Verstaatlichung würden ganz offensichtlich dem wichtigsten Punkt unseres ökonomischen Programms – der Industrialisierung im schnellmöglichstem Tempo – widersprechen. Aus diesem Grunde wird ausländisches Kapital bei uns immer gern gesehen und in Sicherheit sein.

Im Mai 1958 versicherte er seinem Biographen Dubois:

Niemals hat die Bewegung des 26. Juli Pläne über eine Sozialisierung oder Verstaatlichung der Industrie diskutiert. Die ist einfach eine unbegründete Angst vor unserer Revolution. Wir haben vom ersten Tag an versichert, daß wir für eine vollständige Verwirklichung der Verfassung von 1940 kämpfen, die Garantien, Rechte und Verpflichtungen für alle Gruppen vorsieht, die an der Produktion teilhaben. Darin eingeschlossen sind die Rechte des freien Unternehmertums und des Investitionskapitals, ebenso wie eine Reihe anderer ökonomischer, bürgerlicher und politischer Rechte. [36]

Noch am 2. Mai 1959 erklärte Castro vor dem Wirtschaftsrat der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Buenos Aires: „Wir sind keine Gegner des Privateigentums. Wir sind von der Nützlichkeit, den Erfahrungen und dem Enthusiasmus des privaten Unternehmertums überzeugt ... Internationale Konzerne können auf die gleichen Garantien und Rechte wie die einheimischen Firmen zählen.“ [37]

Die Ohnmacht der rivalisierenden Klassen, der Arbeiter und Kapitalisten, der Bauern und Großgrundbesitzer, sowie die traditionelle Schwäche des Mittelstandes und die Allmacht der neuen Elite Castros, die sich gerade nicht an bestimmte und organisierte Interessen gebunden sah, erklärte schließlich, warum Castro sein gemäßigtes Programm zur Förderung des privaten Eigentums aus den Jahren 1953–58 mit Leichtigkeit beiseite schieben und durch ein radikales Programm der Verstaatlichung und Planung ersetzen konnte. Erst am 16. April 1961 erklärte Castro, seine Revolution sei eine sozialistische gewesen. Durch die Worte des Präsidenten der Republik, Dr. Osvaldo Dorticos Torrado, „entdeckte und bestätigte“ das kubanische Volk „eines schönen Tages, daß die Umwälzung, der es Beifall gespendet hatte und die in seinem Interesse gewesen war, eine sozialistische Revolution war.“ [38] Ein Musterbeispiel bonapartistischer Manipulation, die das Volk zum Objekt, nicht zum bewußten Subjekt der Geschichte macht!!

 

 

4. Wo die Theorie nicht mehr stimmt

Während Trotzkis erste These vom konservativen und feigen Charakter einer erst spät entwickelnden Bourgeoisie gilt, ist eine neu entstandene Arbeiterklasse weder unbedingt noch zwangsläufig revolutionär – entgegen Trotzkis zweiter These. Es ist nicht schwer, die Gründe hierfür zu finden. Die vorherrschende Ideologie einer Gesellschaft, in der das Proletariat nur einen Teil ausmacht, ist die Ideologie der herrschende Klasse; oft ist gerade die noch enge Verbundenheit der Mehrheit der neu entstandenen Arbeiterschaft, die sich noch nicht gut in den Städten etabliert und noch dauerhaften Strukturen hat, mit dem flachen Land ein großes Hindernis für die Herausbildung eigener unabhängiger proletarischer Klassenorganisation. Mangel an Kampferfahrung und Analphabetentum kommen noch hinzu. Daraus entspringt ein neues Problem, eine neue Schwäche: Abhängigkeit von einer nichtproletarischen Führung. Die Gewerkschaften in den unterentwickelten Ländern werden fast immer von „Außenstehenden“ geführt. So heißt es in einem Bericht über die indischen Gewerkschaften:

Nahezu alle Gewerkschaften in Indien werden von Personen geführt, die selbst nicht aus den Betrieben kommen, also von „Außenstehenden“ ... viele dieser klassenfremden Funktionäre haben Funktionen in mehreren Gewerkschaften. Ein prominenter Gewerkschaftsführer bemerkte einmal, daß er der Präsident von 30 verschiedenen Gewerkschaften gewesen sei. Und er fügte hinzu, daß er natürlich keiner dieser Gewerkschaften in ihrer Arbeit habe beistehen können. [39]

Die eigene Schwäche und Abhängigkeit von klassenfremden Vertretern führen zum Personenkult:

Viele Gewerkschaften haben immer noch die Gewohnheit, sich um Persönlichkeiten zu organisieren. Eine starke Führerperson beherrscht dann die Gewerkschaft. Er bestimmt die ganze Politik und kontrolliert sämtliche Aktionen. Sie wird als „seine“ Organisation bekannt. Die Arbeiter blicken zu ihm auf und erwarten von ihm, daß er alle ihre Schwierigkeiten löst und alle ihre Forderungen für sie erfüllt. Sie verlassen sich auf ihn als ihren Beschützer und Helfer und sind bereit, ihm zu folgen, wo immer er sie hinführen mag. In dieser Haltung spiegelt sich ein starker Hang zur Heldenverehrung. Und es gibt eine ganze Reihe solcher „Helden“ in der Gewerkschaftsbewegung. Sie mögen den Arbeitern tatsächlich dabei helfen, einen Teil ihrer Forderungen zu erfüllen. Aber sie helfen ihnen kaum dabei, demokratische Formen zur Selbstorganisation zu entwickeln. Gerade solche Organisationen können sich nur entwickeln, wenn die Arbeiter es lernen, auf eigenen Füssen zu stehen und wenn sie sich nicht auf berühmte Persönlichkeiten verlassen, um alle Probleme zu lösen. [40]

Eine andere Schwäche der Arbeiterbewegung in vielen unterentwickelten ist ihre Abhängigkeit vom Staat. Aus Indien wurde dazu berichtet:

Der Staat hat bereits eine Reihe von Funktionen übernommen, die in einer freien Gesellschaft normalerweise von den Geserkschaften ausgeführt werden. Sowie die Dinge heute stehen, spielt der Staat und nicht irgendwelche Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Hauptrolle bei der Bestimmung der Löhne und anderer Arbeitsbedingungen. Das ist angesichts der Rückständigkeit der Wirtschaft und der Schwäche der Arbei ter und ihrer Gewerkschaften in gewisser Weise unvermeidbar. [41]

Und aus Französisch-Westafrika:

... direkte gewerkschaftliche Kämpfe gegen die Arbeitgeber haben den afrikanischen Arbeitern kaum jemals nennenswerte Lohnerhöhungen ein gebracht; die wirklichen Lohnerhöhungen der letzten Jahre sind viel mehr auf die soziale Gesetzgebung des Staates und den politischen Einfluß der Arbeiterbewegung zurückzuführen gewesen. [42]

Und aus Lateinamerika:

Die Gewerkschaftsführer versuchen ihre Forderungen über staatliche Eingriffe und Verordnungen von oben durchzusetzen. [43]

Der Preis, den die Gewerkschaften für diese Abhängigkeit vom Staat bezahlen müssen, ist die Unterordnung unter die Politik der Regierung und der Verzicht auf politische Forderungen und Kämpfe, die sie in Gegensatz zu den politisch Herschenden bringen könnten, ist die Beschränkung der gewerkschaftlichen Aktivitäten auf enge „ökonomistische“ Forderungen, oder – um Lenins Ausdruck zu gebrauchen – auf eine „trade-unionistische“ Politik.

Diese beschränkte Politik führt wiederum zu einer Entfremdung der Gewerkschaften vom Kampf der Werktätigen auf dem Land. Der Unterschied im Lebensstandard zwischen Stadt und Land ist in den unterentwickelten Ländern allgemein sehr groß, viel größer als in den industrialisierten Ländern. Unter diesen Umständen und vor allem in Anbetracht der Massenarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung auf dem Lande, hängt die Durchsetzung und Verteidigung höherer Löhne und besserer Arbeitsbedingungen in der Industrie weitgehend davon ab, ob es den Gewerkschaften gelingt, eine „closed-shop“-Politik zu betreiben, d. h. ob es ihr gelingt, die Einstellung von Arbeitern in einem Betrieb oder einem Industriezweig durch die Gewerkschaft zu kontrollieren. Dies kann wiederum nicht ohne staatliche Unterstützung erreicht werden, durch das enge Bündnis von Gewerkschaften und Regierung – ein Bündnis, das auf Kosten der Massen der Landbevölkerung geschlossen wird. Dies gilt für die Verhältnisse in Argentinien unter Peron, in Brasilien unter Vargas, in Kuba unter Batista. Das Resultat war jeweils das gleiche: eine konservative, engstirnige und von falschen Idealen verwirrte Arbeiterbewegung.

Denn nicht zuletzt entscheidet ein subjektiver Faktor darüber, ob sich die Arbeiterklasse eines unterentwickelten Landes wirklich revolutionär entwickelt oder nicht; zu diesem subjektiven Faktor gehört die Tätigkeit der Parteien, besonders der kommunistischen Parteien, unter deren Einfluß die Arbeiter stehen. Die konterrevolutionäre Rolle des Stalinismus hat man so oft beschrieben, um daß es notwendig wäre, sie hier zu wiederholen.

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die bisherigen Erfahrungen sowohl auf große revolutionäre Energien im Industrieproletariat der erwachenden Nationen, als auch auf deren fatale Schwäche verweisen. Es besteht kein mechanischer Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Rückständigkeit und revolutionärer politischer Kampfbereitschaft.

Der ständig revolutionäre Charakter der Arbeiterklasse ist der Grundpfeiler in Trotzkis Theorie. Mit ihm steht und fällt das ganze Gebäude. Seine dritte These und die folgenden können nicht Wirklichkeit werden, wenn die Bauernschaft keine Möglichkeit hat, der Führung eines revolutionären Proletariats zu folgen. Aber das heißt nicht, daß damit nichts passiert. Die Verflechtung der nationalen mit den internationalen Verhältnissen zwingt die Produktivkräfte dazu, die Fesseln des Feudalismus und des Imperialismus aufzubrechen. Die Welle der Bauernrevolutionen entwickelt einen tieferen und breiteren Sog als je zuvor. Diese Wellen sind verbunden mit nationaler Rebellion gegen die wirtschaftliche Pleite, die der Imperialismus ständig neu verursacht, während er gleichzeitig demonstriert, daß ein höherer Lebensstandard möglich ist.

Aber die Erfordernisse der Produktivkräfte hätten selbst in Verbindung mit einer aufständischen Bauernschaft nicht ausgereicht, das Joch der Großgrundbesitzer und des Imperialismus zu brechen. Drei weitere Faktoren haben dabei mitgewirkt:

  1. Die Schwächung des Weltimperialismus als Folge der zunehmenden Widersprüche unter den Großmächten und der Lähmung, die die Atombombe auf ihre gegenseitige Intervention verursacht.
     
  2. Die zunehmende Bedeutung des Staates in unterentwickelten Ländern. Bei der Lösung historisch unaufschiebbarer Aufgaben bedient sich die Geschichte oft einer besonderen List, indem sie an der Stelle jener Klasse, der traditionell diese Aufgabe zufiel, die aber für deren Lösung zu schwach oder überhaupt nicht vorhanden ist, eine andere gesellschaftliche Kraft setzt; oft wird diese Lücke durch staatliche Macht gefüllt. Die wichtige Rolle, die die staatliche Macht unter solchen Bedingungen spielt, spiegelt nicht nur, oder sogar nicht hauptsächlich die schwache ökonomische Basis wider, auf die sie sich gründet, sondern auch den übernationalen Charakter der Weltwirtschaft heute.
     
  3. Die wachsende Bedeutung der Intelligenz als Führer und einigende Kraft der Nation, und mehr noch, als Manipulateure der Massen. Diese letzte These bedarf einer genaueren Erklärung.

 

 

5. Die Intelligenz

Die Bedeutung der Intelligenz in einer revolutionären Bewegung ist das direkte Spiegelbild der allgemeinen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rückständigkeit der Massen, aus deren Mitte sie selbst hervorgegangen ist. Es war für die Bewegung der russischen Volkstümler (Narodniki) bezeichnend, daß sie einerseits gerade auf die Revolutionierung der rückständigsten Teile der Gesellschaft, der Bauernschaft, größeren Wert als alle anderen politischen Strömungen legten, gleichzeitig aber die Bedeutung der Intelligenz, der Meister des „kritischen Denkens“ hervorkehrten.

Zwar bestanden lange Zeit alle Strömungen der revolutionären Bewegung in Rußland aus Intellektuellen – auf der einen Seite die volkstümlerischen Intellektuellen, die sich zum Anwalt der Bauern machten, auf der anderen Seite die Marxisten, die als Intellektuelle für die Interessen der Arbeiter zu sprechen beanspruchten; einen grundlegenden Unterschied gab es jedoch darin, wie sie das Verhältnis zwischen „Führern“ und „Massen“ sahen. Die Arbeiterbewegung war zumindest auf dem Höhepunkt der Kämpfe organisiert. Die Intellektuellen waren daher nach der Überzeugung der Marxisten dem Kollektiv der Arbeiter verantwortlich und konnten von diesem Kollektiv auch zur Rechenschaft gezogen werden – ungeachtet der ihnen eigentümlichen Neigung, sich von den Massen zu trennen und sich über sie zu erheben. Das volkstümlerische intellektuelle Milieu legte sich dagegen kaum derartige Beschränkungen auf, zeigte daher auch viel deutlicher die diesem Milieu eigenen Tendenzen zum elitären Denken, zur Willkür, zu Schwankungen und zur Zersplitterung. Lenin schrieb damals: „Niemand wird leugnen, daß es gerade ihr Individualismus und Unfähigkeit zur Disziplin und Organisation ist, was die Intelligenz als besondere Schicht unserer modernen kapitalistischen Gesellschaft auszeichnet.“ [44]

Die revolutionäre Intelligenz hat sich in den heute erwachenden Nationen als eine wesentlich geschlossenere Kraft erwiesen als im zaristischen Rußland. Aus klar erkennbaren Gründen ist das bürgerliche Privateigentum bankrott, der Imperialismus ist unerträglich; ein Staatskapitalismus gibt ihr – durch das russische Beispiel, durch die organisierte und disziplinierte Tätigkeit der kommunistischen Parteien, sowie angesichts der Krise des Imperialismus, sowie der allgemein zunehmenden Bedeutung staatlicher Planung – ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl. Als einzige nicht spezialisierte Schicht der Gesellschaft ist die Intelligenz der naheliegende Ursprung einer „professionellen revolutionären Elite“, die scheint, die Interessen der „Nation“ gegenüber widerstreitenden Gruppen und Klasseninteressen zu vertreten. Außerdem ist sie die am engsten mit der nationalen Kultur vertraut ist, da weder die Bauern noch die Arbeiter die nötige Muße und Bildung hierfür besitzen.

Die Intelligenz hat auch ein empfindliches Bewußtsein von der technischen Rückständigkeit ihres Landes. Sie kennt nicht nur die technische und wissenschaftliche Welt des 20. Jahrhunderts, sondern nimmt selbst aktiv an ihr teil und muß daher die Rückständigkeit der Nation umso krasser erleben. Dieses Empfinden wird noch verstärkt durch die „Intellektuellen-Arbeitslosigkeit“, wie sie in vielen dieser Länder zu beobachten ist. Auf dem Hintergrund der allgemeinen wirtschaftlichen Rückständigkeit bleibt den meisten Studenten als einzige Hoffnung eine Stelle im Staatsdienst – aber davon gibt es nicht einmal annähernd genug, um alle Studenten zu versorgen. [45]

Auch das geistige Leben der Intelligenz befindet sich in einer Krise. In einer auseinanderbrechenden Gesellschaftsordnung, in der alle traditionellen Werte sich auflösen, fühlen sie sich verunsichert, entwurzelt, ohne klare Wertvorstellungen. Die sich auflösenden Kulturen lassen ein mächtiges Verlangen nach neuer Integration entstehen, nach einer Integration, die gleichermaßen total und dynamisch sein muß, wenn sie den entstandenen sozialen und geistigen Leerraum ausfüllen soll; sie muß religiösen Eifer mit radikalem Nationalismus verbinden.

Bevor ihr Land die politische Freiheit gewinnen kann, sehen sich die Intellektuellen einem doppelten Druck ausgesetzt – sie sind gegenüber der Masse des eigenen Volkes privilegiert, aber den europäischen Herrschern untergeordnet und ihnen gegenüber benachteiligt. Dies erklärt ihre Unschlüssigkeit und Unbeständigkeit, die ihre Rolle in der nationalen Bewegung so sehr bestimmt. Jedoch die großen Veränderungen seitdem haben ihrer Haltung neue Element hinzugefügt – ein Gefühl der Schuld, der Verpflichtung gegenüber den „unwissenden“ Massen und gleichzeitig ein Gefühl der Überlegenheit und Besonderheit gegenüber den Massen. Sie wollen Teil der Massen sein, ohne sich ihnen völlig anzugleichen. Sie sind auf der Suche nach einer energievollen Bewegung, die die Nation zu vereinigen vermag und ihr neue Horizonte eröffnen kann, die aber gleichzeitig ihnen selbst zur Macht verhilft.

Sie sind starke Verfechter des Leistungsprinzips, des Nutzeffekts, der Funktionstüchtigkeit – auch in der Frage der gesellschaftlichen Strukturen. Sie bauen auf „Reformen von Oben“ und würden liebend gern einem „dankbaren“ Volk selbst eine neue Welt überreichen, lieber als Zeuge eines Befreiungskampfes zu werden, in dem ein frei assoziertes und selbstbewußtes Volk für sich selbst seine eigene neue Welt erobert. Sie sind sehr bemüht, ihr Land aus der Stagnation zu reißen – aber um Demokratie machen sie sich kaum Sorgen. Sie verkörpern den Drang nach Industrialisierung, nach Kapitalakkumulation, nach nationaler Wiedergeburt. Ihre Macht steht im direkten Verhältnis zur Schwäche anderer Klassen und zu deren politischer Ohnmacht.

All das macht einen totalitären Staatskapitalismus für Intellektuelle in unterentwickelten Ländern als Ziel attraktiver. Und in der Tat sind sie die Bannerträger des „Kommunismus“ in diesen Nationen. „Der Kommunismus hat in Lateinamerika seine meisten Anhänger bei Studenten und im Mittelstand gefunden,“ schreibt ein Spezialist für Lateinamerika. [46] So waren in Indien auf dem Kongreß der Kommunistischen Partei in Amritsar (März-April 1958) ca. 67 Prozent aller Delegierten aus anderen Schichten als der Arbeiterklasse und der Bauernschaft (Mittelstand, Grundbesitzer-Klasse und „kleine Händler“), 72 Prozent der Delegierten hatten irgendeine Art von Hochschule besucht. [47] (1943 stellte man fest, daß 16 Prozent aller Parteimitglieder Parteiangestellte waren. [48])

 

 

6. Die umgelenkte permanente Revolution

Dort wo das revolutionäre Subjekt, das Proletariat fehlt, können jene gesellschaftlichen Bedingungen, die – Trotzkis Theorie zufolge – zu einer sozialistischen Arbeiterrevolution führen würden, zu deren Gegenteil, zum Staatskapitalismus führen.

Wenn wir einmal die unbedingt und allgemein gültigen Bestandteile der Theorie von der nur bedingt gültigen trennen (nämlich das subjektive Eingreifen des Proletariats), kann man zu einer neuen Version der Theorie kommen, die man – im Ermangelung eines besseren Ausdrucks – Theorie der staatskapitalistisch umgelenkten permanenten Revolution nennen könnte. [49]

Wie die russischen Revolutionen von 1905 und 1917 und die Revolution von 1925–27 in China klassische Illustrationen der Trotzki’schen Theorie waren, so sind Maos und Castros Aufstieg zur Macht die klassischen reinsten und deutlichsten Beispiele für die „umgelenkte permanente Revolution“. Andere Kolonialrevolutionen – in Ghana, Indien, Ägypten, Indonesien, Algerien usw. – sind Abweichungen von diesem Modell. In diesen Ländern hat der politische und militärische Rückzug des Imperialismus nicht zur Heranbildung eines reinen Staatskapitalismus unter eindeutiger Kontrolle durch eine neue stalinistische Bürokratie geführt. Die Gründe dafür liegen in der finanziellen Unterstützung der einheimischen herrschenden Klassen durch den Imperialismus und in der Lähmung der jeweiligen kommunistischen Parteien durch Moskau. Obwohl Algerien unter Ben Bella, Indien unter Nehru oder Ghana unter Nkrumah mehr oder weniger vom Modell der „umgelenkten permanenten Revolution“ abweichen, können sie nichtsdestoweniger am besten im Vergleich und in ihrer Abweichung von diesem Modell verstanden werden.

Aus der „umgelenkten permanenten Revolution“ – sei es in ihrer reinen, sei es in ihrer verwässerten Form – ergeben sich für die internationale Arbeiterbewegung einige strategisch wichtige Schlußfolgerungen. Zunächst was die Arbeiter in den erwachenden Nationen betrifft: Nachdem es ihnen nicht gelungen ist, die permanente Revolution zu verwirklichen, d. h. die demokratische Revolution in sozialistische Bahnen zu lenken, den nationalen mit dem sozialen Befreiungskampf zu verbinden, wird die Arbeiterklasse jetzt gegen ihre „eigene“ herrschende Klasse zu kämpfen haben. (Und Nehru springt keineswegs zimperlicher mit streikenden Arbeitern um als der britische Raj.) Die industrielle Arbeiterklasse wird jedoch immer reifer für die sozialistische Revolution. Unter den neuen nationalen Regimes wächst eine stärkere innere Bindung und Festigkeit, sowie ein größeres spezifisches gesellschaftliches Gewicht erhalten.

Für revolutionäre Sozialisten in den entwickelten Ländern bedeutet die Veränderung in der Strategie, daß sie in Zukunft viel weniger die nationale Eigenheit der kommenden herrschenden Klassen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas im Auge haben sollte, als deren Klassencharakter, sowie die zukünftigen gesellschaftlichen Verhältnisse und Klassenkämpfe innerhalb dieser Länder. Gleichzeitig werden sie jedoch auch weiterhin gegen jeder Form der nationalen Unterentwicklung von Kolonialvölkern kämpfen. Die Parole „Klasse gegen Klasse“ wird immer stärker die gesellschaftliche Wirklichkeit bestimmen. Das zentrale Thema von Trotzkis Theorie bleibt somit gültig wie je zuvor: das Proletariat wird seinen revolutionären Kampf fortsetzen müssen, bis es in der ganzen Welt gesiegt hat. Auf diesem Weg zu seiner Befreiung wird es kein Abkürzung geben. [50]

 

 

Anmerkungen

1. Der Sprecher der Menschewiki, Martynow, schrieb am Vorabend der Revolution von 1905:

Die kommende Revolution wird eine Revolution der Bourgeoisie sein, und das heißt, sie wird die Herrschaft der bürgerlichen Klassen oder eines Teils der bürgerlichen Klassen mehr oder minder sichern, wenn dem so ist, dann folgt daraus eindeutig: die politischen Formen, in der die kommende Revolution sich vollziehen wird, können unter keinen Umständen gegen den Willen der gesamten Bourgeoisie gerichtet sein, weil diese zugleich der Herr von Morgen sein wird. Das wiederum heißt: wenn man einen Weg einschlägt, der die Mehrheit der Bourgeoisie nur verschreckt, dann würde der revolutionäre Kampf des Proletariats unweigerlich zu dem einen Ergebnis führen: der Absolutismus würde in seiner ursprünglichen Form wieder entstehen.

Martynows unausgesprochene Schlußfolgerung ist, daß sich die Arbeiterklasse Schranken auferlegen soll, um die Bourgeoisie nicht zu „verschrecken“ aber gleichzeitig stellt Martynow fest, daß die Arbeiterklasse die Bourgeoisie ständig unter Druck setzen soll, die Führung der Revolution zu übernehmen:

Der Kampf um die Bestimmung von Weg und Ziel der bürgerlichen Revolution läßt sich kurz zusammenfassen: Aufgabe des Proletariats ist es, revolutionären Druck auf den Willen der liberalen und radikalen Bourgeoisie auszuüben. Die demokratischen „unteren“ Schichten der Gesellschaft zwingen die oberen Schichten zu der Einsicht, daß die bürgerliche Revolution ihrem logischen Anschluß zugeführt werden muß. (A. Martynow, Dve Diktatury, Genf 1905, S. 57–8)

Ähnlich schrieb die menschewistische Zeitschrift Iskra damals:

Wenn wir uns die russische Kampfszene betrachten, was sehen wir dann? Nur zwei Kräfte: die zaristische Aristokratie und die liberale Bourgeoisie, die ihrerseits organisiert ist und ein enormes spezifisches Gewicht besitzt. Die arbeitenden Massen sind zersplittert und sind zu nichts imstande; wir existieren nicht als unabhängige Kraft und deshalb ist es unsere Aufgabe, die zweite Macht, die liberale Bourgeoisie, zu unterstützen; wir müssen sie ermuntern und dürfen sie auf keinen Fall dadurch erschrecken, daß wir die unabhängigen Forderungen des Proletariats in den Vordergrund stellen. (zitiert bei G. Sinowjew, Istorija Rossijskoi Kommunistischeskoy Partij (Bolschewikow), Moskau-Leningrad 1923, S. 158)

2. vgl. Lenin, Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution, in Werke, Bd. IX, Berlin 1966.

3. ebenda, S. 9.

4. Lenin, Werke (4. Ausgabe), Bd. XXI, S. 17.

5. Trotzki, Perspektivy Russkoi Revoliutsij (Auswahl aus seinem Buch Nascha Revoliutsija), Berlin 1917, S. 46.

6. ebenda, S. 36.

7. ebenda S. 48. Trotzkis Theorie war eine Weiterentwicklung, Anwendung und Entfaltung der Marx’schen Analyse der 1848er Revolution. Bereits vor dieser Revolution war im Kommunistischen Manifest vorausgesagt worden, daß „die deutsche bürgerliche Revolution“ auf Grund der fortgeschrittneren Bedingungen und des viel weiter entwickelten Proletariats „nur das unmittelbare Vorspiel einer proletarischen Revolution sein kann.“ (Marx u. Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, in: Ausgewählte Schriften, Bd. 1, Berlin 1964, S. 56)

Nach der Niederlage von 1848 erklärte Marx, daß die Arbeiterklasse angesichts die Unfähigkeit der Bourgeoisie, die anti-feudale Revolution durchzuführen, für die Überführung der bürgerlichen in die proletarische Revolution und der nationalen in die internationale Revolution kämpfen müsse. In der Ansprache der Zentralbehörden an den Bund März 1850 schrieb Marx:

Während die demokratischen Kleinbürger die Revolution möglichst rasch und unter Durchführung höchstens die Ansprüche zum Abschlusse bringen wollen, ist es unser Interesse, und unsere Aufgabe, die Revolution permanent zu machen so lange, bis alle mehr oder weniger besitzenden Klassen von der Herrschaft verdrängt sind, die Staatsgewalt vom Proletariat erobert und die Assoziation der Proletarier nicht nur in einem Lande, sondern in allen herrschenden Ländern der ganzen Welt so weit fortgeschritten ist, daß die Konkurrenz der Proletarier in diesen Ländern aufgehört hat und daß wenigstens die entscheidenden Produktivkräfte in den Händen der Proletarier konzentriert sind.

Und Marx schloß seine Ansprache mit dem Satz: „Ihr Schlachtruf (der Schlachtruf der Arbeiter) muß sein: die Revolution in Permanenz.“ (Marx u. Engels, Werke, Bd. VII, Berlin 1969, S. 247 f.)

8. Trotzki, Die Permanente Revolution, Ffm. 1965, S. 160.

9. ebenda, S. 161.

10. R. C. North, Kuomintang and Chinese Communist Elites, Stanford 1962, S. 32.

11. H. R. Isaacs, The Tragedy of the Chinese Revolution, London 1938, S. 333.

12. ebenda, S. 394.

13. World News & Views, April 1939.

14. S. Gelder, The Chinese Communists, London 1946, S. 167.

15. vgl. Communist Manifesto, Chungking, 23. November 1938. New York Times, 24. November 1938.

16. H. R. Isaacs, a. a. O., S. 456.

17. New China News Agency, 23. Januar 1949.

18. ebenda, 3. Mai 1949

19. North China Daily News, 23. April 1949.

20. New York Times, 25. Mai 1949.

21. South China Morning Post, 17. Oktober 1949.

22. C. Wright Mills, Listen Yankee, New York 1960, S. 46.

23. ebenda, S. 47.

24. P. A. Baran, Reflexionen über die kubanische Revolution, in: Unterdrückung und Fortschritt, Ffm. 1966, S. 25 f.

25. Die kommunistische Partei Kubas, die „Sozialistische Volkspartei“, hätte eine Menge gutzumachen. Sie unterstützte Batistas Herrschaft von 1939 bis 1946. Sie beteiligte sich an Batistas erstem Kabinett mit zwei Ministern, Juan Marinello und Carlos Rafael Rodriguez. 1944 bezeichnete die kommunistische Zeitschrift Hoy Batista als das „Idol des Volkes, den großen Mann unserer nationalen Politik, den Mann, der die heiligen Ideale eines neuen Kubas verkörpert.“ Castro wurde zum kleinbürgerlichen Abenteurer erklärt. Wie oben bereits erwähnt, weigerten die Kommunisten den Streik vom April 1958 zu unterstützen. Noch am 28. Juni 1958 traten sie vorsichtig für „klare demokratische Wahlen“ ein, um Batista loszuwerden.

26. Mills, a. a. O., S. 46–8.

27. ebenda, S. 44.

28. Baran, a. a. O., S. 16.

29. ebenda, S. 18.

30. Rede Castros vom 1. Dezember 1961, El Mundo La Habana, 22. Dezember 1961.

31. Che Guevara, Cuba: exceptional case?, in: Monthly Review, New York, Juli–August 1961, S. 59.

32. T. Draper, Castro’s Cuba: a revolution betrayed?, in: Encounter, London, März 1961.

33. Guevara, a. a. O., S. 63.

34. ebenda, S. 65–6.

35. ebenda, S. 68.

36. zitiert nach Draper, ebenda.

37. Plan for the Advancement of Latin America, Havana 1959, S. 32.

38. Osvaldo Dorticos Torrado, The institutional and political changes made by the Cuban Revolution, in: Cuba, Havana, November 1961.

39. C. A. Mayers, India, in: W. Galenson, Labor and Economic Development, New York 1959, S. 41–2

40. V. B. Karnik, Indian Trade Unions: A Survey, Bombay 1960, S. 227–8.

41. ebenda, S. 236.

42. E. Berg, French West Africa, in Galenson, a. a. O., S. 227.

43. United States Senate, United States-Latin American Relations, 86. Kongreß, 2. Sitzung, Washington 1960, S. 645.

44. Lenin, Ausgewählte Werke, Bd. VII, Moskau 1946, S. 248.

45. So zeigt eine Untersuchung aus Indien, daß von den Studenten der Lucknow-Universität, die zwischen 1949 und 1953 in den geisteswissenschaftlichen, naturwissenschaftlichen, sowie in den juristischen und volkswirtschaftlichen Fakultäten ihre Abschlußprüfungen (master’s degree) bestanden hatten, im Jahr 1957 immer noch 25 Prozent arbeitslos waren. Die Untersuchung ergab darüberhinaus, daß 51,4 Prozent der Studenten aus der naturwissenschaftlichen Fakultät, 7 Prozent aus der volkswirtschaftlichen Fakultät und 85,7 Prozent aus dem Fachbereich Erziehung die Universität mit dem Ziel besucht hatten, sich für den Staatsdienst zu qualifizieren. Ungefähr 51 Prozent der Hochschulabsolventen mit abgeschlossenem Studium sagten aus, die Hochschulausbildung sei reine „Zeitverschwendung“ gewesen. (M. Weiner, Party Politics in India, Princeton NJ 1957)

46. V. Alba, The middle class revolution, in: New Politics, New York, Winter 1962, S. 71.

47. G. D. Overstreet u. M. Windmiller, Communism in India, Berkeley u. Los Angeles 1959, S. 540.

48. ebenda, S. 358.

49. Zur Theorie des Staatskapitalismus vgl. Tony Cliff, Staatskapitalismus in Rußland, Ffm. 1975. Diese Theorie besagt, daß die Ostblockländer ebenso wie China und Kuba Klassengesellschaften sind. Es wird dort weiterhin Kapital akkumuliert, jedoch nicht in der Hand einer Klasse von privaten Kapitalisten, sondern in der Hand von einer Bürokraten-Klasse, die ein Monopol über den Staatsapparat besitzt und damit die ausschließliche Verfügungsgewalt über die gesellschaftlichen Produktionsmittel. (Anm. d. Hg.)

50. Aus Raumgründen ist der vorliegende Artikel fast ausschließlich der Frage nach der Gültigkeit der „Theorie der Permanenten Revolution für unterentwickelte Länder“ gewidmet. Er beschäftigt sich nicht mit den sich daraus ergebenden Fragestellungen für die entwickelten Länder. Dieses zweite Element – daß der Sieg der Kolonialrevolutionen zur sozialistischen Revolution in den fortgeschrittenen Ländern der Metropolen führen muß – war in der ersten Fassung (von 1906) der Theorie Trotzkis nicht enthalten, wurde aber später hinzugefügt.

 


Zuletzt aktualisiert am 12. März 2019