Marxists Internet Archive

Aus Den Leitsätzen Der Kommunistischen Arbeiter-Internationale
(KAI)

1922


Veröffentlicht: 1922
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Die dritte Internationale

1.

Die 3. Internationale ist eine russische Schöpfung, eine Schöpfung der russischen kommunistischen Partei. Sie wurde geschaffen, um die russische Revolution, d. h. die teilweise proletarische, teilweise bürgerliche Revolution zu unterstützen.

2.

Durch den doppelten Charakter der russischen Revolution, da die 3. Internationale sowohl die proletarische als die bürgerliche russische Revolution unterstützen mußte, durch den zweideutigen Charakter also auch ihres Zieles, wurde auch die 3. Internationale eine zum Teil proletarische, zum Teil kapitalistische Organisation.

3.

Soweit sie aufrief zur Revolution, zur Enteignung der Kapitalisten, war sie eine proletarische Organisation zur Aufhebung des Kapitalismus, soweit sie den Parlamentarismus, die Gewerkschaften, die Partei- oder Führerdiktatur behielt, war sie eine bürgerliche Organisation, geschaffen, um den Kapitalismus instand zu halten und aufzubauen. Denn der Parlamentarismus, die Gewerkschaften und die Partei- oder Führerdiktatur führen nicht zum Kommunismus, sondern zur Erhaltung des Kapitalismus.

4.

Die 3. Internationale war also von Anfang an eine teilweise kontra-revolutionäre Organisation.

5.

Diese Organisation führte denn auch in den europäischen Ländern nicht zum Sieg, sondern zur Niederlage des Proletariats.

6.

Als nun aber seit dem Frühjahr 1921 die die Diktatur über Rußland haltende bolschewistische Partei zum Kapitalismus überging, zwang sie bald die 3. Internationale, zum Kapitalismus zurückzukehren, und die 3. Inter nationale wurde nun in der Tat, vom Sommer 1921 ab, ganz kapitalistisch und bürgerlich. Die Revolution wurde aufgegeben, nur Reformen wurden angestrebt, der Aufbau des Kapitalismus wurde ihr Ziel.

7.

Da der russische Kapitalismus aufgebaut werden soll, und da dieser Kapitalismus nicht aufgebaut werden kann ohne die Wiederherstellung und den Aufbau des europäischen Kapitalismus, wurde die 3. Internationale gezwun gen, die Revolution aufzugeben und zum Reformismus zurückzukehren, d. h. den Aufbau des Kapitalismus sich als Ziel zu setzen.

8.

Und darum, um den Kapitalismus aufzubauen, verbindet sich jetzt die 3. Internationale - gleich wie die russische, jetzt kapitalistische bolschewistische Partei sich mit den europäischen kapitalistischen Regierungen und mit dem europäischen Kapital verbindet, um den russischen Kapitalismus aufzubauen - mit der 2. und 2 1/2. Internationale zum Aufbau des europäischen Kapitals.

9.

Das Ziel der 2., 2 1/2. und 3. Internationale ist also dasselbe als dasjenige der kapitalistischen Staaten und Regierungen. Die Einheitsfront dieser 3 Internationalen ist die Einheitsfront mit dem Kapitalismus.

10.

Indem der Kapitalismus sich in einer tödlichen Krise befindet und noch gar keinen Ausweg sieht, bieten die Sowjet-Regierung und die 3. Internationale sich an, ihn zu retten.

11.

Darum ist die 3. Internationale, wie die russische bolschewistische Partei, zu einer ganz kontra-revolutionären, das Proletariat verratenden Organisation geworden. Sie ist der 2. und 2 1/2. gleichzustellen.

12.

Gleichwie das Proletariat in allen Ländern in den Händen der sozial-demokratischen, der bürgerlichen und der reaktionären Parteien ein Mittel ist, um den Kapitalismus zu erhalten, aufzubauen und über die Welt zu ver breiten, und die Regierung und die Macht diesen Parteien und ihren Führern zu überliefern, so ist zu diesem selben Ziel das Proletariat nun auch ein Mittel in den Händen der 3. Internationale. Nicht die Revolution, nicht die Befreiung des Proletariats, sondern die eigene Macht im bürgerlichen Staate und die Sklaverei des Proletariats ist ihr Ziel.

 

Die Kommunistische Arbeiter-Internationale

1.

So sehr die Lage des gesamten internationalen Proletariats inmitten des sich in seiner Todeskrisis befindlichen Weltkapitalismus die proletarische Weltrevolution als die Erfüllung seiner praktisch-politischen Tagesaufgabe erfordert, so wenig entspricht andererseits die geistige Einstellung und der organisatorische Zusammenhang der internationalen Arbeiterklasse dieser welthistorischen Forderung. Die Verkettung der überwiegenden Mehrheit des Weltproletariats in den Gedankengängen des bürgerlichen Privateigentums und den Formen der internationalen kapitalistisch-proletarischen Arbeits-gemeinschaft, welcher alle bestehenden Organisationen des Proletariats getrennt und vereint Vorschub leisten, stellt die revolutionären Proletarier aller Länder vor die geschichtlich unvermeidliche Konsequenz der Gründung einer neuen proletarischen Internationale.

2.

Diese neue proletarische Internationale, die Kommunistische Arbeiter-Internationale, vertritt den reinen proletarisch-revolutionären Klassenkampf, dessen praktische Aufgabe die Abschaffung des bürgerlich-kapitalistischen Privateigentums und dessen Umwandlung in proletarisch-sozialistisches Gemeineigentum ist. Darüber hinaus kämpft sie grundsätzlich für die Verwirklichung der kommunistischen Gesellschaft.

3.

In Anerkennung der Tatsache, daß die objektiven Voraussetzungen zum Sturze der Bourgeoisie und der Herrschaft des Proletariats gegeben sind, stellt sie in den Vordergrund ihrer ganzen Tätigkeit das Prinzip der Klas senbewußtseinsentwicklung des Proletariats, d. h. die Förderung der proletarischen Erkenntnis bezüglich der historischen Notwendigkeit der unmittelbaren Beseitigung des Kapitalismus und damit die Erweckung der prole-tarischen Willenskraft zur proletarischen Revolution.

4.

Diese Zielsetzung macht die offene (formal wie inhaltlich) antikapitalistische Einstellung und Führung ihres ganzen Kampfes zur Bedingung. Ihr höchster Richtungspunkt ist nicht das Sonderinteresse einzelner nationaler Arbeitergruppen, sondern das Gemeininteresse des gesamten Weltproleta-riats: die proletarische Weltrevolution.

5.

Als erster Schritt auf dem Wege zu ihrem Ziele erstrebt sie die Proklamation der Klassendiktatur des Proletariats in der Form der Zertrüm-merung der kapitalistischen und der Aufrichtung der proletarischen Staats gewalten (Rätestaaten). Sie lehnt alle reformistischen Kampfmethoden ab und kämpft mit den antiparlamentarischen und antigewerkschaftlichen Waffen des proletarisch-revolutionären Klassenkampfes für die Schaffung revolutionä-rer Arbeiterräte und revolutionärer Betriebsorganisationen (Arbeiter-Union).

6.

Insbesondere bekämpft sie die bestehenden internationalen Organisationen des Proletariats (die Londoner, die Wiener und die Moskauer Internationale), welche als die Helfershelfer der Bourgeoisie bei ihrem gemein samen Versuch des Wiederaufbaus des Weltkapitalismus bestrebt sind, die Einheitsfront von Bourgeoisie und Proletariat gegen die proletarische Welt-revolution herzustellen, und infolgedessen das gefährlichste Hindernis der Befreiung des Proletariats bedeuten.

 


Zuletzt aktualisiert am 15.5.2011