August Thalheimer

 

Brief an das ZK der KPD

(14. März 1928)


E. Reuter, W. Hedeler, H. Helas, K. Kinner (Hrg.): Luxemburg oder Stalin. Schaltjahr 1928 – Die KPD am Scheideweg, Karl Dietz Verlag, Berlin 2003, Dok.37.
Kopiert mit Dank von der jetzt verschwundenen Webseite der Marxistischen Bibliothek.
HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’ Internet Archive.


Moskau, den 14. 3.1928

An das ZK der KPD Berlin

Werte Genossen!

Beim Eintreffen der Delegation der KPD zum Plenum des EKKI ersuchten Genosse Brandler und ich Euch schriftlich, endlich eine Entscheidung über unsere Rückkehr nach Deutschland herbeizuführen. Genosse Braun [d.i. Arthur Ewert] teilte uns am Schlusse des Plenums im Auftrage der Delegation beim EKKI mit, daß

  1. meine Legalisierung durch ein parlamentarisches Mandat abgelehnt sei,
  2. daß die Frage meiner Rückkehr nach Deutschland endgültig der Entscheidung des deutschen ZK überlassen sei und daß diese Entscheidung davon abhängig gemacht werde, ob ich eine das ZK befriedigende Erklärung abgebe.

Ich möchte dazu folgendes sagen:

  1. Seit dem offenen Brief bestehen zwischen der Leitung der KPD und mir keine prinzipiellen Differenzen mehr. Insbesondere bestehen keine prinzipiellen Differenzen in der Frage der Arbeiterregierung und der Stellung zur SPD.
  2. Ich bin zu gemeinsamer Arbeit mit Euch auf prinzipiell gemeinsamem Boden bereit. Auch ohne Legalisierung, sei es mit Anweisung einer bestimmten Parteifunktion, sei es ohne sie. Ich anerkenne selbstverständlich für die Mitarbeit vollständig alle Bedingungen, die gemäß der Statuten der Komintern wie der KPD für jeden Parteigenossen maßgebend sind.
  3. Was das Jahr 1923 anlangt, so bin ich weit entfernt davon zu glauben, daß in der verwickelten Lage von damals von der Zentrale, deren Mitglied ich war, keine Fehler gemacht worden seien, Fehler opportunistischer wie linker Art. Ich habe ferner nicht die geringste Absicht, den Anteil, der davon auf mein persönliches Konto fällt, zu bestreiten, zu bemänteln oder auch nur um Haaresbreite zu verkleinern. Ich lasse ihn aber auch nicht willkürlich und maßlos verzerren und übertreiben. Das Gerede, daß Brandler und ich keine Fehler von 1923 anerkennen, also „unbelehrbar“ seien, entspricht also nicht den Tatsachen.
  4. Ich bin nicht der Meinung, daß in den Fragen des Jahres 1923 bereits das letzte Wort gesprochen sei und am wenigsten, daß als das letzte Wort die Behauptungen von Maslow und Ruth Fischer zu gelten haben, von denen Ihr selber bereits einen Teil als Schwindel habt zurückweisen müssen, (z.B. über die Abfindung des sächsischen Exkönigs).
  5. Ich bin jederzeit bereit, vor der Parteimitgliedschaft meine Meinung über 1923 ausführlich darzulegen und durchzudiskutieren. Den Zeitpunkt dafür zu bestimmen ist Sache der Gesamtpartei und ich werde diese ihre Entscheidung durchaus respektieren.
  6. Ende Juli vorigen Jahres hat das Polit-Büro zum ersten Mal meine Rückkehr beschlossen. Der Beschluß wurde dann nahezu einstimmig vom Plenum des ZK bestätigt. Er ist zuletzt mit sehr großer Mehrheit von der Berliner Bezirkskonferenz angenommen. Diese Tatsachen beweisen klar, daß in der Mitgliedschaft kein irgendwie nennenswerter Widerstand dagegen vorhanden ist, daß es der Wille der Partei ist.

Seit dem ersten Beschluß sind nun mehr als sieben Monate vergangen, ohne daß er durchgeführt worden ist.

Ich beantrage die endliche Durchführung Eurer wiederholten Beschlüsse, die meine Rückkehr nach Deutschland bestimmen.

 

Mit komm[unistischem] Gruß
A[ugust] Thalheimer


Zuletzt aktualisiert am 21.08.2010