Gustav Eckstein

Thomas Hodgskin als Theoretiker
der politischen Ökonomie [1]

(1916)


Quelle: Gustav Eckstein, Thomas Hodgskin als Theoretiker der politischen Ökonomie, Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, Jg. 6, 1916, S. 286–308.
Transkription: Daniel Gaido.
HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’ Internet Archive.


Immer mehr bricht sich in der Geschichte der Wissenschaften die Erkenntnis Bahn, daß die Entwicklung und Aufeinanderfolge der Systeme und Theorien weder ein Spiel des Zufalls ist, noch auch rein ideologisch durch eine Art spontaner, gleichsam parthenogenetischer Fortzeugung der Ideen aus sich selbst erklärt werden kann, sondern daß die Probleme, die das praktische Leben an die Forschung stellt, für deren Fortgang bestimmend sind. Gilt dies schon von den Naturwissenschaften [2], so umsomehr noch von der Wissenschaft von der gesellschaftlichen Befriedigung der dringendsten praktischen Lebensbedürfnisse, von der politischen Ökonomie, in der die Problemstellungen sich nicht nur viel rascher ändern, sondern auch durch den sozialen Standpunkt des Forschers stark beeinflusst werden.

Gerade die Verfolgung dieser Veränderungen der Problemstellung und des Einflusses, den der sozialpolitische Gesichtspunkt auf die Forschungsart und die Forschungsergebnisse der einzelnen wissenschaftlichen Individualität geübt hat, sowie auch wieder die Untersuchung, wie der soziale Standpunkt durch die Forschung mitbestimmt wird, machen das Studium der Geschichte der politischen Ökonomie besonders anziehend und reizvoll.

Es gibt aber wieder kaum eine Zeit, für welche das in so hohem Maße gilt, wie jene Epoche sozialer Gärung, als der industrielle Kapitalismus zuerst Englands ökonomisches Leben mächtig umgestaltete und die alten Klassen der Gesellschaft revolutionär durcheinander warf. Das war sozusagen das Heldenzeitalter der politischen Ökonomie, in deren theoretischen Auseinandersetzungen sich die sozialen Kämpfe jener Zeit getreu widerspiegeln; zuerst noch, ohne daß die Vertreter der Wissenschaft sich dieses sozialen Charakters ihrer theoretischen Systeme stets klar bewußt waren. Aber alsbald wurden die Ergebnisse ihrer Forschung von den Parteien aufgegriffen und zu Schlachtrufen im sozialen Kampfe gemacht. Am eigentümlichsten war in dieser Hinsicht das Schicksal des abstraktesten Theoretikers der klassischen Ökonomie, Ricardos. Seine Lehren wurden zum Ausgangspunkt einerseits der interessierten Verteidiger des Bestehenden, andererseits der energischesten und leidenschaftlichsten Ankläger und Bekämpfer des kapitalistischen Wirtschaftssystems.

In neuerer Zeit beginnt man sich mit dieser letzteren Richtung des ökonomischen und sozialen Denkens im England der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts eingehender zu beschäftigen, und mit vollem Recht lenkte sich da die Aufmerksamkeit vor allem auch auf einen der eigenartigsten Vertreter dieser Richtung, Thomas Hodgskin. Die gewissenhafte und liebevolle Arbeit, die wir hier zum Ausgangspunkt unserer Besprechung nehmen, ist dafür ein Zeugnis.

Über der Abfassung dieses Buches waltete ein eigener Unstern. Nach einer Bemerkung (S. 12) hatte der Verfasser das Werk im wesentlichen schon vor dem Erscheinen des 3. Bandes von Marx’ Theorien über den Mehrwert (1909) abgefaßt, also bevor die ausführliche Darlegung bekannt wurde, die Marx selbst von seinem Verhältnis zu den Theorien Hodgskins dort gibt. Nun meint Koepp allerdings, die Ergebnisse seiner Arbeit fänden „erfreulicherweise durch den 3. Band der ‚Theorien’ nachträgliche Bestätigung“: er wird sich aber wohl selbst nicht verhehlt haben, daß diese Studien von Marx selbst den Wert seiner Untersuchungen stark beeinträchtigen mußten. Allerdings hätte gerade das Erscheinen des 3. Bandes der „Theorien“ zu einer neuen und höchst interessanten Studie über das Verhältnis zwischen Hodgskin und Marx den Anlaß und die Grundlage bieten können; dann hätte aber der Verfasser den ganzen Plan seiner Arbeit umstürzen und eine ganz anders gerichtete Untersuchung beginnen müssen.

In seinem Recht auf den vollen Arbeitsertrag in geschichtlicher Darstellung (Stuttgart 1891) hatte Anton Menger die Behauptung aufgestellt: Marx habe seine Wertlehre den älteren englischen Sozialisten, vor allem William Thompson, entlehnt, ohne seine Quelle anzugeben. Obgleich nun Engels und Kautsky zeigten, daß Menger das Wesen der Marxschen Theorie vollkommen mißverstanden hat, indem er ihr eine ethisch-juristische Auslegung unterschob, die sie niemals hatte noch haben sollte, hat der Ruhm, den sich Menger mit seiner großen „Entdeckung“ geholt hatte, die internationale offizielle Wissenschaft nicht ruhen lassen, und mit allem Eifer gingen die Herren Professoren auf die Suche nach älteren Sozialisten, denen Marx seine Theorien gestohlen haben sollte. Und unter den „Vertretern des Rechts auf den vollen Arbeitsertrag“, denen Marx angeblich seine Wert-und Mehrwertlehre verdanken sollte, trat nun Thomas Hodgskin, den Menger nur ganz nebenbei erwähnt hatte, immer mehr in den Vordergrund. Im Jahre 1894 bezeichnete das Ehepaar Webb in seiner Geschichte des Britischen Trade-Unionismus Marx als „illustren Schüler Hodgskins“. Zwei Jahre später erzählte Graham Wallas: Hodgskin habe in einem Brief an Place den Plan zu einem Werk entwickelt, das „dem Marxschen Kapital merkwürdig ähnlich“ sei. Professor H. S. Foxwell hat zwar in seiner Geschichte der sozialistischen Ideen in England, die er der englischen Übersetzung von Mengers Werk voranschickte, die Entdeckung gemacht, daß Marx’ „durch theoretisches Kauderwälsch entstelltes“ Werk nur ein Plagiat an J. F. Bray ist, er findet aber auch, daß Hodgskin Marx darin weit voraus war, daß er „sorgfältig zwischen dem Kapitalisten und dem Unternehmer unterscheidet“. Elie Halevy, der Biograph Hodgskins, hat wieder entdeckt, daß Marx seine Wertlehre zwar Proudhon, seine materialistische Geschichtsauffassung aber Hodgskin entlehnte und nur „gut in Hegelsche Ausdrücke kleidete“; und Brentano behauptet in seiner Entwicklung der Wertlehre (München 1908), Marx habe die Hodgskinsche Mehrwert-Theorie „zum Eckstein seiner Lehre vom Kapital gemacht.“ [3]

Diesen verschiedenen Behauptungen gegenüber mochte eine wissenschaftliche Untersuchung der Frage lockend erscheinen: ob und wie weit sich eine Abhängigkeit Marx’ von Hodgskin tatsächlich nachweisen läßt, und das um so mehr, als Hodgskins Werke in Deutschland fast völlig unbekannt und auch sonst nur schwer zugänglich waren. Koepp wollte nun mit seinem Buche zugleich diese Untersuchung durchführen und die deutschen Leser mit einem originellen ökonomischen Denker bekannt machen, dessen Hauptwerk Marx eine „vorzügliche Schrift“ genannt hatte. Während er aber mit der Abfassung seines Buches beschäftigt war, erschien nicht nur die schon erwähnte ausführliche Besprechung Hodgskins von Marx, sondern auch eine Übersetzung seines wichtigsten Werkes, der Verteidigung der Arbeit, von Dr. Friedrich Raffel (Hauptwerke des Sozialismus, Heft 10, Leipzig 1909). Die Einleitung, die Georg Adler zu dieser Übersetzung schrieb, mochte Koepp sein Unternehmen allerdings ebensowenig überflüssig erscheinen lassen, wie der Abschnitt, den Mückle in seiner ebenfalls 1909 erschienenen Geschichte der sozialistischen Ideen im 19. Jahrhundert Hodgskin gewidmet hat. Die Übersetzung Raffels aber hätte es wohl Koepp erspart, dieselbe Arbeit nochmals zu machen und seinem Buch eine neue, im sprachlichen Ausdruck allerdings oft hesser gelungene Übersetzung derselben Schrift einzufügen.

Viel ernster aber war für die Stellung der ganzen Frage das Erscheinen des 3. Bandes der Marxschen Theorien über den Mehrwert. Dieser zeigt nämlich die besonders seit Menger so in Mode gekommene Schnüffelei nach Marxschen Plagiaten in ihrer ganzen Armseligkeit. Seit zwanzig Jahren hatten die Gelehrten auf die Quellen, aus denen Marx geschöpft hatte, Jagd gemacht, aber nicht in der Absicht, dadurch zum genetischen Verständnis dieser Lehren und der Nationalökonomie überhaupt beizutragen, sondern um Marx „Plagiate“ nachzuweisen. Und nun bietet Marx selbst in reicher Fülle, was jene bei all ihrer Gelehrsamkeit nicht hatten erstöbern können. Schritt für Schritt verfolgt Marx mit liebevollem Spürsinn, wie sich aus Ricardos Theorien die Probleme entwickelten, die sich ihm selbst bei seinen Forschungen aufdrängen sollten, wie aber auch allmählich schon die Lösungen heranreiften, wie die ganze Geschichte der klassischen Ökonomie und ihrer Auflösung geradezu zu dem Marxschen System hindrängte, es als Abschluß forderte. Und eine wichtige Station auf diesem Wege bedeutet allerdings Hodgskins geistvolle Verteidigung der Arbeit, deren Besprechung Marx 60 Seiten widmet.

Damit waren alle die Märchen von den Marxschen Plagiaten abgetan, ohne daß eine Polemik überhaupt noch notwendig gewesen wäre. Marx zeigt, was in den Ideen aller dieser Autoren an Entwicklungsfähigem vorhanden war, und wie sich diese Theorien zu seinen eigenen verhalten, wie sie die Straßen ebnen, die es ihm erst ermöglichten, sein System aufzubauen.

Aber diese Darstellung des Entwicklungsganges der ökonomischen Theorien bei Marx blieb rein ideologisch. Marx zeigt, wie sich die Probleme und ihre Lösungen, wie sich die Ideen auseinander entwickeln; er zeigt aber nicht, wodurch diese Entwicklung angeregt und bestimmt wurde, er zeigt nicht, wie das Fortschreiten der Wirtschaft, die Umwandlung des Systems der Manufaktur und des sich zur Heimarbeit umgestaltenden Handwerks zum Fabrikssystem diese Probleme dem Theoretiker aufzwingt, die inneren Widersprüche der Theorie, die vorher nur latent, verborgen waren, an die Oberfläche, ins Bewußtsein der Forscher emportreibt. In dieser Richtung konnte und sollte Marx’ Darstellung ergänzt werden, eine Aufgabe allerdings, deren Lösung gewaltige Schwierigkeiten bietet, dafür aber um so lohnender wäre.

Koepp hat diesen Weg nicht betreten, er ist dem Problem treu geblieben, das er sich gestellt, als er die Arbeit antrat, die Untersuchung durchzuführen, wie weit jene Vorwürfe des Plagiats oder doch der Anlehnung an Hodgskin berechtigt sind, die Marx von so vielen Gelehrten gemacht werden. Koepp ist damit selbst auf das Niveau dieser Herrn hinabgestiegen, seine Arbeit hat dadurch viel an Wert und Interesse verloren. In dem ihm hier nun einmal gesteckten Rahmen aber hat der Verfasser viel Eifer und Gewissenhaftigkeit an die Lösung seiner Aufgabe gesetzt.

Trotzdem ist ihm eine Reihe von Mißverständnissen Marxscher Lehren nicht erspart geblieben, und diese beziehen sich zum Teil gerade auf die Theorien, in denen sich eine Parallele der beiden Denker am ehesten ziehen ließe. Diese Aufgabe selbst stößt nämlich, wie Koepp selbst ganz richtig hervorhebt, vor allem auf die Schwierigkeit, daß Hodgskin ein geschlossenes ökonomisches System überhaupt nicht aufgestellt hat, daß man seine Ansichten vielmehr erst aus den verschiedenen Schriften zusammentragen muß, wobei es ohne Widersprüche keineswegs abgeht. In einem Punkt macht sich allerdings ein besonders durchgreifender Unterschied in der ganzen Betrachtungsweise der beiden Männer geltend, der schon allein zeigt, wie wesentlich sie in den Grundfragen der ökonomischen Theorie auseinandergehen. Gerade hier aber ist bei Koepp ein entschiedener Mangel an Verständnis zubeobachten. Er sagt (S. 36): „Wert der Arbeit und Menge der Arbeit sind Marx in allen diesen Fällen synonyme Ausdrücke“; diese Fälle sind aber nicht etwa dem Elend der Philosophie entnommen, einer Schrift, in der Marx noch ganz im Banne der Ricardoschen Werttheorie steht, sondern dem Kapital und den Theorien über den Mehrwert. Im gleichen Sinne heißt es auf derselben Seite: „Beide (Marx und Hodgskin) sagen im Prinzip übereinstimmend: Im Austausch zwischen vergegenständlichter und lebendiger Arbeit ist die Menge der Arbeit größer als der Wert der Arbeit.“ Hier wird also auch bei Marx von einem „Wert der Arbeit“ gesprochen, während gerade die Folgen, die sich aus dieser Verwechslung von Arbeit und Arbeitskraft für Hodgskin ergeben, besonders deutlich den Wert dieser Unterscheidung zeigen. Bei Koepp ist diese Unklarheit [4] umso befremdlicher, als er selbst (S. 65) sagt: „Diese für die ganze Marxsche Arbeitstheorie fundamentale Unterscheidung zwischen Arbeit und Arbeitskraft wird von Hodgskin nicht gemacht.“

Die Unklarheit in diesem Punkt hat Koepp das Verständnis von Hodgskins Wert- und Mehrwerttheorie geradezu unmöglich gemacht. S. 29 bezeichnet er als den Kern dieser Theorie: „Alle Werte und alle Preise inklusive Profit, Zins und Rente werden in letzter Linie gebildet durch den Wert der Arbeitskraft. Profit, Zins, Rente, Steuern, Zehnten und Gebühren sind Wertabschlagsprodukte (nicht Wertzuschlagsprodukte) vom Arbeitswertprodukt des Arbeiters.“ Zwei Seiten darauf aber heißt es: „Profit und Rente sind keine Wertbestimmungsfaktoren, d. h. sie bestimmen nicht den natürlichen Wert, wohl aber steigern sie ihn um ihren ganzen Betrag zum sozialen Preis, zum Tauschwert.“ Diese Hervorhebung und Betonung eines Gegensatzes zwischen dem „natürlichen“ Wert und dem „Tauschwert“ ist für Hodgskins Auffassung überhaupt charakteristisch. Schon hier macht sich die naturrechtliche Betrachtungsweise geltend, von der Hodgskin stets beherrscht war. Der „natürliche“ Wert ist ihm jener Wert, den der Arbeiter für den Ertrag seiner Arbeit kaufen kann. Der Tauschwert ist jener Wert, den die Ware auf dem Markte erzielt. In einer Gesellschaft, in der dem Arbeiter der volle Ertrag seiner Arbeitsleistung zufiele, ohne daß Kapitalist, Grundbesitzer, Steuereinnehmer usw. einen Teil dieses Arbeitsertrages für sich beanspruchen dürften, in einer solchen Gesellschaftsverfassung würden natürlicher Wert und Tauschwert zusammenfallen. In der bestehenden Gesellschaft jedoch ist der natürliche Wert stets um Profit, Grundrente, Steuer usw. geringer als der Tauschwert. Sehr klar hat Hodgskin diese Unterscheidung allerdings nirgends getroffen, da er, ähnlich wie Adam Smith und noch mehr Malthus, die beiden Maßstäbe der Bemessung des Wertes nach der Menge der zur Herstellung der Ware erforderlichen Arbeit und nach dem Lohn für diese Arbeit fortwährend durcheinanderwirft. Es ist das eben das logische Resultat des Umstandes, daß er die von Marx durchgeführte Unterscheidung von Arbeit, die als Ursache und Maßstab des Wertes fungiert, und Arbeitskraft, die selbst Wert besitzt, noch nicht gekannt hat. Am klarsten ist der Kern von Hodgskins Wertlehre vielleicht aus seinem Brief an Place vom 28. Mai 1820 zu ersehen, dessen Übersetzung Koepp mitteilt. In diesem ausführlichen Brief versucht sich Hodgskin theoretisch mit Ricardo auseinanderzusetzen, wobei sich am klarsten seine Unfähigkeit erweist, die Forschungsmethode und Darstellungsweise dieses abstrakten Denkers zu erfassen. Gerade dieser Brief zeigt mit vollster Deutlichkeit den Gegensatz der historischen Auffassungsweise Hodgskins und der theoretisch-abstrahierenden Betrachtungs- und Darstellungsweise Ricardos, ein Gegensatz, der erst von Marx in einer höheren Synthese aufgehoben wurde.

In diesem Briefe sagt nun Hodgskin [5]:

„Der natürliche Preis wird bemessen durch die Quantität Arbeit, die zur Produktion irgendeiner Ware erforderlich ist. Ihr Tauschwert oder das, was ein anderer für die produzierte Ware geben wird oder zu geben gezwungen ist, kann der auf ihre Produktion verwandten Arbeitsmenge gleich sein oder nicht. Ricardo hat m. E. geirrt, wenn er diese beiden Dinge für gleich hielt. Sie sind es nicht, oder die Arbeitslöhne würden immer dem Produkt der Arbeit gleich sein.“

Man sieht, die Auffassung Hodgskins ist der Proudhons nahe verwandt. Sein „natürlicher Wert“ entspricht dem „konstituierten Wert“ des Franzosen. Eine Abhängigkeit Proudhons von Hodgskin in dieser Beziehung ist wohl ebensowenig anzunehmen, wie eine Entlehnung seiner Tauschbankprojekte von englischen Vorbildern. Alle diese Theorien und Pläne sind eben nur der ideologische Ausdruck des Strebens des handwerksmäßigen Produzenten nach dem vollen, ungeschmälerten Ertrag seiner Arbeit, der ihm weder durch das Leih- noch durch das Handelskapital gekürzt werden soll.

Koepp hat diese beiden Arten und Bestimmungen des Wertes nicht streng auseinandergehalten. So sagt er (S. 26): Hodgskin sehe ein, „daß der Arbeiter eine Ware fast niemals für die Arbeitsquantität erhalten kann, die ihre Produktion gekostet hat, d. h. nicht zu ihrem notwendigen Preis oder Wert, sondern nur zu dem um Rente und Profite gesteigerten natürlichen Preis oder Wert, zu dem Tauschwert oder sozialen Preis.“ Hier wird also der natürliche Preis oder Wert dem Tauschwert gleichgesetzt und beide von einem „notwendigen“ Preis oder Wert unterschieden. Schon auf der nächsten Seite führt aber Koepp Stellen aus Hodgskins oben erwähntem Brief an Place an, die zeigen, daß Hodgskin den Tauschwert vom natürlichen Preis durchaus unterschied und behauptete, jener sei um den Betrag von Renten und Profiten höher als dieser. Durch diese Ungenauigkeit des Ausdrucks hat Koepp sich selbst und dadurch auch dem Leser das Verständnis der Werttheorie Hodgskins, soweit von einer solchen überhaupt gesprochen werden kann, sehr erschwert. Nur dadurch ist es auch erklärlich, daß er bei der Vergleichung der Arbeitswerttheorien von Hodgskin und Marx zu dem abschließenden Urteil gelangen konnte (S. 71): „Die beiderseitige Darstellung des Austausches von mehr Arbeit gegen weniger Arbeit bewegt sich in stark analogen Gedankengängen.“ Hätte Koepp die nahe Verwandtschaft der Werttheorie Hodgskins mit der Proudhons erkannt, dann hätte ihn ein flüchtiger Blick in Marx’ Elend der Philosophie davor bewahrt, eine so irrige Behauptung aufzustellen.

Tatsächlich liegt auch Hodgskins von Marx durchaus anerkannte Bedeutung keineswegs auf dem Gebiet der scharfen Begriffsanalyse und theoretischen Deduktion. Das große Verdienst Hodgskins lag in einer ganz andern Richtung. Das hat auch schon sein liebevoller Biograph Halevy erkannt, indem er die Kritik und Zerstörung dessen, was Marx später den „Fetischismus“ des Kapitals nennen sollte, als das wesentliche Ziel der ökonomischen Theorie Hodgskins bezeichnete. [6] Dieser selbst erklärte seine Grundauffassung sehr charakteristisch in einem Brief vom Jahre 1854 [7]: „Die ganze Wissenschaft der politischen Ökonomie betrifft den Menschen und seine industrielle Betätigung, aber nicht deren Produkte.“

Allerdings war Hodgskin nicht der erste, bei dem diese Reaktion gegen die herrschende Lehre der klassischen Ökonomie zum Durchbruch kam. In seiner Geschichte des Sozialismus in England hat Max Beer darauf aufmerksam gemacht, daß Piercy Ravenstone schon in seiner 1821 erschienenen Schrift A few doubts as to the correctness of some opinions generally entertained on the subjects of Political Economy die politische Ökonomie als gleichbedeutend ansah mit der Wissenschaft vom sozialen Leben, und daß er auch schon in dieser Schrift den Gedanken entwickelt habe, Kapital an sich existiere nicht, es sei nur aufbewahrte Arbeit. Dennoch sei es zum Fetisch geworden, zu einem metaphysischen Wesen, dem alle Errungenschaften des sozialen Lebens zugeschrieben werden, während die Arbeit, die das wirkliche Kapital schaffe, nur als ein durch die Gnade des metaphysischen Wesens am Leben erhaltener Bettler betrachtet werde. [8]

Leider ist es mir jetzt nicht möglich, die Schriften Ravenstones selbst zu prüfen. Es ist schade, daß Koepp auf die Untersuchung der Frage nicht eingegangen ist, inwiefern Hodgskin in seinen ökonomischen Auffassungen und Theorien von seinen Vorgängern, insbesondere von Ravenstone, abhängig ist. Marx hat in den Theorien über den Mehrwert nicht die von Beer zitierte Schrift Ravenstones seiner Betrachtung unterzogen, sondern ein um wenige Jahre später erschienenes Pamphlet, in dem sich offenbar keine Gedankengänge der von Beer bezeichneten Art finden, da Marx sie dann sicherlich hervorgehoben hätte. Doch auch in jener früheren Schrift Ravenstones scheinen sie keineswegs so deutlich herausgearbeitet zu sein, wie bei Hodgskin. Darauf läßt die allerdings ziemlich knappe Inhaltsangäbe schließen, die Halevy von dieser Schrift gibt. [9] Denn diese läßt von dem von Beer skizzierten Gedankengang kaum etwas merken, was umso mehr auffällt, als Halevy ähnliche Ausführungen Hodgskins nachdrücklich hervorhebt. Bei diesem tritt allerdings diese Grundauffassung von dem sozialen Charakter der politischen Ökonomie schon in seiner ersten ökonomischen Schrift, der Verteidigung der Arbeit, ganz in den Vordergrund. Denn schon in der Vorbemerkung des Autors bezeichnet er es als seine Aufgabe, zu beweisen: „daß alle Vorteile, die dem Kapital zugeschrieben werden, aus der neben dem Kapital vorhandenen Arbeitsgeschicklichkeit hervorgehen.“ Und am Schluß der Schrift faßt er ihre Ergebnisse in die beiden Sätze, daß „das umlaufende Kapital nichts weiter ist als gleichzeitig geleistete Arbeit, und das stehende Kapital nichts anderes als gelernte Arbeit.“

Es ist daher überraschend, wenn Koepp (S. 83) behauptet: die Auffassung, daß „das Kapital ... ein bestimmtes gesellschaftliches Verhältnis darstellt’“ möge sich aus der Hodgskinschen Kapitaltheorie als Abgeleitetes ergeben, werde aber von Hodgskin nirgendwo ausdrücklich fixiert. Koepp selbst aber zitiert Aussprüche Hodgskins, die besonders klar erweisen, daß dieser den Charakter des Kapitals als eines gesellschaftlichen Verhältnisses vollkommen klar erkannt hat. So wenn er z. B. in der Verteidigung der Arbeit sagt: „Das Kapital bringt seinem Eigentümer nicht deshalb Profit, weil es akkumuliert ist, sondern weil es ein Mittel darstellt, um über die Arbeit anderer zu kommandieren.“ (Zitiert bei Koepp S. 81.) Oder wenn es in einem Briefe Hodgskins noch deutlicher heißt: „Ein großes Kapital besitzen, heißt eine große Gewalt über die Arbeit anderer haben.“ (Zitiert bei Koepp S. 108.) In der Tat ist es gerade diese klare Auffassung, die Hodgskin über die Ökonomen seiner Zeit emporhebt, und die in dieser Hinsicht das Urteil Foxwells nicht, ungerechtfertigt erscheinen läßt, der von Hodgskin mit Bezug auf seine Gewerkschaftspolitik, seine ökonomische Analyse und seine weite Auffassung der sozialen Philosophie sagt [10]: „In der Tat, seine rechtgläubigen Zeitgenossen, die Anhänger und Vertreter der herrschenden ökonomischen Richtung, hätten viel von ihm lernen können“; und es ist mindestens mit Bezug auf die Grundauffassung von dem sozialen Charakter der ökonomischen Verhältnisse fraglich, ob Foxwell darin Recht behält, wenn er von jenen Vorzügen Hodgskins sagt, daß sie „tatsächlich 50 Jahre später in die englische Volkswirtschaftslehre Aufnahme fanden.“

Von seiner ökonomischen Analyse im allgemeinen kann man allerdings wohl nicht behaupten, daß sie vorbildlich und seinen Zeitgenossen überlegen gewesen sei. Das hat sich schon bei der Besprechung seiner Werttheorie gezeigt. Noch deutlicher treten diese Mängel bei seiner Profit- und Rententheorie hervor. Eine Mehrwerttheorie im Marxschen Sinne hat Hodgskin, wie Koepp (S. 95) richtig bemerkt, überhaupt nicht aufgestellt. Er wirft, wie ja allerdings seine Zeitgenossen allgemein, das umlaufende Kapital mit dem Lohnkapital »usammen und kann daher auch nicht zu einer scharfen Unterscheidung zwischen Profit und Mehrwert oder überhaupt zu einer präzisen Erfassung dieses letzteren Begriffes gelangen.

Man muß deshalb die Behauptung Koepps (S. 120): „die Marxsche Profittheorie stimme im wesentlichen mit der Hodgskinschen überein,“ von vornherein mit einem gewissen Mißtrauen aufnehmen. Was Koepp (S. 115) tatsächlich als den Theorien der beiden Forscher über die Herkunft das Mehrwerts gemeinsam nachweist, ist nicht mehr, als daß dieser ein Produkt unbezahlter Arbeit sei, eine Anschauung, die Hodgskin keineswegs eigentümlich ist, die vielmehr unter den geistigen Vertretern der Arbeiterklasse ziemlich allgemein verbreitet war. Für Hodgskin gilt in dieser Hinsicht ebenfalls, was Marx von dem Verfasser des Pamphlets The Source and Remedy etc, gesagt hat: „Der Verfasser steht auf Ricardoschem Boden und spricht nur eine Konsequenz konsequent aus, die in diesem System selbst enthalten ist, und macht sie im Interesse der Arbeiterklasse gegen das Kapital geltend. Im übrigen ist der Verfasser in den ökonomischen Kategorien befangen, wie er sie vorfindet. Ganz, wie bei Ricardo das Verwechseln von Mehrwert und Profit zu unangenehmen Widersprüchen führt, so bei ihm, daß er den Mehrwert Kapitalzins tauft.“ [11]

Allerdings macht Koepp (S. 120) den Versuch, auch noch weitere Übereinstimmungen zwischen den Profittheorien bei Hodgskin und Marx nachzuweisen. Aber dieses Bestreben hat Koepp zu ziemlich gewagten Parallelen verführt. So hebt er hervor, bei beiden gehe der Profit in den Preis der Waren ein. Diese Behauptung ist, wörtlich genommen, richtig, sie verdeckt aber den sehr großen Unterschied in der Bedeutung, den dieser Ausdruck bei beiden Theoretikern besitzt. Bei Hodgskin rührt der Kapitalzins daher, daß der Arbeiter nicht imstande ist, den Ertrag seiner Arbeit mit seinem Lohne zurückzukaufen, daß er vielmehr gezwungen ist, dem kapitalistischen Warenbesitzer mehr zu geben als er selbst für die Herstellung der Ware erhalten hat. Der Profit oder vielmehr Kapitalzins bildet also einen Aufschlag auf den natürlichen Preis oder Wert der Waren, so daß diese nicht zu diesem natürlichen Wert ausgetauscht werden, sondern zu ihrem sozialen oder Tauschwert. Diese Auffassung und auch die Unsicherheit [12], mit der Hodgskin sie entwickelt, rührt offenbar daher, daß für ihn der selbständige Kleinmeister, der vom Kapitalisten ausgebeutet wird, den Normaltyp der Wirtschaft repräsentierte. So erklärt sich nicht nur die Verwechslung von Profit und Zins, sondern vor allem die grundlegende Anschauungsweise, daß es das „Natürliche“ wäre, wenn die Produzenten, d. h, die Arbeiter, wozu er auch die selbst materiell oder geistig mitarbeitenden Meister rechnet, ihre Produkte unter einander ohne die Intervention von Kapitalisten austauschten. In diesem Falle würden die Waren zu ihren natürlichen Preisen verkauft resp. getauscht werden, zur Bildung eines Kapitalzinses wäre gar keine Gelegenheit. Wir sehen hier auf ökonomischem Gebiet die gleiche kleinbürgerliche Auffassung wie bei Proudhon, die bei beiden Theoretikern auch zu ganz ähnlichen naturrechtlich-anarchistischen Konsequenzen geführt hat.

Bei Marx hingegen hat der Satz, daß der Profit in den Preis der Waren eingeht, eine durchaus andere Bedeutung. Er erhält seinen Sinn erst, wenn man berücksichtigt, daß bei Marx Wert und Preis prinzipiell auseinander fallen, daß die Preise dadurch entstehen, daß durch einen gesellschaftlichen Prozeß die innerhalb der ganzen Volkswirtschaft erzeugten Mehrwerte nach Abzug der Grundrente auf die Kapitalien im Verhältnis zu ihrer Größe verteilt werden. Der Preis der Ware entsteht nun, abweichend von ihrem Wert, in der Weise, daß zu ihren Produktionskosten ein Aufschlag zugerechnet wird, der im Verhältnis steht zur Größe des Kapitals, das notwendig war zur Erzeugung dieser Waren, Von einer solchen Preistheorie ist bei Hodgskin nirgends die Rede. Für ihn fallen Wert und Preis normalerweise zusammen, während er andererseits die Kategorie des Mehrwerts nicht kennt und zwischen Profit und Zins nicht unterscheidet.

Noch schlimmer steht es um eine andere Analogie, die Koepp gefunden haben will. Er behauptet, den Anschauungen Hodgskins und Marx’ sei gemeinsam, daß der Arbeiter „als Inhaber seiner eigenen Arbeitsinstrumente“ ein Recht auf Profit habe. Für jeden Kenner der Marxschen Schriften muß es überraschend sein, daß Marx von dem Recht des Lohnarbeiters auf Profit auf Grund des Besitzes eigener Arbeitsinstrumente gesprochen haben sollte. Koepp beruft sich zum Beweis auf eine Stelle im 3. Band des Kapital, und er tut das sogar wiederholt, um jene Behauptung zu belegen. In der Tat ist aber in dem von Koepp zitierten Passus (Kapital, III/2, 165) überhaupt nicht von Lohnarbeitern die Rede, sondern von irischen Kleinpächtern, und gleich darauf betont Marx ausdrücklich, daß es sich hier nicht um einen Normalfall des kapitalistischen Systems handle, daß daher solche Beispiele der Untersuchung der Ökonomie dieses Systems nicht zugrunde gelegt werden dürfen. Es ist also gar keine Rede davon, daß Marx für den Arbeiter „als Inhaber seiner eigenen Arbeitsinstrumente“ ein Recht auf Profit aufstellt. Bei Hodgskin liegt die Sache allerdings so. Hier kommt eben gerade sein kleinbürgerlicher Standpunkt klar zum Ausdruck. Hodgskin spricht ja auch von dem „Recht des Arbeiters für das Ausleihen seines Eigentums Zins zu empfangen oder aus seiner Verwendung einen Profit zu ziehen“.

Gerade in jener Schrift, der dieses Zitat entnommen ist, The natural and artificial right contrasted aus dem Jahre 1832, tritt die soziale Auffassung Hodgskins, die auch für seine ökonomischen Anschauungen bestimmend war, besonders charakteristisch zutage. Es heißt hier z. B.: „Von nun an sehen wir in der Gesellschaft ganz Europas ... eine große Mittelklasse heranwachsen, die das Joch der Knechtschaft und des Elends abgeschüttelt hat, das die Gesetzgeber . . . dauernd aufzurichten gedachten. Die Angehörigen dieser Klasse sind sowohl Arbeiter wie Kapitalisten. Ihre Zahl steigt zusehends, sodaß wir hoffen können, daß in dem Maße, als die wunderbaren Erfindungen der Technik die ungelernte Arbeit abschaffen, diese Klasse alle Rückstände an Sklaverei und Bedrückung allmählich auslöschen und die ganze Gesellschaft auf freie und gleiche Menschen reduzieren wird“. – Und noch deutlicher spricht sich Hodgskin an einer späteren Stelle derselben Schrift aus, wo er als eine Folge des mechanischen Fortschritts erwartet eine ‚.großartige Vervielfältigung der Mittelklassen, d. h. derjenigen, die durch oder in Verbindung mit Maschinen ein wenig arbeiten, die zugleich Arbeiter und Kapitalisten sind, die nicht unter dem Brandmal leiden, das auf gewöhnlicher und lang andauernder Arbeit ruht (weil diese früher von Sklaven verrichtet wurde) ... und die, ohne der Notwendigkeit zu arbeiten enthoben zu sein, weit über der großen Mehrzahl der Sklaven-Arbeiter und ihrer Abkömmlinge stehen. Auf jene Klasse von Menschen, die durch einen Umschwung nichts zu verlieren haben und nichts zu gewinnen von der Fortsetzung der Erpressungen seitens der Steuer- und Zehntenkollektoren, baue ich meine besten Hoffnungen. [13] Jene Klasse ... wird allwählich die Klasse der Sklaven-Arbeiter und die Schar der müßigen und trägen Tölpel, die nur von der Bodenrente oder vom Geldzins leben, abschaffen“. [14]

Derselbe Standpunkt macht sich aber auch schon in der Verteidigung der Arbeit geltend, wenn der Verfasser sagt: „Der Kampf scheint sich jetzt zwischen Meistern und Arbeitern abzuspielen oder zwischen einer Art von Arbeit und einer andern. Bald wird er jedoch seinen wahren Charakter offenbaren und als ein Krieg des redlichen Fleißes gegen die ruchlose Müßigkeit anerkannt werden“.

Hier tritt die Aehnlichkeit der Denk- und Ausdrucksweise mit der der französischen Zeitgenossen Hodgskins, der Saint-Simonisten, sehr klar hervor. So findet wir z. B. in den Abhandlungen, die Enfantin in den Jahren 1830 und 1831 unter der Title Économie politique et politique [15] veröffentlichte, eine ganz ähnliche Gegenüberstellung der „Müßigen, die von Mieten, Pachtgeldern und Zinsen leben“, und der „Arbeiter“, die nicht nur am Steigen der Löhne interessiert sind, sondern auch am Sinken des Zinsfußes, der Mieten und der Pachtgelder. [16] Denn der „Arbeiter“ zahlt an den „Müßigen“ Miete für die Arbeitswerkzeuge [17], ihm soll durch Banken geholfen werden, die „Repräsentativkammern der Arbeiter sein sollen mit der Aufgabe, ununterbrochen den Arbeitern zum niedrigsten Preise die notwendigen Mittel zu beschaffen.“ [18].

Trotz dieser weitgehenden Übereinstimmung gibt es doch einen charakteristischen Unterschied in der Abgrenzung zwischen den „Arbeitern“ und den „Müßigen“ bei den Saint Simonisten und bei Hodgskin, charakteristisch weniger für die wissenschaftlichen Individualitäten als für das Milieu, in dem sie lebten und das ihre theoretischen Auffassungen anregte. Saint-Simon selbst hatte zu den Industriellen diejenigen gerechnet: 1. die direkt gesellschaftlich nützliche Arbeiten verrichten; 2. die diese Arbeit dirigieren, oder deren Kapitalien in industriellen Unternehmungen angelegt sind; 3. die durch solche Arbeiten zur Produktion beitragen, die den Produzenten nützlich sind (wie Gelehrte, Künstler usw.). [19] Saint-Simon rechnet hier also zu den produktiven Klassen der Gesellschaft nicht nur die Lohnarbeiter, Meister und Unternehmer, sondern auch diejenigen Geldkapitalisten, die ihr Kapital der Produktion zur Verfügung stellen. Demselben Gedankengang entspricht es, wenn z. B. Enfantin sagt [20]: „Der Reichtum ist immer entweder ein Werkzeug zur Arbeit oder ein Nährmittel des Müßiggangs; kommt der Reichtum in arbeitsame Hände, so ist die Maßnahme, die ihn dahin gebracht hat, gut; sie ist schlecht, wenn sie dieses Arbeitsmittel in müßige Hände hinüberleitet“. Der Bankier, der die müßigen Gelder sammelt und der Industrie zuführt, ist daher in den Augen der Saint Simonisten ein Wohltäter der Menschheit, ein Herold des neuen Reichs. Bekanntlich haben sich die Brüder Pereire bei der Gründung des Credit Mobilier gerade auf diese saint-simonistische Argumentation berufen, um ihr finanzielles Unternehmen mit einem ideologischen Mäntelchen zu behängen.

In dieser scharfen Unterscheidung zwischen den „müßigen“ Geldbesitzern, die ihr Geld nur wuchern lassen, ohne etwas zur Produktion beizutragen, und den „industriellen“ Bankiers, die sich durch Zuleitung des Geldstroms in die Produktion nützlich machen, spiegeln sich die Verhältnisse eines Landes, in dem die großindustrielle Produktion noch eine sehr geringe Rolle spielt, wo der Bauer, der kleine Meister oder Unternehmer dem privaten Wucherer ausgeliefert ist, wenn er keinen Bankkredit findet, und wo der Geldmarkt von der skrupellosen Oligarchie der Pariser Haute Banque, an ihrer Spitze das Haus Rothschild, beherrscht wird, die ihren Gewinn weniger im Diskontgeschäft sucht, als in Finanzgeschäften mit den Regierungen, in öffentlichen Anlehen, in Arbitragegeschäften und im internationalen Edelmetallhandel.

In England lagen die Verhältnisse ganz anders. Hier tritt der industrielle Kapitalismus selbstbewußt auf. Der Unternehmer ist in der Regel zugleich Kapitalist. Der Geldbesitzer tritt ihm nicht als eine ökonomische Notwendigkeit gegenüber, sondern als Parasit. Der Zins, den er verlangt, erscheint als unnötige schwere Belastung der Produktion, die dadurch verteuert wird. Ist hingegen das Kapital in den Händen der Produzenten, so wird dadurch die Produktion verbilligt.

Dieser eigenartige Gedanke wird von Hodgskin in einem Brief an Place vom 12. Oktober 1818 entwickelt [21]:

„... Das Kapital als Produktionsmittel kann nur in den Werkzeugen und Gegenständen erster Notwendigkeit bestehen, die der Arbeiter während der Produktion benützt und verbraucht. Eine Anhäufung dieser Gegenstände in den Händen des Arbeiters erniedrigt deren Preis und, während ihrer Konsumtion, gleicherweise den Preis dessen, was produziert wird. Eine Akkumulation von Geld jedoch, das diese Gegenstände repräsentiert, oder von diesen Gegenständen selbst in andern Händen als denen des Arbeiters, verteuert alles“.

Hodgskin gehörte zum Kreise der in London 1823 gegründeten „Mechanics Institution“, des geistigen Mittelpunktes der Handwerkerbewegung. Er selbst hielt dort Vorträge über Nationalökonomie, die dann in Buchform erschienen. Er war ein Freund der Place, Lovett, Hetherington usw. tn London aber hatte in den 20er und 30er Jahren die fabriksmäßige Produktionsform noch lange nicht so festen Fuß gefaßt, wie im Norden des Landes, hier herrschte noch die Manufaktur vor, der Arbeiter fühlte sich als Handwerker und oft sozial dem Meister oder kleinen Unternehmer näher stehend [22]) als dem Fabriksproletarier des Nordens, ein Gegensatz, der in den Kämpfen innerhalb der chartistischen Bewegung besonders scharf zum Ausdruck gelangte. Auch Hodgskin kann seine Abneigung gegen die „Arbeitssklaven“ kaum verbergen. Er setzt seine Hoffnungen, wie gezeigt, auf die Mittelklasse, von der er hofft, daß sie mit dem Aufkommen neuer Erwerbszweige und neuer Maschinen zugleich die Arbeitssklaven und die müßigen Parasiten verdrängen wird, auf jene Klasse, deren Angehörige zugleich Arbeiter und Kapitalisten sind.

Seine Gedanken berührten sich hier mit denen O’Briens, wenn dieser z. B. sagt: „Man sollte nicht erlauben, daß Geld Geld hervorbringt, wie Kohl Kohl oder Unkraut Unkraut. Wenn ein Mann auf rechtlichem Wege hundert oder tausend Pfund Güterwert mehr verdient hat, als er verbraucht oder ausgegeben hat, so hat er ein heiliges Recht auf seinen ausschließlichen Gebrauch, wenn er es so wünscht, aber er hat kein Recht, jenen Reichtum in der Weise zu verwenden, daß er ihn als eine Art Saugpumpe oder Daumschraube benutzt, um anderer Leute Ertrag in seinen Besitz zu bringen. Und darin liegt das große Übel der Gesellschaft, nicht im Privateigentum, sondern in der ungerechten und schrecklichen Macht, mit der die bestehenden Gesetze aller Länder es ausstatten. [23]

Hodgskin wie O’Brien haben, wenn sie von Kapital als Mittel der Ausbeutung sprechen, in erster Linie das Geldkapital und das Handelskapital im Auge. Wenn sie aber von den Leiden des ausgebeuteten Arbeiters sprechen, meinen sie den Lohnarbeiter. Die Unternehmer gehören für beide zeitweilig zu den Arbeitern, die vom Kapital ausgebeutet werden, zeitweilig zu den Kapitalisten, die selbst ausbeuten. Der Profit wird, soweit er in der Gestalt des Unternehmergewinnes auftritt, von Hodgskin als Entlohnung des Meisters oder Unternehmers für seine geistige Arbeit betrachtet und soweit gebilligt [24], das Kapital zugleich als Instrument der Ausbeutung verurteilt. Auf diese Weise entsteht eine Reihe scheinbarer Widersprüche, die von Koepp zum Teil aufgezeigt werden, für deren Verständnis und Auflösung er den Schlüssel aber nicht gefunden hat. [25]

Hodgskin wurde zu solchen Unklarheiten zum Teil dadurch verführt, daß er in die ökonomischen Untersuchungen ein starkes ethisches Empfinden hineintrug. Die Frage der Herkunft eines Einkommens verquickte sich bei ihm wie bei den Vulgarökonomen der nachricardoschen Schule mit der Frage nach ihrer Berechtigung. So rechtfertigt er z. B. den Handelsprofit mit der sozialen Nützlichkeit von Personen, die die Verteilung der Güter besorgen [26], und den industriellen Profit mit der Nützlichkeit der Arbeit der Leitung und Beaufsichtigung des Produktionsprozesses [27], wobei er zugleich allerdings bemerkt, diese Arbeiten würden deshalb, weil der, der sie leistet, zugleich Kapitalist oder Agent der Kapitalisten sei, im Verhältnis zur Entlohnung für manuelle Arbeit zu hoch bezahlt. Aber auch noch in einem Brief aus dem Jahre 1846 [28] erklärt er es als die brennendste und wichtigste Frage, wie die Ungerechtigkeit in der Bezahlung der Leistungen eines Landarbeiters, eines Erzbischofs oder eines Unternehmers zu beheben sei. Für ihn bleibt eben der Unternehmergewinn oder eigentlich der industrielle Profit, den er von diesem nicht unterscheidet, ein allerdings zu hoch bemessener Lohn für die qualifizierte Arbeit der Überwachung und Leitung des Arbeitsprozesses. Er übersieht dabei, daß der Profit dem Kapitalaufwand und nicht der Arbeitsleistung des Unternehmers proportional ist, und daß die ethische Frage der „Berechtigung“ eines Einkommenszweiges von der ökonomischen Frage seiner Herkunft sorgfältig zu trennen ist. [29]

An Klarheit und Schärfe der Begriffsbildung standen in der Tat Hodgskin und die übrigen theoretischen Vertreter der Rechte der Arbeiter jener Zeit hinter Ricardo weit zurück, wenn sie ihm auch, und hier besonders Hodgskin, in der Erkenntnis des sozialen und historischen Charakters der ökonomischen Verhältnisse und daher auch der ökonomischen Kategorien entschieden überlegen waren. Dieser Mangel macht sich selbst dort geltend, wo sie Ricardo gegenüber materiell im Recht waren. Bezeichnend dafür ist die Behandlung des Problems des tendenziellen Sinkens der Profitrate. Ricardo erklärte dieses Phänomen, das den Ökonomen jener Zeit viel zu denken gab, aus der wachsenden Schwierigkeit der Lebensmittelversorgung und dem dadurch herbeigeführten Steigen der Geldlöhne, wodurch der Anteil des Kapitals am erzeugten Gesamtwert fortwährend verringert wird. In der Verteidigung der Arbeit bezeichnet Hodgskin diese Theorie als falsch und stellt ihr eine neue, eigene Theorie gegenüber, wonach das Sinken der Profitrate daher rühre, „daß keine Arbeit, keine Produktivkraft, kein Erfindertalent und keine Kunstfertigkeit den überwältigenden Anforderungen des Zinseszinses gerecht werden kann“; (Koepp, S. 220). Er knüpfte dabei an die kuriose Rechnung des Dr. Price an, wonach ein Penny, der bei der Geburt Christi zu 5 Prozent auf Zinseszins angelegt worden wäre, bis zum Jahre 1791 zu einem geradezu märchenhaften Betrag angewachsen sein würde. Der Zinseszins würde daher alle Reichtümer der Welt verschlingen, wenn er nicht in den Grenzen der Produktivität der Arbeit auch seine Schränke fände. In seiner sehr eingehenden und besonders liebevollen Besprechung der Hodgskinschen Schrift hat Marx nachgewiesen, daß diese ganze Argumentation hinfällig wird, sobald man annimmt, daß das Wachstum der Arbeiterbevölkerung Schritt hält mit der Akkumulation des Kapitals [30], zugleich hat er aber auch gezeigt, welcher rationelle Kern in Hodgskins Theorie steckt [31], ein Kern allerdings, über dessen Vorhandensein Hodgskin selbst wahrscheinlich ziemlich erstaunt gewesen wäre. Das ist ja das Eigenartige an Marx’ Studien über die Geschichte der ökonomischen Theorie, daß er mit einem Spürsinn, der den seiner Plagiatschnüffler weit in den Schatten stellt, bei seinen Vorgängern die zartesten Keime entdeckt hat, aus denen sich Gedanken und Theorien entwickeln konnten, die den seinigen verwandt waren. Erst durch die Beleuchtung, in die Marx diese Keime rückt, weiden sie als Ansätze zu Gedanken kenntlich, die ihren Autoren meist noch durchaus nicht zum Bewußtsein gekommen waren. Mit Recht schließt deshalb Koepp seine sorgfältige Zusammenstellung der Punkte, in denen sich die Anschauungen von Hodgskin und Marx über die wichtigsten Fragen der Wert- und Mehrwerttheorie gleichen oder von einander abweichen, mit folgenden Worten (S. 144): „Es fehlt eben bei Hodgskin, im Gegensatz zu Marx, überall an einer planmäßigen, klar disponierten Darstellung und an einem systematischen Aufbau seiner Örtlich und zeitlich zerstreuten Thesen“.

Leider ist Koepp auf Hodgskins Kritik der Ricardoschen Rententheorie und auf deren Verhältnis zur Stellung Marx’ zu diesem Problem nur flüchtig eingegangen. Und doch ist gerade diese Seite der Hodgskinschen Theorie nicht nur an sich interessant, sie ist zugleich auch sehr bezeichnend für die geistige Eigenart und die Problemstellung dieses Denkers.

Noch bei Adam Smith durchbricht das Phänomen der Grundrente das Arbeits Wertgesetz. In Reminiszenz an die Physiokraten bezeichnet Smith die Grundrente als besonderes Entgelt für die natürlichen Produktivkräfte des Bodens. Für Ricardo, der die Arbeitswerttheorie überhaupt viel konsequenter durchführte als sein Vorgänger, mußte es sich darum handeln, die Geltung dieser Theorie auch für das Gebiet der landwirtschaftlichen Produktion nachzuweisen. Zugleich entstand aber auch das Bedürfnis, eine theoretische Erklärung für das fortgesetzte und rasche Steigen der Getreidepreise zu finden. Ricardo geht dabei von der Voraussetzung der absoluten Herrschaft der Gesetze der freien Konkurrenz aus, eine Voraussetzung, die selbst für das England seiner Zeit nicht voll zutraf, die aber für die theoretische Entwicklung der Gesetze dieser Wirtschaft notwendig war. So kam Ricardo zu seiner Theorie der Differentialrente, die sowohl die Erscheinungen der Grundrente der Arbeitswerttheorie einordnete, als auch das Steigen der Getreidepreise erklärte. Er beging aber dabei den methodologischen Fehler, die Ergebnisse seiner auf der Konstruktion eines in der Wirklichkeit nicht voll gegebenen Wirtschaftszustands beruhenden Theorien als unmittelbar für die Wirklichkeit geltend hinzustellen. Dieser Fehler hing mit der ganzen unhistorischen Denkweise der klassischen Nationalökonomie zusammen, die in den Gesetzen der kapitalistischen Wirtschaft absolute, für jede vernünftige Wirtschaft geltende Gesetze erblickte, zu denen die Geschichte zwar unvollkommene Vorstufen aufwies, die aber einer weiteren Entwicklung Über sich hinaus nicht mehr fähig waren. Dadurch verliehen diese Ökonomen ihren Untersuchungen den Charakter der Aufstellung von Normen des Richtigen. Sie prätendierten, nicht nur zu erklären, was ist, sondern zugleich festzustellen, was sein soll. Sie wurden, manchmal wohl ohne es selbst zu wollen, zu Anwälten des Bestehenden.

Dagegen wandten sich die ideologischen Vertreter des Arbeiterinteresses mit großer Leidenschaftlichkeit, wobei einigen von ihnen ihr besseres historisches und soziales Verständnis zustatten kam. Sie begriffen das Kapitel als geschichtliche Erscheinung, die ebenso wie sie nicht von jeher da war, auch nicht für alle Zukunft Bestand haben würde. Ravenstone und besonders Hodgskin gingen aber noch Weiter und zeigten den sozialen Charakter der ökonomischen Kategorien auf. Aber in ihrer Polemik gegen die offizielle Wissenschaft erkannten sie doch nicht deren methodologische Fehler. Sie stellten sich nicht auf den Standpunkt, es sei die Aufgabe der ökonomischen Wissenschaft, die Erscheinungen des wirtschaftlichen Lebens zu beschreiben, zu erklären und die Tendenzen des historischen Verlaufs aufzudecken, nicht aber das Vorgehen und die Einkommensquellen der verschiedenen Akteure des Wirtschaftslebens zu rechtfertigen oder zu verurteilen, was nur Sache der Ethik sein kann. Sie akzeptierten vielmehr die Auffassung ihrer Gegner, drehten aber den Spies um und suchten in den ökonomischen Theorien ebenso eifrig nach Argumenten zur Verdammung, wie jene nach solchen zur Rechtfertigung von Kapitalprofit und Grundrente. Und ebenso wenig verstanden sie den zweiten methodischen Grundfehler der klassischen Ökonomie aufzudecken und nachzuweisen, daß eine Theorie des Kapitalismus nur eben die Erscheinungen dieses Wirtschaftssystems erklären kann, nicht aber zur Beurteilung von Verhältnissen herangezogen werden darf, die gar nicht kapitalistisch sind, wenn sie sich auch im Rahmen einer kapitalistischen Gesellschaft sowohl als Überlebsel früherer Wirtschaftsformen wie auch als Keime zu neuen noch reichlich vorfinden. Umgekehrt glaubten jene Theoretiker eben diese Erscheinungen und Verhältnisse zur Widerlegung der Anschauungen ihrer Gegner verwenden zu können.

Gerade die Rententheorie Hodgskins und seine Polemik gegen Ricardo sind in dieser Hinsicht sehr lehrreich.

In seinem Brief an Place vom 28. Mai 1820 (Koepp, S. 159–175), in dem er sich mit Ricardos Theorien und besonders mit seiner Rententheorie ausführlich auseinandersetzt, erklärt er zuerst, warum ihm Ricardos Lehre überhaupt unsympathisch sei; sie strebe die gegenwärtige politische Lage der Gesellschaft zu rechtfertigen und setze unsern Hoffnungen auf künftigen Fortschritt Grenzen. Es ist eigentümlich, daß der Rententheorie Ricardos die entgegengesetzten und sich widersprechenden Vorwürfe gemacht werden. Carey z. B. bezeichnet Ricardos Buch als „das richtige Handbuch des Demagogen, der nach Macht strebt durch Bodenkonfiskation, Krieg und Plünderung“. Ähnlich behauptet Held, unter Ricardos Hand sei „die rechtgläubige Nationalökonomie zu einer gefügigen Dienerin der ausschließenden Interessen des mobilen Kapitals geworden“, sein Grundrentengesetz sei „einfach von dem Haß des Geldkapitalisten gegen den Grundbesitzerstand diktiert gewesen“. Auf den ersten Blick erscheint diese Auffassung verständlicher als die entgegengesetzte, wie sie von Hodgskin vertreten wird. Denn während die Physiokraten und auch noch Smith die Grundrente als die Entlohnung für besondere Eigenschaften des Produktionsmittels Grund und Boden an dessen Eigner betrachteten, zeigte Ricardo, daß die Rente eine Art Tribut ist, den die gesamte Volkswirtschaft des Landes ohne Gegenleistung an die Eigentümer alles Bodens entrichtet, der überhaupt Rente trägt. Ferner hat aber Ricardo auch nachzuweisen gesucht, daß das Interesse der Grundbesitzer auch insofern mit dem der ganzen übrigen Gesellschaft, mit dem der Kapitalisten wie mit dem der Arbeiter, in Widerspruch steht, als beim Fortgang der Produktion die Grundrente automatisch und ohne Zutun der Rentenbezieher fortwährend steigt, während Profit und Reallohn sinken. Tatsächlich wurde ja auch diese Theorie besonders von den Bodenreformern zu heftigen Angriffen auf das Grundeigentum und zur Begründung der Konfiskation der Grundrente durch den Staat weidlich ausgenützt. Wieso kommt aber dann Hodgskin zur Auffassung: Ricardos Rententheorie „verfolge in erster Linie den Zweck, unsere großen Land-Leviathans in ihren enormen Erpressungen zu unterstützen“, „sie bilde die stärkste Stütze für eine Theorie der Aristokratie“?

Die Erklärung für dieses Paradoxon ist in der sozialpolitischen Haltung zu suchen, die Hodgskin zur Frage des Grundbesitzes einnahm. Für den Verteidiger des Besitzstandes bedeutete die Ricardosche Rententheorie eine Bedrohung des Großgrundbesitzes, denn sie bewies die Überflüssigkeit der sozialen Funktion des Großgrundbesitzers und die wachsende Gegensätzlichkeit seiner Interessen zu denen der Gesellschaft. Für den Kommunisten oder radikalen Agrarreformer war sie aus denselben Gründen eine willkommene Waffe. [32] Anders aber mußte sie von dem gewertet werden, der weder für die Erhaltung der bestehenden Besitzverhältnisse war, noch für die Vergesellschaftung oder Verstaatlichung des Grundbesitzes, sondern die Lösung der sozialen oder doch wenigstens der Agrarfrage von der Zerschlagung des Großgrundbesitzes und vom Übergang des Eigentums an den Teilstücken an kleinere Wirte erwartete. Für ihn bedeutete Ricardos Theorie den Nachweis, daß die Grundrente keineswegs mit dem Großgrundbesitz verschwinden werde, daß die Last, die die Gesellschaft zu tragen hat, durch dessen Zerschlagung nicht erleichtert würde. In diesem Sinne betrachtete hodgskin ricardos Theorie als eine Verteidigung der „Land-Leviathans“. Er selbst versprach sich „eine Demokratie von wohl unterrichteten und wohlversorgten menschlichen Wesen“, wenn die Mittelklasse statt der Lords das Land eignete (Koepp, S. 163). Selbstverständlich konnte ihn unter diesen Umständen Ricardos Theorie nicht befriedigen, die von dieser Maßregel keine wesentliche Änderung der Grundrente erwarten ließ. Hodgskin führte die Rente im Gegensatz zu Ricardo darauf zurück, daß früher die Bauern versklavt waren und von den Feudalherren ausgebeutet wurden. Die damals entstandene Ausbeutung ist bisher erhalten geblieben und hat nur neue Formen angenommen. Hodgskin wird so, ohne es selbst zu merken, zum Verteidiger des kapitalistischen Systems, das nicht, wie Ricardo behauptet hatte, zur Aussaugung der ganzen Gesellschaft durch eine parasitische Grundbesitzerklasse führt, in dem vielmehr diese Aussaugung nur ein Überbleibsel aus überwundenen, überholten Gesellschaftsformen ist, das auch wieder beseitigt werden kann, ohne den Gesamtbau dieses Systems zu schädigen. Es ist charakteristisch, daß die eigenartige Beurteilung der Ricardoschen Rententheorie als einer Schutzwaffe des Großgrundbesitzes bei einem Theoretiker unserer Tage wiederkehrt, der eben auch jene sozialpolitischen Anschauungen Hodgskins im wesentlichen teilt, bei Franz Oppenheimer. [33]

Hodgskin leugnet die Differentialrente im Ricardoschen Sinne nicht, er behauptet aber, es gebe außer ihr noch eine absolute Grundrente, eben das Ergebnis der ehemaligen Feudalherrschaft, ebenso wie auch die Niedrigkeit des Lohnes sich dadurch erkläre, daß die Arbeiter einst Sklaven waren.

Die Frage der absoluten Grundrente hat in der klassischen Nationalökonomie eine große Rolle gespielt und insbesondere auch die Frage, ob eine absolute Grundrente mit der Arbeitswerttheorie verträglich sei. Ricardo leugnete dies. Erst Marx hat das Gegenteil nachgewiesen. Für Ricardo war mit dem Hinweis auf die Unvereinbarkeit einer absoluten Grundrente mit dem Arbeitswertgesetz die Frage insofern erledigt, als dann eine solche Rente im kapitalistischen System nicht vorkommen kann, wenn das Arbeitswertgesetz wirklich das Grundgesetz dieses Systems ist. Hodgskin hätte nun sehr wohl gegen Ricardos Leugnung der Existenz einer absoluten Rente einwenden können, daß die wirkliche Gesellschaft, in der er lebte, die wirkliche Wirtschaft seiner Zeit nicht vollkommen durch die Gesetze des kapitalistischen Systems beherrscht werden, daß es noch sozial wichtige Erscheinungen gebe, die aus früheren Zeiten fortbestehen und noch starke Wirkungen üben. Hodgskin argumentierte aber nicht in dieser Weise, sondern er glaubte mit dem Hinweis darauf, daß das Grundeigentum des englischen Hochadels noch einen stark feudalen Charakter hätte, auch schon Ricardos Rentengesetz widerlegt zu haben.

Es handelt sich bei der Betonung dieses Unterschiedes in der Auffassung nicht um Silbenstecherei. Das zeigt sich sofort in ihren Konsequenzen. Denn Ricardo hatte gezeigt, daß das Grundeigentum eine furchtbare und stets wachsende Last der Gesellschaft darstellt, auch wenn es rein kapitalistisch ist, wenn Grund und Boden zur frei veräußerlichen Ware geworden sind, an der kein Monopolbesitz besteht. Dieser Nachweis wurde dadurch nicht erschüttert, daß Hodgskin zeigte, daß es außerdem auch noch eine feudale Rente gab. Hodgskin vermengte hier die Aufgaben der deskriptiven mit denen der theoretischen Ökonomie. [34] Erst Marx ist es gelungen, diese beiden Aufgaben auch auf dem Gebiet der Grundrententheorie nicht zu vermengen, sondern zu vereinen. [35]

Mit Recht bemerkt Koepp (S. 125, Anm. 3), die Rententheorie Hodgskins „erscheine in sich unausgeglichen und widerspruchsvoll“. Trotzdem ist sie für die Charakterisierung seines theoretischen Denkens sehr wichtig. Sein Satz, der Verkauf oder die Verpachtung von Land sei in Wirklichkeit Verkauf oder Verpachtung von Macht über Arbeitssklaven [36], zeigt, daß Hodgskin den sozialen Charakter des Großgrundbesitzes tiefer erkannt und erfaßt hat, als Ricardo; in der ökonomischen Analyse bleibt er aber weit unter diesem, während er zugleich dessen streng wissenschaftliche Fragestellung mißversteht und der Antwort eine soziale Tendenz unterschiebt, die sie weder subjektiv noch objektiv besitzt.

Dieser Mangel an analytischer Schärfe sowie der naturrechtliche Standpunkt hinderten auch Hodgskin, die Theorien Ricardos über sich hinaus fortzuentwickeln, die ihnen immanenten Widersprüche aufzudecken und zu lösen. In dieser Hinsicht kann er sich mit Ramsay und insbesondere mit Cherbuliez nicht messen. Selbst dort, wo er die inneren Widersprüche des kapitalistischen Wirtschaftssystems geradezu berührt, wie bei der Besprechung des Gesetzes der sinkenden Profitrate oder der Hemmnisse, welche die Akkumulation des Kapitals der Produktion bereitet, kommt er nur zur Feststellung eines Widerspruches des Kapitalismus mit dem Naturrecht [37], aber nicht eines Widerspruches im Kapitalismus selbst. Er bleibt daher diesem gegenüber einfach negativ, er verwirft ihn vom Standpunkt einer naturrechtlichen Ethik und findet sein Ideal in einer historisch überwundenen Wirtschaftsform, wo selbständige Kleinproduzenten ihre Produkte zum vollen Wert miteinander austauschen, Daß Hodgskin an einigen Stellen seiner Schriften die Hoffnung oder Zuversicht ausspricht, die Mittelklasse, der seine Sympathien galten, werde durch die Entwicklung der modernen Technik von selbst zur Alleinherrschaft gelangen, ändert nichts daran, daß das Ziel seines Strebens nicht jenseits des Kapitalismus lag, sondern vor ihm, in der Vergangenheit.

In dieser Grundauffassung steht Hodgskin im vollsten Gegensatz zu Marx, und dieser Kardinalpunkt durfte in einer Vergleichung der theoretischen Systeme dieser beiden Ökonomen nicht außer acht gelassen werden, wie Koepp es getan hat, der sich darauf beschränkte, nur die einzelnen Lehrsätze bei Hodgskin und Marx mit einander zu vergleichen, ihren wissenschaftlichen Individualitäten aber kaum Aufmerksamkeit schenkte, innen keinesfalls gerecht wurde.

Marx selbst hat in knappen Zügen das theoretische Verhältnis zwischen der Ökonomie Ricardos und der Hodgskins gezeichnet und damit auch zugleich helles Licht über die Frage seiner eigenen Stellung zu den Lehren des Letzteren verbreitet [38]:

„Indem sie (Ricardo und seine Schule) auf der einen Seite die Arbeit absolut, weil ihnen Lohnarbeit mit Arbeit identisch war, und auf der andern Seite ebenso absolut das Kapital, die Armut der Arbeiter und den Reichtum der Nichtarheiter in demselben Atem als einzige Quelle des Reichtums ansprechen, bewegen sie sich beständig in absoluten Widersprüchen, ohne die geringste Ahnung darüber ... ‚Arbeit oder Kapital‘ – in diesem Ausdruck Ricardos tritt der Widerspruch und die Naivität, mit der er als Identisches ausgesprochen ist, schlagend hervor. – Es war aber klar, daß dieselbe reale Entwicklung, die der bürgerlichen Ökonomie diesen theoretisch rücksichtslosen Ausdruck gab, die in derselben enthaltenen realen Widersprüche entwickelt, namentlich den Gegensatz zwischen dem wachsenden Reichtum der ‚Nation‘ in England und dem wachsenden Elend der Arbeiter. Da ferner diese Widersprüche in der Ricardoschen Theorie usw. einen theoretisch schlagenden, wenn auch unbewußten Ausdruck erhalten, war es natürlich, daß die Geister, die sich auf die Seite des Proletariats stellten, den theoretisch für sie schon zurecht gemachten Widerspruch aufgriffen. Die Arbeit ist die einzige Quelle des Tauschwerts und der einzige aktive Schöpfer der Gebrauchswert. So sagt ihr. Andererseits sagt ihr, das Kapital ist alles, der Arbeiter nichts oder bloß ein Teil der Produktionskosten des Kapitals. Ihr habt euch selbst widerlegt. Das Kapital ist nichts als Prellerei des Arbeiters. Die Arbeit ist alles. Dies ist in der Tat das letzte Wort aller der Schriften, die das proletarische Interesse vom Ricardoschen Standpunkt, auf dem Boden seiner eigenen Voraussetzungen vertreten. So wenig er die Identität von Kapital und Arbeit in seinem System begreift, so wenig begreifen sie den Widerspruch, den sie darstellen, weshalb die bedeutendsten unter ihnen, wie Hodgskin zum Beispiel, alle ökonomischen Voraussetzungen der kapitalistischen Produktion selbst als ewige Formen akzeptieren und nur das Kapital streichen wollen, die Basis und zugleich die notwendige Konsequenz.“

Trotzdem hat Marx das große Verdienst voll anerkannt, das sich Hodgskin um die politische Ökonomie durch die Art erworben hat, wie er „das Kapital streichen wollte“, indem er die fetischistischen Vorstellungen bekämpfte, die mit dem Begriff des Kapitals verknüpft worden waren. Dabei habe er allerdings „den Wert etwas unterschätzt, den die Vergangenheit der Arbeit für ihre Gegenwart hat“, das sei aber in Ordnung dem ökonomischen Fetischismus gegenüber. [39] Und mit besonderem Nachdruck stellt Marx die Auffassungsweise Hodgskins der Vulgärökonomie gegenüber [40]:

„Die ganze objektive Welt, die ‚Güterwelt‘, versinkt hier (bei Hodgskin) als bloßes Moment, bloß verschwindende, stets und stets erzeugte Betätigung der gesellschaftlich produzierenden Menschen. Nun vergleiche man diesen ‚Idealismus‘ mit dem grob materiellen Fetischismus, wozu die Ricardosche Theorie ‚bei dem unglaublichen Schmierer‘ Mac Culloch ausläuft, wo nicht nur der Unterschied zwischen Mensch und Tier, sondern sogar der zwischen Mensch und Ding verschwindet. Und danach sage man, daß der proletarische Gegensatz dem erhabenen Spiritualismus der bürgerlichen Ökonomie gegenüber einen rohen, auf das brutale Bedürfnis ausschließlich gerichteten Materialismus predigt!“

* * *

Die Zusammenstellung der Namen Hodgskin und Marx ruft die Erinnerung an einen Streit wach, der zwischen Anton Menger und Friedrich Engels wegen einer Marxschen Zitierung geführt wurde. Marx hatte in der Misère de la Philosophie (1847) auf eine „Économie Politique de Hopkins 1822“ hingewiesen. In seiner vom 5. Mai 1885 datierten Vorrede zum II. Band des Kapital zitierte Engels diese Stelle, schrieb aber statt Hopkins: Hodgskin. In seinem Recht auf den vollen Arbeitsertrag wies nun Menger auf diese Diskrepanz hin und behauptete: Marx habe ursprünglich ein Buch Notions on political economy von John Hopkins im Auge gehabt, das 1833 erschienen war. Frau Jane Marcet, die unter diesem Pseudonym geschrieben, sei aber nicht, wie Marx an jener Stelle behauptet, Sozialistin gewesen, sondern im Gegenteil eine der heftigsten und bekanntesten Gegnerinnen des Sozialismus. Engels änderte nun in der 1892 erschienenen zweiten Auflage der deutschen Übersetzung der Misère de la Philosophie den Namen Hopkins in Hodgskin, ließ aber die Jahreszahl 1822 stehen, obgleich Hodgskins Popular political economy, die allein in Betracht kommen konnte, erst 1827 erschien. Diese Konfusion wurde dadurch noch erhöht, daß Wilhelm Liebknecht in seiner Schrift: Zur Geschichte der Werttheorie in England (Jena 1902) schrieb, nach Marx sei Hodgskins Popular political economy zum ersten Male 1822 erschienen. Dieser Irrtum wurde vielleicht dadurch mit veranlaßt, daß Engels in dem erwähnten Vorwort zum H. Band des Kapital von Thompsons Inquiry irrtümlich behauptet hatte, diese 1822 verfaßte Schrift sei 1827 erschienen, während sie tatsächlich 1824 herauskam.

Und nun weist Koepp, der diesen ganzen Streit übersichtlich darstellt, darauf hin (S. 9), daß schon Halevy gezeigt hat, wie diese ganze Reihe von Widersprüchen und Verwirrungen ganz gegenstandslos ist, da Marx an jener Stelle tatsächlich nicht Hodgskins Popular political economy gemeint hat, aber auch nicht die Notions von John Hopkins (die Schreibung „Hopkin“ bei Menger ist irrig), sondern offenbar die tatsächlich 1822 erschienenen Economical enquiries von Thomas Hopkins, den zwar „Kaulla“ (Die geschichtliche Entwicklung der modernen Werttheorie, Tübingen 1906, S. 168 Anm.) ebenfalls zu den „bürgerlichen Theoretikern“ rechnet, den aber Halevy als Sozialisten oder Vorläufer der Sozialisten bezeichnet, während Koepp ihn zu den Vertretern des vom Kommunistischen Manifest so genannten „feudalen“ Sozialismus zählt.

* * *

Fussnoten

1. Im Anschluß an: Dr. Carl Koepp, Das Verhältnis der Mehrwerttheorien von Karl Marx und Thomas Hodgskin (Studien z. Sozial-, Wirtschafts- u. Verwaltungsgeschichte, hrsg. von Prof. Karl Grünberg, VI. Heft) ‚Wien 1911, Carl Konegen. Gr. 8°, VIII–289 S. (7 Mk.).

2. Vgl. z. B. Ernst Mach, Die Prinzipien der Wärmelehre, Leipzig 1900, S. 365.

3. Vgl. Koepp, Das Verhältnis der Mehrwerttheorien von Karl Marx und Thomas Hodgskin, S. 1–5.

4. Dasselbe Durcheinanderwerfen der beiden Begriffe zeigt sich auch auf S. 40 und 69 des Koeppschen Buches.

5. Vgl. Koepp, Das Verhältnis der Mehrwerttheorien von Karl Marx und Thomas Hodgskin, S. 1–5.

6. Elie Halevy, Thomas Hodgskin (1787–1869), Paris: Société nouvelle de librairie et d’édition, 1903, S. 95.

7. Elie Halevy, Thomas Hodgskin (1787–1869), S. 152.

8. Vgl. Max Beer, Geschichte des Sozialismus in England, Stuttgart 1913, S. 214 ff.

9. Vgl. Halevy, Thomas Hodgskin (1787–1869), S. 86 ff. Die kurze Inhaltsangabe der Ravenstoneschen Schrift in der von Professor Georg Adler verfaßten Einleitung zur Raffelschen Übersetzung der Verteidigung der Arbeit (Hauptwerke d. Sozialismus u. d. Sozialpolitik, 10. Heft) kann hier nicht gut herangezogen werden, da sie eigentümlicherweise mit Halevys Ausführungen inhaltlich ganz und zum Teil auch im Wortlaut übereinstimmt.

10. Vgl. Foxwell, Geschichte der sozialistischen Ideen in England. (Deutsche Übersetzung, abgedr. als Einleitung zu Collmanns Übersetzung von W. Thompsons Verteilung des Reichtums, Berlin 1903, S. LII.

11. Marx, Theorien über den Mehrwert, hrsg. von Karl Kautsky, III. Bd. Stuttgart 1910, S. 301.

12. Über diese Unsicherheit in der Erklärung des Profits vgl. Auch Halevy, Thomas Hodgskin (1787–1869), S. 73.

13. Es ist dafür charakteristisch, wie sehr sich Koepp durch oberflächliche Ähnlichkeiten bestechen läßt, daß er bei diesem Satz auf die Analogie mit dem bekannten Passus des kommunistischen Manifestes hinweist: „Die Proletarier haben nichts zu verlieren als ihre Ketten und eine Welt zu gewinnen“. Er bemerkt dabei nicht, daß Hodgskin hier von der Mittelklasse spricht, von der er erwartet, daß sie die wirklichen Proletarier, die „Sklaven-Arbeiter“, durch die Einführung von Maschinen überflüssig machen und verdrängen wird.

14. Vgl. Koepp, Das Verhältnis der Mehrwerttheorien von Karl Marx und Thomas Hodgskin, S. 257, 271.

15. Vgl. Prosper Enfantin, Die Nationalökonomie des Saint-Simonismus, deutsch von Alb. Villaret (Hauptwerke d. Sozialism. u. d. Sozialpolitik, 5. Heft), Leipzig 1905.

16. Vgl. Enfantin, Die Nationalökonomie des Saint-Simonismus, S. 68.

17. Enfantin, Die Nationalökonomie des Saint-Simonismus, S. 82.

18. Enfantin, Die Nationalökonomie des Saint-Simonismus, S. 101.

19. Vgl. Saint-Simon, Le parti national ou industriel comparé au parti antinational (1819) (Oeuvres de Saint-Simon et D’enfantin, XIX, 195).

20. Vgl. Enfantin, Die Nationalökonomie des Saint-Simonismus, S. 86.

21. Abgedr. bei Koepp, Das Verhältnis der Mehrwerttheorien von Karl Marx und Thomas Hodgskin, S. 154.

22. Wie sehr dieses Milieu für Hodgskins Auffassungen bestimmend war, ergibt sich nicht nur aus den zahlreichen Stellen in der Verteidigung der Arbeit, wo er die Interessen der Meister, „die zugleich Arbeiter sind“, mit denen der Lohnarbeiter identifiziert; vielleicht noch charakteristischer ist eine Stelle, die zeigt, daß diese mehr patriarchalischen Verhältnisse im Begriffe waren, sich aufzulösen. Hodgskin sagt da (Koepp, Das Verhältnis der Mehrwerttheorien von Karl Marx und Thomas Hodgskin, S. 232): „Gleichzeitig können die Meister und Arbeitgeber nicht hoffen, daß die Arbeiter, welche nicht Kapitalisten sind, lange im unklaren bleiben, werden über die Art, in welcher die Meister, welche sowohl Arbeiter wie Kapitalisten sind, sich den Anschauungen der Kapitalisten, die nicht Arbeiter sind, anpassen.“

23. English Chartist Circular, vol. I. Nr. 18, zitiert bei Tildsley, Die Entstehung und die ökonomischen Grundsätze des Chartismus, Jena 1898, S. 107, 108.

24. Hodgskin bezeichnet den Unternehmergewinn, insofern er ihn eben als die Belohnung qualifizierter Arbeit ansieht, auch als den „natürlichen Profit“. (Vgl. Brief an Place vom 28. Mai 1820, bei Koepp, Das Verhältnis der Mehrwerttheorien von Karl Marx und Thomas Hodgskin, S. 172).

25. Vgl. Koepp, Das Verhältnis der Mehrwerttheorien von Karl Marx und Thomas Hodgskin, besonders S. 144.

26. Popular political economy, S. 150–51 (zit. bei Halevy, Thomas Hodgskin (1787–1869), S. 112).

27. Verteidigung der Arbeit. Vgl. Koepp, Das Verhältnis der Mehrwerttheorien von Karl Marx und Thomas Hodgskin, S. 225 f.

28. Zit. bei Halevy, Thomas Hodgskin (1787–1869), S. 150 ff.

29. Foxwell, Geschichte der sozialistischen Ideen in England, S. XLVI, wertet diese Leistung Hodgskins allerdings anders. Er sagt: „In einer Beziehung war er (Hodgskin) sowohl Marx als den Nationalökonomen voraus. Er unterscheidet sorgfältig zwischen dem Kapitalisten und dem Unternehmer“. Zum Beweise dafür zitiert er folgenden Passus aus der Verteidigung der Arbeit. „Meister sind offenbar ebenso gut Arbeiter wie ihre Gesellen. In dieser Eigenschaft ist ihr Interesse genau dasselbe wie dasjenige ihrer Leute. Aber sie sind auch entweder Kapitalisten oder die Agenten von Kapitalisten, und insofern ist ihr Interesse demjenigen ihrer Arbeiter entschieden entgegengesetzt“.

Man vergleiche mit diesen Sätzen die folgenden Ausführungen von Marx (Kapital, III/l, 359): „Der Zins, den der fungierende Kapitalist an den Geldkapitalisten zahlt, erscheint als der Teil des Rohprofits, der dem Kapitaleigentum als solchem zukommt. Im Gegensatz hierzu erscheint der Teil des Profits, der dem aktiven Kapitalisten zufällt, jetzt als Unternehmergewinn, entspringend ausschließlich aus den Operationen oder Funktionen, die er im Reproduktionsprozeß mit dem Kapital vollführt, speziell also den Funktionen, die er als Unternehmer in der Industrie oder dem Handel verrichtet ... Diese qualitative Scheidung zwischen den beiden Teilen des Rohprofits ... ist keineswegs bloß subjektive Auffassung des Geldkapitalisten hier und des industriellen Kapitalisten dort. Sie beruht auf objektiver Tatsache, denn der Zins fließt dem Geldkapitalisten, dem Leiher zu, der bloßer Eigentümer des Kapitals ist ... und der Unternehmergewinn fließt dem bloß fungierenden Kapitalisten zu, der Nichteigentümer des Kapitals ist“. – Vgl. insbes. auch die Ausführungen S. 367 ff.

30. Marx, Theorien über den Mehrwert, III, 364.

31. Marx, Theorien über den Mehrwert, S. 369 ff.

32. Vgl. z. B. Henry George, Fortschritt und Armut (Deutsch von Gütschow). Berlin 1881. S. 148 ff.

33. Vgl. Franz Oppenheimer, David Ricardos Grundrententheorie, Berlin, 1909, besonders S. 3, 5, 31.

34. Vgl. übrigens darüber, daß Hodgskins Behauptung auch historisch irrig war: Marx, Theorien, II/2, 6 fg.

35. Vgl. Marx, Das Kapital, III/2, bes. 315 ff. Darnach würdige man die etwas apokalyptische Stelle in S. und B. Webbs History of Trade Unionism (Ausg. v. 1894, S. 147), wo Hodgskin und „seinem berühmten Schüler“ Karl Marx der Vorwurf gemacht wird, sie hätten in ihren Berechnungen das Gesetz der Rente übersehen und gelehrt, daß alle Tauschwerte in „Arbeitszeit“ ausgedrückt und gemessen werden konnten.

36. Brief an Place vom 20. April 1820 (Koepp, Das Verhältnis der Mehrwerttheorien von Karl Marx und Thomas Hodgskin, S. 157).

37. Dafür, welch großes Ansehen damals die Vertreter des naturrechtlichen Anspruchs der Arbeiter auf den vollen Arbeitsertrag unter der Arbeiterbevölkerung genossen, und welchen Einfluss besonders Hodgskin besaß, dafür ist ein ergrimmter Brief James Mills an Lord Brougham vom 3. September 1832 (zit. bei Webb, History of Trade Unionism, S. 142) bezeichnend, in dem sich Mill über die weite Verbreitung des „verrückten Unsinns unseres Freundes Hodgskin“ bitter beklagt.

38. Marx, Theorien über den Mehrwert, III, S. 308 ff.

39. Marx, Theorien über den Mehrwert, III, 329.

40. Marx, Theorien über den Mehrwert, S. 318.


Zuletzt aktualisiert am 25. Januar 2023