Rudolf Hilferding

Das Finanzkapital


Dritter Abschnitt
Das Finanzkapital und die Einschränkung der freien Konkurrenz


XI. Kapitel
Hindernisse in der Ausgleichung der Profitraten
und ihre Überwindung


Der Zweck der kapitalistischen Produktion ist der Profit. Die Erzielung möglichst großen Profits ist Motiv für jeden Einzelkapitalisten, wird die Maxime seines ökonomischen Handelns, die aus den Bedingungen des kapitalistischen Konkurrenzkampfes mit Notwendigkeit entspringt. Denn der Einzelkapitalist kann sich nur behaupten, wenn er ständig danach strebt, seinen Konkurrenten nicht nur gleich, sondern auch überlegen zu bleiben. Dies kann er nur, wenn es ihm gelingt, seinen Profit über den Durchschnitt zu steigern, also Extraprofit zu erzielen. [1]

Das subjektive Streben nach möglichst hohem Profit, das alle individuellen Kapitalisten beseelt, hat aber zum objektiven Resultat die Tendenz zur Herstellung der gleichen Durchschnittsprofitrate für alle Kapitale. [2]

Das Resultat ward zu erreichen gesucht durch die Konkurrenz der Kapitalien um die Anlagesphären, durch das beständige Hinströmen von Kapital in Sphären mit überdurchschnittlicher und das beständige Abströmen aus Sphären mit unterdurchschnittlicher Höhe der Profitrate. Diese ständige Ab- und Auswanderung findet aber Hindernisse, die mit der Höhe der kapitalistischen Entwicklung zunehmen.

Die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, der technische Fortschritt, erscheint darin, daß diesselbe Masse lebendiger Arbeit eine immer mehr anschwellende Masse von Produktionsmitteln in Bewegung setzt. Dieser Prozeß spiegelt sich ökonomisch in der immer höheren organischen Zusammensetzung des Kapitals, in dem immer größeren Anteil, den der konstante Kapitalteil gegenüber dem variablen innerhalb des Gesamtkapitals bildet. [3] In dieser Änderung der Proportion c : v drückt sich die Änderung des Bildes aus, das die Manufaktur und frühkapitalistische Fabrik mit ihren in wenig ausgedehnten Arbeitsstätten um wenige und kleine Arbeitsmaschinen zusammengedrängten Arbeiterscharen darbot, im Vergleich mit dem der modernen Fabrik, wo hinter den riesenhaften Leibern der Automaten die kleinen Menschen, kaum hie und da sichtbar werdend, immer wieder zu verschwinden scheinen.

Die technische Entwicklung bringt aber zugleich auch eine Änderung innerhalb der Bestandteile des konstanten Kapitals mit sich. Es wächst der Bestandteil des fixen Kapitals rascher als der des zirkulierenden. Als Illustration diene folgendes:

„Die technischen Fortschritte im Hochofenprozeß haben zu immer größerem Betriebe, zu immer stärkerer Kapitalskonzentration gezwungen. Nach Lürmann (Die Fortschritte im Hochofenbetrieb seit 50 Jahren, Düsseldorf 1902) ist seit 1852 der kubische Inhalt der Hochöfen im Verhältnis von 1 : 4,8, die Leistungsfähigkeit pro Hochofen von 1 : 55,3, pro Tonne des Hochofeninhaltes von 1 : 7 gestiegen. 1750 produzierten 14 schlesische Holzkohlenhochöfen zusammen 25.000 Zentner Boheisen, im Jahre 1799 waren die beiden Königshütter Kokshochöfen zusammen auf 40.000 Zentner im Jahre projektiert. Oechelhäuser rühmt 1852 eine Tagesleistung von 50.000 bis 60.000 preußische Pfund. Die letzten Rekorde per Tag und Ofen sind: Gewerkschaft Deutscher Kaiser (Thyssen) mit 518 Tonnen; Ohio Steel Co. No. 3 mit 806 Tonnen; das heißt, der amerikanische Ofen produziert in etwa 30 Stunden das gleiche, was ein schlesischer Ofen früher in einem Jahre leisten sollte, und in 36 Stunden das Quantum, das vor 150 Jahren 14 schlesische Öfen in einem Jahre herstellten.

Dementsprechend sind die Anlagekosten pro Ofen enorm gestiegen. Die erwähnten Königshütter Ofen waren alles in allem auf 40.000 Taler veranschlagt; das macht etwa 20.000 Mk. Anlagekapital per Tonne Tagesproduktion. 1887 war man nach Wedding bei Anlagekosten von fast 1 Million pro Ofen auf 5.400 bis 6.000 Mk. pro Tonne Tagesproduktion herunter. Neuerdings sind die Kosten pro Tonne Tagesproduktion durch die vielen neuen Apparate und die fast vollständige Verdrängung der Handarbeit wieder auf rund 10.000 Mk, gestiegen, das heißt, ein normaler 250-Tonnen-Ofen im Ruhrrevier kostet heute 2½ Millionen Mk., die amerikanischen Riesenöfen haben schon bis 6 Millionen Mk. verschlungen.

Außer im Siegerland und in Oberschlesien finden sich heute in Deutschland kaum noch Ofen mit einer täglichen Leistungsfähigkeit unter 100 Tonnen. Die jährliche Minimalproduktion eines neu zu errichtenden Ofens muß mithin mindestens auf 30.000 bis 40.000 Tonnen veranschlagt werden, aber der Betrieb mehrerer Ofen bietet große Vorteile, daher das Streben, die Zahl der zu einem Hochofenbetrieb gehörigen Öfen stetig zu mehren. Ebenso wie die Generalkosten (Direktion, Laboratorium, Ingenieure) verteilen sich die Kosten der notwendigen Reservemaschinerie (Gebläsemaschinerie, Winderhitzer) auf eine viel größere Produktion. Dann kann man nur bei Vereinigung mehrerer Ofen mit einem Ofen jahrein, jahraus die gleiche Roheisensorte herstellen. Dadurch fällt einmal das lästige Umsetzen der Ofen von einer Roheisensorte auf die andere hinweg, und dann wird es möglich, die Ofenkonstruktion im Hinblick auf die zu erzeugende Roheisensorte zu spezialisieren. Endlich wird die Ausnützung der modernen Erfindungen (rationelle Anfuhr der Rohstoffe, Gießmaschine, Mischer, Gichtgasmaschinen) erst bei hohen Produktionsziffern und mehreren Ofen wirtschaftlich rationell.“ (Heymann, a. a. O., S. 13 ff.)

Gegenüber dieser Sphäre mit höchster organischer Zusammensetzung ist es ganz interessant, eine Industriesphäre zu vergleichen, bei der die Maschinenanwendung gleichfalls einen hohen Grad erreicht hat, wo aber infolge der ganz anderen technischen Bedingungen die organische Zusammensetzung weitaus niedriger ist.

„Die Größe des für die Schuh Fabrikation erforderlichen Kapitals wollen wir uns an dem Beispiel einer Fabrik vor Augen führen, die täglich 600 bis 800 Paar Schuhe, zur Hälfte randgenäht, zur anderen Hälfte durchgenäht, herstellt.

Gebäude

 

100.000 Mk.

Grund und Boden

  50.000 Mk.

Dampfmaschine (50 PS)

  21.000 Mk.

Elektrische Anlagen

  20.000 Mk.

Fabrikationsmaschinen und sonstige Einrichtungen

  80.000 Mk.

Leisten

  25.000 Mk.

Stehendes Kapital

296.000 Mk.

Nehmen wir nun an, daß das umlaufende (Betriebs-) Kapital etwa zweimal im Jahre umgesetzt wird, so erhalten wir:

Rohstoffe für ½ Jahr

 

550.000 Mk.

Arbeitslöhne für ½ Jahr

100.000 Mk.

Sonstige Unkosten für ½ Jahr

  90.000 Mk.

Umlaufendes Kapital

540 000 Mk.

Wir werden also sagen können, daß neben einem stehenden Kapital von rund 300.000 Mk. ein umlaufendes Kapital von 500.000 Mk. nötig ist, daß also für diese Fabrik, welche 180 bis 200 Arbeiter beschäftigen würde, etwa 800.000 Mk. Gesamtkapital erforderlich wäre.“ (Karl Rehe, Die Deutsche Schuhgroßindustrie, Jena 1908, S. 54)

Dagegen:

„So würde heute alles in allem ein großes kombiniertes Thomaswerk von 500.000 bis 400.000 Tonnen Produktion, das in Westdeutschland neu gegründet werden soll und Mineralfelder wie Grund und Boden kaufen muß, mindestens kosten:

1.000 Hektar Minettefelder

 

10.000.000 Mk.

6 Kohlenfelder im Ruhrrevier

  5.000.000 Mk.

Kohlengrube mit 1.000.000 Tonnen Förderung,
einschließlich Kokereien

12.000.000 Mk.

Hochofenanlage

10.000.000 Mk.

Stahl- und Walzwerke

15.000.000 Mk.

Grund und Boden, Bahnanschlüsse, Arbeiterwohnungen
usw. auf dem Eisenwerk

  5.000.000 Mk.

Insgesamt

55.000.000 Mk.

Dazu gehören etwa 10.000 Arbeiter. Entsprechend werden in Amerika 20 bis 50 Millionen Dollar Anlagekapital für ein Stahlwerk der doppelten Leistungsfähigkeit (2.500 Tonnen täglich) als notwendig bezeichnet.“

Dagegen steckte in der ganzen Nassauer Eisenindustrie 1852 an Kapital 1.255.000 fl. (Heymann, a. a. O., S. 26)

Dieses riesige Anschwellen des fixen Kapitals bedeutet aber eine stets erschwerte Übertragbarkeit der einmal gemachten Kapitalsanlagen. Während das zirkulierende Kapital nach Ablauf jeder Umschlagsperiode in Geld rückverwandelt ist und daher in jedem anderen Produktionszweig angelegt werden kann, ist das fixe Kapital durch eine größere Reihe von Umschlagsperioden im Produktionsprozeß fixiert; sein Wert überträgt sich allmählich auf das Produkt und fließt ebenso allmählich in Geldform zurück. Der Umschlag des Gesamtkapitals verlängert sich. Je größer das fixe Kapital, je mächtiger sein Umfang, desto gewichtiger fällt es bei Anlagen in die Waagschale, desto größeren Teil des Gesamtkapitals bildet es und desto größer ist die Schwierigkeit, den darin gebundenen Wert ohne die größten Verluste zu realisieren und das Kapital dann auf eine günstigere Sphäre zu übertragen. Dadurch wird aber die Konkurrenz des Kapitals um die Anlagesphären modifiziert. An Stelle der alten rechtlichen Schranken der mittelalterlichen Bevormundung sind neue ökonomische entstanden, die die Freizügigkeit des Kapitals beschränken, eine Beschränkung freilich, die nur bereits in Produktionskapital verwandelte Kapitalien trifft, nicht aber erst neu anzulegende. Eine zweite Schranke besteht darin, daß die technische Entwicklung zugleich die Stufenleiter der Produktion ausdehnt, daß der anschwellende Umfang des konstanten und insbesondere des fixen Kapitals eine absolut immer größere Kapitalsumme erfordert, um überhaupt die Produktion entsprechend erweitern oder neue Unternehmen errichten zu können. Die allmählich akkumulierten Summen aus dem Mehrwert reichen lange nicht aus, um in selbständige Kapitalien verwandelt zu werden. Es wäre so denkbar, daß auch der Zufluß von neuem Kapital ungenügend wird oder verspätet kommt. Die Freizügigkeit des Kapitals ist aber eine Bedingung der Herstellung der gleichen Profitrate. Diese Gleichheit wird verletzt, wenn Zu- oder Abfluß des Kapitals nicht ungehindert erfolgen kann. Da die Tendenz nach der Gleichheit des Profits zunächst individuelles Streben des Kapitalisten nach möglichst hohem Profit ist, so muß die Schranke zunächst individuell beseitigt werden. Dies geschieht durch die Mobilisierung des Kapitals.

Das Kapital zu zentralisieren, genügt die Schaffung der Kapitalassoziation. Durch die Mobilisierung wird aber gleichzeitig der Kreis des assoziierbaren Kapitals erweitert. Denn sie macht die stete Rückverwandlung industriellen Kapitals, einschließlich des fixen Kapitals in Geldkapital möglichst unabhängig von dem wirklichen Rückfluß nach Ablauf der Umschlagsperiode, während der das fixe Kapital zu funktionieren hat. Natürlich ist diese Rückverwandlung nicht möglich auf geseüschaftlicher Stufenleiter, sondern nur gegeben für eine Anzahl stets wechselnder Kapitalisten. Diese stete Rückverwandelbarkeit in Geld gibt aber dem Kapital die Rückflußart von Leihkapital – Geldkapital, das, für einige Zeit vorgeschossen, als um den Zins vermehrte Geldsumme zurückkehrt. Es macht daher Geldsummen für die industrielle Anlagesphäre geeignet, die sonst nicht als industrielles Kapital fungiert hätten.

Es sind Geldsummen, die für ihre Besitzer für längere oder kürzere Zeit brachliegen müßten oder als reines Leihkapital vorübergehend angelegt würden. Diese Summen wechseln beständig in ihrer Zusammensetzung, kontrahieren und expandieren sich, stets ist aber eine gewisse Summe solch momentan brachliegenden Geldes vorhanden. Diese kann in industrielles Kapital verwandelt und damit fixiert werden. Der stete Wechsel dieser Geldsumme drückt sich aus in dem steten Besitzwechsel der Aktien. Die Verwandlung in industrielles Kapital geschieht natürlich nur einmal und ein für allemal. Das brachliegende Geld ist definitiv in Geldkapital, dieses in Produktionskapital verwandelt worden. Die neuen Geldsummen, die nunmehr aus diesen Fonds brachliegenden Geldes einströmen, fungieren als Kaufmittel für die Aktien, dienen jetzt nur mehr als Zirkulationsmittel für deren Umsatz. Für die Besitzer des ursprünglich in industrielles Kapital verwandelten Geldes bewerkstelligen sie aber den Rückfluß ihres Geldes, das sie nun wieder anderen Zwecken zur Verfügung stellen können, nachdem es für sie auch in der Zwischenzeit als Kapital fungiert hat. Nebenbei ist zu bemerken, daß mit der Steigerung der Aktienkurse caeteris paribus auch das zu ihrem Umsatz nötige Geld zunehmen muß und daß dann mehr Geld in diese Zirkulation eingehen kann, als ursprünglich in industrielles verwandelt wurde. Dabei ist zu beachten, daß in der Regel der Kurs der Aktien größer ist als der Wert des industriellen Kapitals, in das das Geld verwandelt wurde.

Die Mobilisierung des Kapitals läßt natürlich den Produktionsprozeß unberührt. Sie berührt nur das Eigentum, schafft nur die Form für die Übertragung des kapitalistischen fungierenden Eigentums, die Übertragung von Kapital als Kapital, als Profit heckende Geldsumme. Da sie die Produktion unberührt läßt, ist diese Übertragung in der Tat nur Übertragung der Eigentumstitel auf den Profit. Dem Kapitalisten handelt es sich aber nur um den Profit. Die Sphäre, in der der Profit produziert wurde, ist ihm gleichgültig. Der Kapitalist macht nicht eine Ware, sondern er macht in einer Ware – Profit.

Eine Aktie ist somit so gut wie eine andere, wenn sie unter sonst gleichen Umständen gleichen Profit bringt. Jede Aktie wird somit bewertet nach dem Profit, den sie bringt. Der Kapitalist, der Aktien kauft, kauft um dieselbe Geldsumme gleichgroßen Anteil am Profit wie jeder andere. Individuell ist somit durch die Mobilisierung des Kapitals für jeden einzelnen Kapitalisten die Gleichheit der Profitrate verwirklicht. Aber auch nur individuell, indem die wirklich bestehenden Ungleichheiten nur für ihn bei dem Ankauf von Aktien ausgelöscht werden. In Wirklichkeit bestehen diese Ungleichheiten fort und ebenso die Tendenz zu ihrer Ausgleichung.

Denn die Mobilisierung des Kapitals läßt die wirkliche Bewegung des Kapitals zur Ausgleichung der Profitrate unberührt. Es bleibt ja das Streben des Kapitalisten nach möglichst großem Profit. Dieser erscheint jetzt in der größeren Dividende und dem erhöhten Kurswert der Aktien. Damit wird dem neuanzulegenden Kapital deutlich der Weg gewiesen. Die Höhe des erzielten Profits, früher das Geschäftsgeheimnis des einzelnen Unternehmens, erscheint jetzt mehr oder minder adäquat ausgedrückt in der Höhe der Dividende und erleichtert damit für das Anlage suchende Kapital die Entscheidung, welchen Produktionszweigen es sich zuzuwenden habe. Wird zum Beispiel in der Eisenindustrie mit einem Kapital von einer Milliarde 200 Millionen Profit gemacht und in einer anderen Industrie mit demselben Kapital ein Profit von 100 Millionen, so mag der Kurswert der Eisenaktien – wenn wir eine Kapitalisierung zu 5 Prozent annehmen – 4 Milliarden betragen, der der anderen 2 Milliarden und damit für die individuellen Besitzer der Unterschied ausgelöscht sein. Das hindert aber nicht das neue Kapital, in der Eisenindustrie Anlage zu suchen, wo es überdurchschnittlichen Profit machen kann. Gerade durch das Aktienwesen wird der Zufluß in diese Sphären erleichtert. Nicht nur weil, Wie schon bemerkt, das Hindernis, das aus der Größe des Kapitals entspringt, dadurch leicht überwunden wird, sondern der Extraprofit dieser Sphäre verspricht kapitalisiert auch besonders hohen Gründergewinn und reizt die Banken zur Betätigung in diesem Produktionszweig an. Die Verschiedenheit der Profitraten tritt hier in der verschiedenen Höhe der Gründergewinne in Erscheinung; sie wird ausgeglichen, indem die neu akkumulierten Mehrwertmassen den Sphären mit höchstem Gründergewinn Zuströmen.

Ebenso läßt die Mobilisierung des Kapitals die Schwierigkeiten, die sich der Ausgleichung der Profitrate entgegenstellen, unberührt. Dagegen räumt die zugleich mit der Mobilisierung sich entwickelnde Assoziation des Kapitals die Schranken hinweg, die aus der Größe des neuanzulegenden Kapitals entspringen; durch die Vereinigung der Geldsummen wird mit dem wachsenden Reichtum der kapitalistischen Gesellschaft die Größe des Unternehmens kein Hindernis für dessen Ausführung. So wird die Ausgleichung der Profitrate immer mehr nur möglich durch Einwanderung neuen Kapitals in die Sphären, wo die Profitrate über dem Durchschnitt steht, während die Abwanderung des Kapitals aus den Produktionszweigen mit viel fixem Kapital nur schwer möglich ist. Hier vollzieht sich die Verminderung des Kapitals nur durch allmähliches Absterben alter Einrichtungen oder aber durch Vernichtung von Kapital im Falle des Bankrotts.

Zugleich ergibt sich mit der Ausdehnung der Stufenleiter der Produktion eine weitere Schwierigkeit. Ein neuerrichteter Betrieb muß in einer hochkapitalistischen Sphäre im vorhinein eine große Ausdehnung haben; seine Errichtung wird mit einem Schlage die Produktion dieser Sphäre gewaltig steigern. Die Gebote der Technik erlauben nicht jene Nuancierung in der Steigerung der Produktion, die die Aufnahmefähigkeit des Marktes vielleicht erforderte. Die starke Vermehrung der Produktion überkompensiert die Wirkung auf die Profitrate; stand diese vorher über dem Durchschnitt, so sinkt sie jetzt unter ihn.

So entstehen der Tendenz zur Ausgleichung der Profite Hemmungen, die sich mit der Entwicklung des Kapitalismus steigern. Diese Hemmungen wirken verschieden stark auf die verschiedenen Sphären ein, je nach der Zusammensetzung des Kapitals, insbesondere je nach der Größe des Raumes, den das fixe Kapital innerhalb des Gesamtkapitals einnimmt. Am stärksten wird sich diese Wirkung geltend machen gerade in den entwickeltsten Sphären kapitalistischer Produktion, in den schweren Industrien. Hier spielt das fixe Kapital weitaus die größte Rolle, hier wird der Abfluß einmal angelegten Kapitals am schwierigsten.

Wie wirkt dies nun auf die Profitrate in diesen Sphären? Es wäre folgende Argumentation denkbar: In diesen Industrien ist ein sehr bedeutendes Anfangskapital nötig, der Besitz so großer Anfangskapitalien ist beschränkt, daher wird auch die Konkurrenz in diesen Sphären geringer, der Profit höher sein. Das Argument übersieht, daß das nur zutrifft für die Zeit, wo das Kapital noch individueU fungierte. Die Assoziationsmöglichkeit des Kapitals überwindet spielend diese Schranke. Die Größe des Kapitals ist kein Hindernis für dessen Aufbringung. Dagegen ist der Ausgleich durch Kapitalabfluß hier fast ausgeschlossen, und ebenso ist die Kapitalvernichtung hier sehr erschwert. Diese entwickelten Industrien sind zugleich diejenigen, in denen die Konkurrenz die kleinen Betriebe am raschesten ausgemerzt hat oder wo es solche überhaupt nicht gegeben hat (wie in manchen Zweigen der Elektrizitätsindustrie). Es herrscht nicht nur der Großbetrieb, sondern diese kapitalstarken Großbetriebe werden einander immer gleichwertiger, die technischen und ökonomischen Unterschiede, die einzelnen von ihnen eine Überlegenheit im Konkurrenzkampf gewähren würden, werden immer geringer. Es ist kein Kampf von Starken und Schwachen, in dem diese vernichtet und damit der Überfluß an Kapital in dieser Sphäre beseitigt würde, sondern ein Kampf zwischen Gleichen, der lange unentschieden bleiben mag, allen Kämpfenden gleiche Opfer auferlegt. Diese Unternehmen müssen alle den Kampf auszuhalten suchen, da sonst das ganze gewaltige Kapital, das in jedem einzelnen steckt, entwertet würde. Die Entlastung dieser Sphäre durch Kapitalvemichtung ist so sehr erschwert. Zugleich wirkt hier jedes neue Unternehmen vermöge der großen Produktionsfähigkeit, die es von vornherein besitzen muß, mit großer Wucht auf die Zufuhr.

Es wird gerade in diesen Sphären sich sehr leicht ein Zustand herausbilden, in dem durch längere Zeit die Profitrate unter dem Durchschnitt steht. Dieser Zustand wird um so gefährlicher, je niedriger die Durchschnittsprofitrate steht. Mit dem Fall der Profitrate, der die Entwicklung der kapitalistischen Produktion begleitet, wird der Spielraum, innerhalb dessen eine Produktion noch profitabel ist, stets verengt. Ist die Profitrate nur 20 Prozent, während sie früher einmal 40 Prozent war, so reicht schon ein viel geringerer Preisdruck hin, um den Profit ganz verschwinden zu lassen, den Zweck der kapitalistischen Produktion zu vereiteln. So werden gerade diese Industrien mit ihren großen fixen Kapitalmassen immer empfindlicher gegen die Konkurrenz und den durch sie bewirkten Fall der Profitrate, während gleichzeitig gerade für sie die Schwierigkeit wächst, die einmal stattgehabte Verteilung des Kapitals zu ändern. So wird gerade in ihnen – freie Konkurrenz vorausgesetzt – leicht eine unterdurchschnittliche Profitrate entstehen können, die nur sehr allmählich, durch stockenden Zufluß neuen Kapitals, während der Konsum sich allmählich mit dem Wachstum der Bevölkerung hebt, sich ausgleichen würde. Diese Tendenz kann noch dadurch verstärkt werden, daß neue Kapitalien (Aktienkapital) im vorhinein mit unterdurchschnittlichem Profit rechnen können.

Anderseits wird geringerer als der Durchschnittsprofit in jenen Sphären herrschen, in denen noch das individuelle Kapital dominiert und das erforderliche Kapital verhältnismäßig gering ist. Hierher drängen sich die Kapitalien, die in den entwickelteren Sphären nicht mehr konkurrenzfähig sind, deren geringer Umfang aber anderseits ihren Besitzern nicht erlaubt, sie als Zins oder Dividende tragendes Kapital anzulegen. Es sind das die Sphären des Kleinhandels und der kleinkapitalistischen Produktion mit ihrem erbitterten Konkurrenzkampf, mit ihrer fortwährenden Vernichtung alten Kapitals, das alsbald wieder durch neues ersetzt wird, Sphären, die besiedelt sind von jenen Elementen, die immer mit einem Fuß im Proletariat stehen, in denen der Bankrott eine stete Erscheinung ist, während nur wenige von ihnen sich allmählich zu größeren Kapitalisten entwickeln. Es sind das diejenigen Zweige der Produktion, welche immer mehr in den verschiedensten Formen vom großen Kapital in indirekte Abhängigkeit gebracht werden.

Neben der Überfüllung dieser Sphären der Produktion kommt noch ein anderer Umstand hinzu, um hier die Profitrate zu senken. Es herrscht erbitterte Konkurrenz um den Absatz, und diese Konkurrenz auszufechten werden große Summen aufgewandt, um den Umschlag zu beschleunigen und den Absatz zu vergrößern. Eine große Reklame wird entfaltet, eine große Anzahl von Reisenden ausgeschickt. Um jeden Kunden kämpfen zehn Reisende. Dies alles erfordert Geld, das das Kapital dieser Sphären anschwellt, aber, da es nicht produktiv angewandt wird, den Profit nicht vermehrt, sondern die Profitrate, da sie jetzt auf dieses größere Kapital berechnet werden muß, senkt.

So sehen wir, wie sich an den beiden Polen kapitalistischer Entwicklung aus ganz verschiedenen Ursachen eine Tendenz zur Senkung der Profitrate unter ihren Durchschnitt ergibt. Diese Tendenz löst nun ihrerseits dort, wo die Kapitalskraft hinreichend stark ist, die Gegentendenz zu ihrer Überwindung aus. Diese Gegentendenz führt schließlich zur Aufhebung der freien Konkurrenz und damit zur Tendenz, die Ungleichheit der Profitrate dauernd zu gestalten, bis schließlich diese Ungleichheit selbst beseitigt wird durch die Beseitigung der Trennung der Produktionssphären. [4]

Die Tendenz, die so innerhalb des industriellen Kapitals gerade in seinen entwickeltsten Sphären entsteht, wird gefördert durch die Interessen des Bankkapitals.

Wir haben gesehen, daß die Konzentration in der Industrie gleichzeitig eine Konzentration der Banken herbeiführt, die aus den eigenen Entwicklungsbedingungen des Bankgeschäftes heraus noch verstärkt wird. Wir sehen ferner, wie das Bankkapital durch das Aktienwesen den industriellen Kredit erweitern kann und, durch die Aussicht auf Gründungsgewinn geleitet, immer größeres Interesse an der Finanzierung gewinnt. Der Gründungsgewinn ist aber unter sonst gleichen Umständen abhängig von der Höhe des Profits. Das Bankkapital wird so direkt interessiert an dieser Höhe. Mit der Konzentration der Banken wächst aber zugleich der Umkreis der industriellen Unternehmungen, an denen die Bank als Kreditgeberin und Finanzinstitut beteiligt ist.

Während das industrielle Unternehmen, das technisch oder ökonomisch überlegen ist, die Aussicht hat, nach einem Konkurrenzkampf siegreich den Markt zu behaupten, den eigenen Absatz zu vergrößern und nach Verdrängung der Gegner für längere Zeit Extraprofite einzuheimsen, die es für die Verluste des Konkurrenzkampfes mehr als entschädigen, sind die Erwägungen der Bank anderer Natur. Der Sieg dieses Unternehmens ist die Niederlage anderer, an denen die Bank gleichfalls interessiert war. Die anderen Unternehmen haben starken Kredit in Anspruch genommen, und das geliehene Kapital ist jetzt gefährdet. Der Konkurrenzkampf selbst war eine Zeit des Verlustes für alle Unternehmungen. Die Bank mußte ihre Kredite einschränken, auf gewinnbringende Finanzgeschäfte verzichten. Der Sieg des einen Unternehmens entschädigt sie dafür durchaus nicht. Ein so starkes Unternehmen ist ein Widerpart, an dem die Bank nicht allzuviel verdienen kann. Sobald die konkurrierenden Werke ihre Kunden sind, hat die Bank von deren Konkurrenz daher nur Nachteile zu erwarten. Daher ist das Streben der Banken nach Ausschaltung der Konkurrenz zwischen Werken, an denen sie beteiligt ist, ein absolutes. Jede Bank aber hat auch das Interesse an möglichst hohem Profit. Dieser wird unter sonst gleichen Umständen wieder den höchsten Stand erreichen bei völliger Ausschaltung der Konkurrenz in einem Industriezweig. Daher das Streben der Banken nach Herstellung des Monopols. Es treffen so die Tendenzen des Bankkapitals mit denen des Industriekapitals nach Ausschaltung der Konkurrenz zusammen. Zugleich aber erhält das Bankkapital immer mehr Macht, dieses Ziel durch zusetzen, selbst gegen den Willen einzelner Unternehmungen, die, auf ihre besonders günstige Einrichtung gestützt, den Konkurrenzkampf vielleicht noch vorziehen würden. Der Unterstützung des Bankkapitals hat es so das Industriekapital zu danken, wenn der Ausschluß der Konkurrenz schon in einem Stadium der ökonomischen Entwicklung stattfindet, wo ohne Mitwirkung des Bankkapitals die freie Konkurrenz noch weiterbestanden hätte. [5]

Neben diesen allgemeinen Tendenzen zur Einschränkung der Konkurrenz machen sich Tendenzen geltend, die aus bestimmten Phasen der industriellen Konjunktur entspringen. Zunächst ist zu bemerken, daß in der Depressionsperiode der Antrieb, den Profit zu erhöhen, sich besonders stark geltend machen wird. Während der Prosperität übersteigt die Nachfrage das Angebot. Man ersieht dies schon daraus, daß in dieser Zeit die Produktion lange Zeit vor ihrer Herstellung verkauft wird. [6]

Es sei nebenbei bemerkt, daß die Nachfrage in dieser Zeit häufig spekulativen Charakter annimmt. Es wird gekauft in Erwartung, daß die Preise weitersteigen werden. Die Erhöhung des Preises, die die konsumtive Nachfrage einschränkt, ist umgekehrt ein Stachel für die spekulative Nachfrage. Übersteigt aber die Nachfrage das Angebot, so bestimmen die unter den schlechtesten Bedingungen produzierenden Unternehmungen den Marktpreis. Die unter besseren Bedingungen produzierenden realisieren Extraprofit. Die Unternehmer sind eine geschlossene Einheit auch ohne Vertragsabschluß. Umgekehrt in der Depression, wo jeder auf eigene Faust zu retten sucht, was noch zu retten ist, jeder rücksichtslos gegen den anderen operiert.

„Die Seite der Konkurrenz, die momentan die schwächere, ist zugleich die, worin der einzelne unabhängig von der Masse seiner Konkurrenten und oft direkt gegen sie wirkt und gerade dadurch die Abhängigkeit des einen von dem andren fühlbar macht, während die stärkre Seite stets mehr oder minder als ge- schloßne Einheit dem Widerpart gegenübertritt. Ist für diese bestimmte Sorte Waren die Nachfrage größer als die Zufuhr, so überbietet – innerhalb gewisser Grenzen – ein Käufer den andren und verteuert so die Ware für alle über den Marktwert, während auf der ändern Seite die Verkäufer gemeinsam zu einem hohen Marktpreis zu verkaufen suchen. Ist umgekehrt die Zufuhr größer als die Nachfrage, so fängt einer an, wohlfeiler loszuschlagen, und die andren müssen folgen, während die Käufer gemeinsam darauf hinarbeiten, den Marktpreis möglichst tief unter den Marktwert herabzudrücken. Die gemeinsame Seite interessiert jeden nur, solange er mehr mit ihr gewinnt als gegen sie. Und die Gemeinsamkeit hört auf, sobald die Seite als solche die schwächere wird, wo dann jeder einzelne auf eigne Hand sich möglichst gut herauszuwinden sucht. Produziert ferner einer wohlfeiler und kann er mehr losschlagen, sich größren Raums vom Markt bemächtigen ... so tut er es, und so beginnt die Aktion, die nach und nach die andren zwingt, die wohlfeilere Produktionsart einzuführen, und die die gesellschaftlich notwendige Arbeit auf ein neues geringres Maß reduziert. Hat eine Seite die Oberhand, so gewinnt jeder, der ihr angehört; es ist, als hätten sie ein gemeinschaftliches Monopol geltend zu machen. Ist eine Seite die schwächre, so kann jeder für seinen eignen Teil suchen, der stärkre zu sein (z. B. wer mit weniger Produktionskosten arbeitet) oder wenigstens so gut wie möglich davonzukommen, und hier schert er sich den Teufel um seinen Nebenmann, obgleich sein Wirken nicht nur ihn, sondern auch alle seine Kumpane mit berührt.“ [7]

Es entsteht so ein Widerspruch: Die Einschränkung der Konkurrenz ist am leichtesten möglich, wenn sie am wenigsten nötig ist, weil der Vertrag nur den bestehenden Zustand sanktioniert, nämlich während der Prosperität. Umgekehrt ist während der Depression, wo die Einschränkung der Konkurrenz am nötigsten, der Abschluß des Vertrages zugleich am schwierigsten. Dieser Umstand erklärt, warum sich die Kartelle viel leichter in der Prosperitätsepoche oder wenigstens nach Überwindung der Depression bilden und in der Depression, namentlich wenn sie nicht straff organisiert sind, so oft zusammenbrechen. [8]

Ebenso ist klar, daß die monopolistischen Vereinigungen in Zeiten guter Konjunktur den Markt viel wirksamer beherrschen werden als in Depressionszeiten. [9]

Neben den Tendenzen, welche dauernde Senkung der Profitrate unter ihr Durchschnittsniveau hervorrufen und die nur überwunden werden können durch Beseitigung ihrer Ursache, der Konkurrenz, gibt es auch eine Senkung der Profitrate in einem Industriezweig, die entsteht durch eine Erhöhung des Profits in einem anderen Industriezweig. Entspringt jene aus dauernd wirksamen Ursachen, so diese aus Bedingungen des industriellen Zyklus. Tritt jene schließlich in allen entwickelten kapitalistischen Produktionszweigen ein, so betrifft diese nur bestimmte Produktionszweige. Entsteht endlich jene aus der Konkurrenz innerhalb eines Industriezweiges, so diese aus dem Verhältnis von Industriezweigen, von denen der eine das Rohmaterial des anderen liefert.

Während der Properität findet Ausdehnung der Produktion statt. Diese Ausdehnung wird dort am raschesten erfolgen, wo die Kapitalien verhältnismäßig gering, die Ausdehnung der Produktion in kurzer Zeit und an vielen Punkten vor sich gehen kann. Diese rasche Steigerung der Produktion wirkt bis zu einem gewissen Grade der Steigerung der Preise entgegen. Dies ist der Fall in einem großen Teil der Industrie der Fertigfabrikate. Dagegen ist die Ausdehnung der Produktion in der extraktiven Industrie nicht ebenso rasch möglich. Die Fertigstellung eines neuen Schachtes, die Anlegung neuer Hochöfen braucht relativ lange Zeit. [10] In der ersten Zeit der Prosperität wird die steigende Nachfrage durch intensivere Ausnützung der alten Produktionsmöglichkeiten befriedigt. In der Hochkonjunktur wachst aber die Nachfrage der Fertigindustrien rascher als die Produktion der extraktiven Industrien. Infolgedessen steigen die Preise des Rohmaterials rascher als die der Fertigfabrikate. In der extraktiven Industrie steigt so die Profitrate auf Kosten der weiterverarbeitenden Industrie, und diese kann zudem noch durch Rohmaterialmangel an der Ausnützung der Konjunktur verhindert werden.

Umgekehrt in der Depression. Der Abfluß und die Produktionseinschränkung ist in den Zweigen, die das Rohmaterial liefern, schwieriger und verlustreicher als in der Sphäre der Fertigfabrikation. In jenen bleibt daher die Profitrate länger unter ihrem Durchschnitt, ein Moment, das auch noch dazu beiträgt, in der weiterverarbeitenden Industrie die Profitrate auf ihre Norm zu bringen, während in der Rohmaterialherstellung die Depression länger und schwerer ist.

Wie schwer und langdauernd solche Depressionszustände bei freier Konkurrenz sein können, zeigt die Krise der Eisen- und Stahlindustrie in den Vereinigten Staaten von 1874 bis 1878. Roheisen in Philadelphia fiel nach 1873 von Dollar 42,75 auf schließlich Dollar 17,63 im Jahre 1878. [11]

Die kolossalen Schwankungen der Preise während des Verlaufes eines industriellen Zyklus illustrieren auch folgende Zahlen, wohei zu bemerken, daß die Produktionskosten des Roheisens sich während dieser Zeit im allgemeinen verbilligt haben:

Base-Erz Nr. I Bessemer-Hämatit fällt von 6 Dollar im Jahre 1890 Jahr für Jahr bis auf Dollar 2,90 im Jahre 1895. Mesabi-Bessemer wird im Jahre 1894 mit Dollar 2,25, Nicht-Bessemer mit Dollar 1,85 verkauft. Dann kommt eine kurze Periode des Aufschwungs in der Stahlindustrie ... Sofort steigen die genannten Erze auf Dollar 4,–, 3,25 und 2,40. [12]

Bessemer-Roheisen in Pittsburg kostete in Dollar 1887: 21,37, 1897: 10,13, 1902: 20,67, 1904: 13,76. Englisches bestes Roheisen 1888: 10,86, 1895: 11,30, 1900: 20,13, 1903: 13,02. [13]

Für die Gestaltung der Preisverhältnisse der Rohmaterialien zu denen des fertigen Roheisens beim Rückgang der Konjunktur gibt Levy [14] folgende instruktive Tabelle:

„Es betrug

Im
Jahre

Preis von
2240 lbs.
Bessemer-
Roheisen

Dollar

Preis von
2240 lbs.
Lake Superior-
Erz

Dollar

Preis von
2000
Pounds
Koks

Dollar

Preis von
4122 lbs.
Erz+2423
lbs. Koks

Dollar

Differenz des
Preises von
Roheisen und
den Kosten
von Erz + Koks
Dollar

1890

18,8725

6,00

2,0833

13,56

5,31

1891

15,9500

4,75

1,8750

11,01

4,94

1892

14,3667

4,50

1,8083

10,47

3,90

1893

12,8692

4,00

1,4792

  9,15

3,72

1894

11,3775

2,75

1,0583

  6,34

5,04

1895

12,7167

2,90

1,3250

  6,94

5,78

1896

12,1400

4,00

1,8750

  9,63

2,51

1897

10,1258

2,65

1,6167

  6,84

3,29

Wir sehen aus diesen Zahlen, in welche Lage nach 1890 diejenigen Betriebe gerieten, welche ganz auf den Zukauf von Kohle und Erz angewiesen waren. Der Preis der Rohmaterialien sank nach 1890 zwar beträchtlich, aber die Differenz zwischen den Kosten derselben und dem Preise des fertigen Produktes sank noch stärker, so daß sich die Lage der Verbraucher wesentlich verschlechterte. Es war die alte Tendenz: die Preise für Roheisen gingen schneller und stärker herab als die der Rohmaterialien, eben jene Tendenz, welche, wie wir ausführten, zur Kombinierung der Betriebe führte.“

Dieser Unterschied in der Profitrate muß überwunden werden, und er kann nur überwunden werden durch Vereinigung der extraktiven mit der weiterverarbeitenden Industrie: durch die Kombination. Der Anstoß zur Kombination wird verschieden sein je nach der Phase der Konjunktur. In Prosperitätszeiten wird der Anstoß von den weiterverarbeitenden Werken kommen, die die hohen Rohmaterialpreise oder gar den Rohmaterialmangel dadurch überwinden. In der Depression werden die Hersteller des Rohmaterials sich weiterverarbeitende Werke angliedern, um nicht das Rohmaterial unter dem Produktionspreis verkaufen zu müssen. Sie werden es selbst verarbeiten und am Fertigprodukt mit höherem Profit realisieren. Allgemein gefaßt: Es besteht die Tendenz, daß der jeweils schlechter rentierende Betriebszweig sich den besser rentierenden angliedert. [15]

Je nach der Art und Weise, wie die Kombination entsteht, mag man also unterscheiden: die aufsteigende Kombination; zum Beispiel ein Walzwerk, das sich Hochöfen und Kohlenzechen angliedert. Die absteigende Kombination: eine Kohlengrube kauft Hochöfen und Walzwerke an. Die gemischte Kombination: ein Stahlwerk gliedert sich einerseits Kohlenzechen, anderseits Walzwerke an.

Es ist also die Verschiedenheit der Profitrate, die zur Kombination führt. Für das kombinierte Werk sind die Schwankungen der Profitrate aufgehoben, während das reine Werk seinen Profit zugunsten des zweiten Werkes vermindert sieht.

Ein anderer Vorteil der Kombination entspringt aus der Ersparung des Handelsprofits. Dieser kann ausgeschaltet werden, und um diesen Betrag vermehrt sich der industrielle Profit.

Die Ausschaltung des Handelsprofits ist möglich durch die fortgeschrittene Konzentration. Die Funktion des Handels, die in den einzelnen kapitalistischen Betrieben zersplitterte Funktion zu konzentrieren und so den anderen industriellen Kapitalisten die Befriedigung ihres Bedarfes in dem ihnen entsprechenden Quantum zu ermöglichen, ist nicht mehr notwendig. Ein Weber zieht es vor, beim Garnhändler die verschiedenen Arten Garn in den verschiedenen Qualitäten und Quantitäten zu decken, statt mit einer ganzen Reihe von Spinnern Transaktionen abzuschließen. Ebenso verkauft der Spinner lieber die ganze Produktion auf einmal an einen Händler, statt an eine Reihe von Webern. Dadurch werden Zirkulationszeit und Zirkulationsunkosten erspart, das Reservekapital verringert.

Anders, sobald es sich um große konzentrierte Betriebe handelt, die gleichartige Güter (Massengüter) produzieren, wo die Produktion des einen den Bedarf des anderen deckt. Hier wird der Handel überflüssig. Der Händler und sein Profit kann beseitigt werden, und er wird beseitigt durch die Kombination dieser Unternehmungen. Diese Beseitigung des Handelsprofits ist der Kombination eigentümlich gegenüber der Vereinigung gleichartiger Betriebe, wo natürlich keine Handelsbeziehungen bestanden haben. Der Handelsprofit ist aber nur Teil des Gesamtprofits. Sein Wegfall erhöht pro tanto den industriellen Profit. Solange die kombinierten Werke mit den reinen Werken konkurrieren, gibt ihnen der erhöhte Profit eine Überlegenheit in der Konkurrenz.

Wären die Profitraten beider Werke gleich, und zwar gleich der Durchschnittsprofitrate, so bedeutete die Kombination zunächst keine Überlegenheit, da immer nur die Durchschnittsprofitrate realisiert werden könnte. Aber die Kombination gleicht Konjunkturunterschiede aus und bewirkt daher für das kombinierte Werk eine größere Stetigkeit der Profitrate. Zweitens bewirkt die Kombination Ausschaltung des Handels. Drittens bewirkt sie die Möglichkeit technischer Fortschritte und damit die Erlangung von Extraprofit gegenüber dem reinen Werk. Viertens stärkt sie die Stellung des kombinierten Werkes gegenüber dem reinen im Konkurrenzkampf zur Zeit einer starken Depression, wenn die Senkung der Rohmaterialpreise nicht Schritt hält mit der Senkung der Fabrikatspreise.

Die Kombination, die zugleich eine Einschränkung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung bedeutet, während sie neuen Ansporn gibt für die Arbeitsteilung innerhalb des neuen Gesamtbetriebes, die auch immer mehr die Arbeit der Leitung erfaßt, begleitet von Anfang an die kapitalistische Produktionsweise.

„Endlich kann die Manufaktur, wie sie teilweise aus der Kombination verschiedner Handwerker entspringt, sich zu einer Kombination verschiedner Manufakturen entwickeln. Die größren englischen Glashütten z. B. fabrizieren ihre irdenen Schmelztiegel selbst, weil von deren Güte das Gelingen oder Mißlingen des Produkts wesentlich abhängt. Die Manufaktur eines Produktionsmittels wird hier mit der Manufaktur des Produkts verbunden. Umgekehrt kann die Manufaktur des Produkts verbunden werden mit Manufakturen, worin es selbst wieder als Rohmaterial dient oder mit deren Produkten es später zusammengesetzt wird. So findet man z. B. die Manufaktur von Flintglas kombiniert mit der Glasschleiferei und der Gelbgießerei, letztre für die metallische Einfassung mannigfacher Glasartikel. Die verschiednen kombinierten Manufakturen bilden dann mehr oder minder räumlich getrennte Departements einer Gesamtmanufaktur, zugleich voneinander unabhängige Produktionsprozesse, jeder mit eigner Teilung der Arbeit. Trotz mancher Vorteile, welche die kombinierte Manufaktur bietet, gewinnt sie, auf eigner Grundlage, keine wirklich technische Einheit. Diese entsteht erst bei ihrer Verwandlung in den maschinenmäßigen Betrieb.“ [16]

Die kolossale Beschleunigung, die die Kombination in der neuesten kapitalistischen Entwicklungsphase erfährt, ist geschuldet den starken Antrieben, die aus ökonomischen Ursachen, insbesondere aus der Kartellierung entstanden sind. Dies schließt aber zugleich ein, daß die aus ökonomischen Ursachen entstandene Kombination sehr bald Gelegenheit zu technischen Verbesserungen des Produktionsprozesses bietet, man denke zum Beispiel an die Verbindung der Hochöfen mit der Weiterverarbeitung, die erst die rationelle Ausnützung der Hochofengase als motorischer Kraft gestattet hat. Diese technischen Vorteile, einmal gegeben, werden wiederum treibendes Motiv für die Durchführung der Kombination dort, wo die bloßen ökonomischen Ursachen diese noch nicht herbeigeführt hätten.

Unter Kombination verstehen wir also die Verbindung solcher kapitalistischer Unternehmungen, von denen das eine das Rohmaterial für das andere liefert, und unterscheiden diese Verbindung, die aus der Verschiedenheit der Profitraten in verschiedenen Industriesphären entspringt, von der Vereinigung von Unternehmungen in demselben Industriezweig. Diese entsteht zu dem Zweck, durch die Aufhebung der Konkurrenz die Profitrate in dieser Sphäre über ihren unterdurchschnittlichen Stand zu erhöhen. Im ersten Fall werden die Profitraten in den Industriezweigen, denen die Unternehmungen vor ihrer Vereinigung angehört haben, nicht alteriert. Ihr Unterschied bleibt bestehen und verschwindet nur für das kombinierte Unternehmen. Im zweiten Fall erwartet man die Erhöhung des Profits in diesem Industriezweig infolge Verminderung der Konkurrenz. Theoretisch tritt diese bereits ein bei Vereinigung zweier Unternehmungen, sei es, daß das Aufhören der Konkurrenz nur für die beiden Unternehmungen von Wirksamkeit ist, sei es, daß die vereinigten Unternehmungen groß genug sind, um auf dem Markte eine dominierende Stellung einzunehmen und diese zu Preiserhöhungen zu benützen, wodurch auch für die übrigen Unternehmungen die Wirkung der Konkurrenz verringert ist. Es kann allerdings auch der Fall eintreten, daß die vereinigten Unternehmungen ihre verstärkte Position zunächst zur Niederkonkurrierung ihrer Gegner benützen und die Erhöhung der Profitrate erst eintritt, wenn dieses Ziel erreicht ist.

Die Vereinigung der Unternehmungen kann in doppelter Form stattfinden. Entweder die Unternehmungen behalten formell ihre Selbständigkeit, und ihre Gemeinsamkeit wird nur durch Vertrag festgelegt. Wir haben es sodann mit einer Interessengemeinschaft. zu tun. Gehen aber die Unternehmungen in ein neues Unternehmen auf, so nennen wir dieses eine Fusion.

Sowohl Interessengemeinschaft als Fusion können nun entweder partiell sein – sie lassen dann die freie Konkurrenz in dem betreffenden Industriezweigbestehen –, oder sie können monopolistisch sein. [17]

Eine Interessengemeinschaft möglichst aller Unternehmungen zum Zweck, durch möglichst vollständige Ausschließung der Konkurrenz die Preise und damit den Profit zu erhöhen, ist das Kartell. Das Kartell ist also eine monopolistische Interessengemeinschaft.

Eine Fusion mit demselben Zweck, der durch dasselbe Mittel erreicht werden soll, ist der Trust. Der Trust ist also eine monopolistische Fusion. [18]

Interessengemeinschaft und Fusion können ferner entweder homogen sein, das heißt Unternehmungen desselben Produktionszweiges umfassen, oder kombiniert sein, das heißt Unternehmungen aufeinanderfolgender Produktionszweige umfassen. Wir sprechen daher von partiellen homogenen oder kombinierten Fusionen und Interessengemeinschaften oder von homogenen oder kombinierten Kartellen und Trusts. Dabei ist zu beachten, daß Interessengemeinschaften heute häufig nicht durch formelle Verträge, sondern durch Personalunionen, die kapitalistische Abhängigkeitsverhältnisse auszudrücken pflegen, entstehen können. Fusionen und Interessengemeinschaften sind nicht nur in der Sphäre der Industrie möglich, sondern ebenso im Handel und bei den Banken. Alle diese Verbindungen gehen in einer und derselben Sphäre vor sich, und wir bezeichnen sie als homosphärische Vereinigungen. Es können aber auch Vereinigungen geschaffen werden, die zum Beispiel ein Handelsunternehmen mit einer Bank vereinigen. So wenn eine Bank eine Warenabteilung einrichtet oder ein Warenhaus eine Depositenbank eröffnet. Ebenso mag ein Industrieunternehmen ein Handelsunternehmen errichten; so errichten zum Beispiel häufig Schuhfabriken in den Großstädten Schuhwarengeschäfte unmittelbar für den Absatz an den letzten Konsumenten. Wir sprechen dann von heterosphärischen Vereinigungen.

Dabei ist zu bemerken, daß ebensowenig wie in der Natur die Arten, so in der Industrie die verschiedenen Zweige etwas Festes sind. Die Kombination, allgemein durchgeführt gedacht, stellt nur einen umfassenden Industriezweig aus früher geschiedenen zusammen. Man kann sich sehr gut vorstellen, daß die Eisenindustrie einen einzigen Industriezweig bilden wird, zu dem die Kohlen- und Erzförderung ebenso gehört wie die Herstellung von Schienen und Drahtstiften, da jedes einzelne Eisenwerk all diese Produktionsarten umfaßt und die reinen Werke verschwunden sind. Innerhalb dieses Industriezweiges sind dann alle Arten zur Verringerung der Konkurrenz von der Interessengemeinschaft bis zum Trust möglich.

Die partielle Kombination, sei es in Form der Interessengemeinschaft oder der Fusion, schränkt die Konkurrenz nicht ein, sie stärkt das kombinierte Werk nur in der Konkurrenz gegenüber den reinen Werken; dagegen hat die homogene Vereinigung immer eine Verminderung der Konkurrenz zur Folge, wenn es sich um eine partielle, oder eine Aufhebung, wenn es sich um eine totale Vereinigung handelt. Kombination, Fusion und Trust gewähren neben den ökonomischen Vorteilen technische Vorteile, die dem größeren Betrieb gegenüber dem kleineren innewohnen. Diese Vorteile sind verschieden, je nach der Natur der Betriebe und der Industriezweige.

Diese technischen Vorteile können auch allein für sich genügend sein, um zu Kombinationen und Fusionen zu führen; dagegen entspringen Interessengemeinschaften und Kartelle nur aus rein ökonomischen Vorteilen.

Alle diese Vereinigungen von Industrieunternehmungen werden in der Regel vorbereitet durch das gemeinsame Interesse, das eine Bank mit den Unternehmungen verbindet. Eine Bank, die zum Beispiel an einer Kohlenzeche stark interessiert ist, wird ihren Einfluß auf ein Eisenwerk benützen, um dieses zum Kunden der Zeche zu machen. Der Keim einer Kombination. Oder ihr Interesse an zwei gleichartigen Unternehmungen, die sich auf verschiedenen Märkten erbitterte Konkurrenz machen, bewegt die Bank zu dem Versuch, eine Verständigung herbeizuführen; die homogene Interessengemeinschaft oder die Fusion ist auf dem Wege.

Diese Bankintervention beschleunigt und erleichtert einen Prozeß, der in der Entwicklungsrichtung der industriellen Konzentration gelegen ist. Sie führt ihn aber durch andere Mittel herbei. Das Resultat des Konkurrenzkampfes wird vorweggenommen. Einerseits wird dadurch unnütze Vernichtung und Vergeudung von Produktivkräften erspart. Anderseits aber erfolgt zunächst jene Eigentumskonzentration nicht, die Resultat des Konkurrenzkampfes war. Der Besitzer der anderen Fabrik wird nicht expropriiert. Wir haben Betriebs- respektive Unternehmungskonzentration ohne Eigentumskonzentration. Wie an der Börse reine Eigentumskonzentration ohne Betriebskonzentration, so geht jetzt in der Industrie eine Betriebskonzentration ohne Eigentumskonzentration vor sich, der sinnfällige Ausdruck dafür, daß sich die Funktion des Eigentums von der Funktion der Produktion immer mehr gelöst hat.

Dagegen bedeutet für die Bank die Vermittlung dieser Vorgänge einerseits größere Sicherung ihres kreditierten Kapitals und zweitens Gelegenheit zu gewinnbringenden Transaktionen, Aktienumtausch, Neuausgabe von Aktien und dergleichen. Denn die Vereinigung dieser Unternehmungen bedeutet für diese erhöhten Profit. Ein Teil dieses erhöhten Profits wird kapitalisiert von der Bank angeeignet. Nicht nur als Kredit-, sondern vor allem auch als Finanzinstitut ist die Bank so an den Vereinigungsvorgängen interessiert.

Die zunehmende Konzentration wird aber auch zugleich zu einem Hemmnis ihres weiteren Fortschritts. Je größer, stärker und gleichartiger die Betriebe, desto geringer die Aussicht, durch Nieder- konkurrierung des zweiten den eigenen Betrieb vergrößern zu können. Zugleich hält der niedrige Stand der Profitrate, die Befürchtung, die ohnehin gedrückten Preise durch Vermehrung der Produktion noch weiter zu senken, von der Ausdehnung, die sonst aus technischen Rücksichten vielleicht wünschenswert wäre, zurück. Die Vorteile größerer Produktion sind aber bei der gedrückten Lage des Marktes nicht zu entbehren. Da bietet sich der Ausweg, den größeren Betrieb zu schaffen durch die Vereinigung bisher getrennter Unternehmungen: durch die Fusion.

Wie groß muß der Anteil einer monopolistischen Vereinigung an der Gesamtproduktion sein, um den Marktpreis beherrschen zu können? Die Frage läßt sich nicht allgemein für alle Produktionszweige beantworten. Doch erhalten wir für die Beantwortung einen Anhaltspunkt, wenn wir uns das schon früher erwähnte verschiedene Verhalten der Konkurrenten in Zeiten guter und schlechter Konjunktur vergegenwärtigen. In guter Konjunktur, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt, wird der Preis des Produkts ohnedies der höchstmögliche sein; in solchen Perioden verkaufen die Außenseiter eher über, nicht unter dem Kartellpreis. Anders in Zeiten schlechter Konjunktur bei überwiegendem Angebot. Dies ist der Moment, wo es sich zeigen muß, ob die Vereinigung den Markt beherrscht. Dies wird aber dann der Fall sein, wenn ihre Produktion zur Versorgung des Marktes unbedingt nötig ist. Sie wird erst verkaufen, wenn ihr Preis bewilligt ist, und dieser Preis muß bewilligt werden, da die Zufuhr durch das Kartell dem Markte eben unentbehrlich ist. Das Kartell wird zu diesem Preise das dem Markte fehlende Quantum verkaufen können. Dann aber muß es die Produktion so stark einschränken, daß es den Markt nicht überlastet, während die Außenseiter ihre ganze Produktion absetzen könnten. Eine solche Preispolitik ist am ehesten möglich erstens in jenen Produktionszweigen, wo die Einschränkung keine allzu schweren Opfer auferlegt, also besonders dort, wo die lebendige Arbeit einen Hauptposten bildet – der Verderb des konstanten Kapitals keine allzu große Rolle spielt. Beides ist der Fall in der extraktiven Industrie. Erz und Kohle nützen sich nicht ab, und die lebendige Arbeit spielt eine große Rolle. Zweitens dort, wo die Einschränkung der Konsumtion während der schlechten Konjunktur gering ist.

Wo aber beides nicht möglich, muß das Kartell, um seinen Absatz aufrechtzuerhalten, Preisermäßigungen gegenüber den Outsidern machen. Es ist dann der Moment gekommen, wo das Kartell, das nicht die Gesamtproduktion beherrscht, die Herrschaft über den Markt verliert und die freie Konkurrenz sich wiederherstellt.

Die Notwendigkeit, die Produktion einzuschränken und damit die Produktionskosten für das verminderte Produkt zu erhöhen, die Profitrate zu vermindern, wirkt so der Tendenz entgegen, die Preise auch in ungünstigen Zeiten zu halten, worin sich ja die Beherrschung des Marktes ausdrückt. Diese Einschränkung kann aber das Kartell vermeiden, wenn es nur die durchschnittliche Nachfrage befriedigt, die Befriedigung der Konjunkturnachfrage aber den Outsidern überläßt. Dies ist aber nur dann möglich, wenn diese erstens nicht mehr produzieren können, als diese zusätzliche Nachfrage der guten Konjunktur erfordert – denn sonst bestände die Gefahr, daß der Absatz des Kartells eingeengt wird –, zweitens aber, daß diese Außenseiter zu höheren Kosten als das Kartell produzieren. Denn nur dann wird eine für das Kartell noch immer profitable Preisgestaltung diese Konkurrenten aus dem Markte werfen und den Absatz des Kartells sichern. Mit anderen Worten: Die Outsider sind es wesentlich, auf die alle Lasten der Konjunkturschwankungen abgewälzt werden. Das Kartell realisiert während der Hochkonjunktur hohe Extraprofite, während der Depression normalen Profit, während die Konkurrenten ausgeschaltet werden. Unter solchen Bedingungen ist es durchaus im Interesse der monopolistischen Vereinigung, das Bestehen von Outsidern nicht völlig zu verhindern, wozu sie infolge ihrer Überlegenheit oft die Macht hat.

Wann werden aber die dazu erforderlichen Bedingungen ungünstigerer Produktion für die Outsider erfüllt sein? Dies kann schon dann der Fall sein, wenn die Größe und technische Einrichtung der monopolistischen Vereinigung ihr diese Überlegenheit sichert. Aber häufig wird diese eine vorübergehende oder nicht genug große sein. Anders aber, wenn es sich um Kartelle handelt, die über günstigere natürliche Produktionsbedingungen verfügen, bei denen also zu dem ökonomischen sich das natürliche Monopol gesellt, Kartelle also, die besonders günstige Kohlen- oder Erzgruben oder Wasserfälle sich gesichert haben, während die Outsider ungünstiger gestellt sind. Dann werden diese zunächst die Produktion überhaupt nicht in einem Maße ausdehnen können, der dem Kartell den Absatz seiner Produkte unmöglich macht, sie werden aber dann überhaupt nur produzieren können, wenn die hohen Preise der Hochkonjunktur ihnen die Produktion zu ihren höheren Selbstkosten gestattet.

Ein ausgezeichnetes Beispiel bietet die Politik des Stahltrusts. Die Corporation könnte ihre Produktion mit Leichtigkeit steigern. Sie tut es nicht, um nicht während der Depression die Last der Überproduktion tragen zu müssen.

„Den kombinierten Großunternehmungen in der Roheisenindustrie erscheint es wünschenswert, einen Grundstock in der Produktion zu haben, welcher immer Absatz findet. Um dies zu erreichen, läßt man in Zeiten lebhafter Nachfrage die nichtkombinierten Outsiders mit hohen Produktionskosten sich ruhig vermehren und gibt ihnen durch Zukauf sogar noch zu tun. Nun werden rückständige Betriebe wieder bei steigenden Preisen rentabel, die Spekulationslust führt zur Entstehung neuer nichtkombinierter Betriebe, kurz, die Produktion wird zu steigenden Produktionskosten im Vergleich zu den bisher niedrigsten vermehrt. Dies dauert so lange, bis die steigende Nachfrage gesättigt ist und die Preise wieder sinken. Nun verschwinden die zur Zeit der Hochkonjunktur in Betrieb gesetzten Hochöfen, soweit sie unter hohen Produktionskosten arbeiten, als Verkäufer vom Markte, da sie bald keine Überschüsse mehr zu verzeichnen haben. Nur die billigst arbeitenden bleiben noch übrig, weil sie noch mit Überschüssen produzieren können: vor allem der Trust, die großen kombinierten Unternehmungen und der und jener besonders begünstigte ‚reine‘ Hochofen.

So bilden jene Großunternehmungen, vor allem die Corporation, den Grundstock einer Produktion, welche in ihrer großen Masse in schlechten wie in guten Zeiten mit Überschüssen arbeiten kann und auch Absatz findet. Das Entstehen einer größeren Outsiderkonkurrenz schadet der Corporation in guten Zeiten nicht, denn würde sie den steigenden Bedarf selbst decken wollen, so würde sie beim Rückgang desselben die Überproduktion am eigenen Leibe stärker spüren, während diese so in erster Linie die Outsider trifft.“ [19]

Etwas anders liegen die Verhältnisse zum Beispiel heim Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikat. Hier sind die Außenseiter von keiner großen Bedeutung. Es betrug im Jahre 1900 im Oberbergamtsbezirk Dortmund der Anteil an der Gesamtproduktion bei den Syndikatszechen 87 Prozent, bei den nichtsyndizierten 15 Prozent. Das Syndikat beherrscht so den Markt und die Preise. Es zog daher vor, die Hochkonjunkturpreise von 1900 auch während der Krise von 1901 zu halten und die Produktion einzuschränken. Daher konnten die Außenseiter 1901 und 1902 ihre Förderung etwas vermehren, während der Anteil des Syndikats, dem die Hochhaltung der Preise wichtiger war, zurückging. [20]

Anders aber muß sich die Politik der monopolistischen Vereinigungen dort gestalten, wo die Vermehrung der Produktion keine Beschränkung durch natürliche Monopole findet, die Produktion also weit über das Ausmaß einer zusätzlichen Konjunkturnachfrage vermehrbar ist und diese Vermehrung zu denselben oder gar geringeren Kosten möglich ist. Dann wird allerdings die Marktbeherrschung wesentlich davon abhängen, ob die Vereinigung den weitaus größten Teil der Produktion beherrscht, soll nicht die schlechte Konjunktur das Kartell für die Beteiligten wertlos machen und es eventuell sprengen.

Das Vorhandensein oder Fehlen eines natürlichen Monopols wirkt so entscheidend auf die Preisbildung und die Produktionskosten, damit aber auch auf Bestand und Dauer der monopolistischen Vereinigung, auf den Grad ihrer Macht zur Marktbeherrschung. Es bestimmt entscheidend die Größe des Anteils an der Produktion, den die Vereinigung in ihrer Hand haben muß, um den Markt beherrschen zu können.

Die Sicherheit, die Herrschaft über den Markt zu behaupten, kann verschieden groß sein. Sie wird dort am höchsten sein, wo es gelingt, das ökonomische Monopol durch ein natürliches zu sichern. Dabei bat die einmal bestehende monopolistische Vereinigung großen Vorsprung wegen ihrer großen Kapitalskraft, die ihr erlaubt, auch außerordentlich bedeutende Mittel auf längere Zeit festzulegen. Die Festigkeit der Rohstoffsyndikate beruht wesentlich auf ihrer Monopolisierung der Naturbedingungen der Produktion, die ihnen zudem meist durch die Berggesetzgebung außerordentlich erleichtert wird.

Ein gesetzliches Monopol als Stütze des ökonomischen gewährt den monopolistischen Vereinigungen der Besitz von Patenten. Auch hier sind sie wegen ihrer großen Kapitalkraft leichter in der Lage als einzelne Konkurrenten, neue Patente zu erwerben und so ihre monopolistische Stellung zu stärken. [21]

Eine Zwischenstufe zwischen einem natürlichen und gesetzlichen Monopol und einem nur ökonomischen Monopol bildet das Monopol an den Verkehrsmitteln. Daher das Streben der Trusts, die Herrschaft über die Verkehrswege zu Wasser und zu Lande zu erhalten. Die Verstaatlichung der Verkehrsmittel verringert die Monopolfestigkeit und bewirkt so bis zu einem gewissen Grade eine Verlangsamung der Konzentration der Unternehmungen und des Eigentums.

Das ökonomische Monopol selbst wird um so gefestigter sein, je größer das Kapital, nötig, um ein neues Unternehmen ins Leben zu rufen, und je inniger die Verbindung der Banken mit der monopolistischen Vereinigung, da ohne die Hilfe einer Bank oder gar gegen den Willen der Banken ein großes industrielles Unternehmen heute kaum noch existenzfähig ist.


Anmerkungen

1. Hobbes faßt dieses Streben allgemein: Die allgemeine Neigung der Menschheit ist „das beständige und rastlose Begehren von Macht über Macht, welches nur mit dem Tode aufhört“.

„Und die Ursache davon ist nicht immer, daß einer hofft auf ein intensiveres Vergnügen, als er schon erreicht hat, oder daß er nicht zufrieden sein kann mit einer mäßigen Macht; sondern weil er nicht die Macht und Mittel zum Wohlleben, welche er zur Verfügung hat, sichern kann, ohne die Erwerbung von mehr.“ (Leviathan, ch. XI.)

Das kapitalistische Motiv – Profit um des Profits willen – ist von Zola, dem großen Personifikator sozialer Kategorien, in Gunderman dargestellt, dessen sämtliche Konsumbedürfnisse auf Milch reduziert sind und der trotzdem stets weiter wuchert. Daher auch sein Sieg – der Sieg des kapitalistischen Prinzips – über Saccard, bei dem die Profilsucht getrübt ist durch dem Kapital fremden Einschlag – durch Machtstreben, Kulturideen und persönliche Luxusbedürfnisse. In Gunderman ist der Typus des Kapitalisten in seiner begriffslosesten Form als Geldarbitrageur und Börsenspekulant am besten gefaßt, viel richtiger als bei Ibsens Gabriel Borkmann (wo das gesellschaftliche Bedürfnis durch den Kapitalismus vergewaltigt wird). Denn Borkmann geht vom gesellschaftlichen Bedürfnisse aus statt vom Profitinteresse, also von einem dem Kapitalisten fremden Motiv. In den Kapitalistendramen ist dieser Widerspruch zwischen Gesellschafts- und Profitinteresse stets das tragische Motiv und daher so oft ihre unrealistische Wirkung. Der richtige Kapitalist taugt – anders wie der Geizhals, bei dem das persönliche Elend unter Umständen tragisch wirken kann – nicht zur dramatischen Figur, sondern nur zur Episode im Roman.

2. Aus den Motiven der handelnden Wirtschaftsobjekte, die selbst aber durch die Natur der wirtschaftlichen Beziehungen determiniert werden, läßt sich nie mehr als die Tendenz zur Herstellung der Gleichheit der ökonomischen Bedingungen ableiten: gleiche Preise für gleiche Waren, gleicher Profit für gleiches Kapital, gleicher Lohn und gleiche Ausbeutungsrate für gleiche Arbeit. Aber zu den quantitativen Beziehungen selbst komme ich auf diese Weise, ausgehend von den subjektiven Motiven, nie. Ich muß vielmehr bereits die Größe des gesellschaftlichen Gesamtprodukts kennen, bei dessen Verteilung jene Gleichheitstendenzen wirksam werden, um die quantitativen Bestimmungen der einzelnen Teile finden zu können. Aus psychologischen Faktoren lassen sich nie quantitativ bestimmte Resultate ableiten.

3. Wie stark in modernen Walzwerken der Anteil der lebendigen Arbeit herabgedrückt worden ist, dafür folgendes: „Durch die Hebetische allein wurde beim Schienenwalzen die Bedienungsmannschaft von 15 bis 17 auf 4 bis 5 Mann herabgesetzt. In Amerika fielen die Löhne pro Tonne Fabrikat in Cents

 

 

von 1880

 

bis 1901

für Schienenwalzer

von   15

auf weniger als

  1

für Drahtwalzer

von 212

 

12

für Wärmer der Drahtknüppel

von   80

  5

(Hans Gideon Heymann, Die gemischten Werke im deutschen Großeisengewerbe, Stuttgart 1904, S. 23.)

4. Die Tendenz zur Ausgleichung der Profitrate ist wichtig, um die Bewegung der kapitalistischen Produktion zu verstehen und die Wirkungsweise des Wertgesetzes als Bewegungsgesetzes zu begreifen. Denn das Wertgesetz beherrscht nicht direkt die einzelnen Tauschakte, sondern nur ihre Gesamtheit, von denen der einzelne Tauschakt nur ein durch die Gesamtheit bedingter Teil. Anderseits ist die individuelle Ungleichheit der Profite wichtig für die Distribution des Gesamtprofits, für die Akkumulation und Konzentration, schließlich für die Kombination, Fusion, Kartell und Trust.

5. Es ist kein Zweifel, daß die andersartige Entwicklung des Bankwesens in England, das den Banken viel geringeren Einfluß auf die Industrie gewährt, mit ein Grund ist, der die Kartellierung in England erschwert und die englischen Kartelle, falls sie zustande kommen, meist nur zu losen Preisvereinbarungen werden läßt, die in guter Konjunktur außerordentlich hohe Preise durchsetzen, um während der Depression zusammenzubrechen. (Siehe die zahlreichen Beispiele für solche Zusammenbrüche bei Henry W. Macrosty, The Trust Movement in British Industry, London 1907, S. 63 ff.) Die Verbesserungen in der Organisation der englischen Industrie, namentlich die Ausdehnung der Kombination in den letzten Jahren, sind zurückzuführen auf die amerikanische und deutsche Konkurrenz. Das Weltmarktsmonopol hatte die englische Industrie rückständig gemacht. Der beste Beweis für die Notwendigkeit der Konkurrenz innerhalb des kapitalistischen Systems.

Übrigens zeitigt die englische Bankentwicklung auch noch ein anderes Phänomen. In Deutschland und den Vereinigten Staaten sind es zu einem großen Teil die Bankdirektoren, die durch Personalunion die Interessengemeinschaften der Industrie zum Ausdruck bringen, in England spielt das geringere Rolle; dort vollzieht sich die Personalunion durch die Direktoren der industriellen Aktiengesellschaften.

6. So war Mitte Juni 1907 die Produktion deutscher und englischer Spinnereien vielfach schon für das I. Quartal 1908 verkauft. Die deutschen Kohlenverbraucher haben im Jänner 1907 feste Abschlüsse bis März 1908, also auf 15 Monate, mit dem Kohlensyndikat gemacht. (Frankfurter Zeitung vom 16. VII. 1907.)

7. Marx, Kapital, III., 1., S. 174. (Neuausgabe S. 220/221. Die Red.)

Sehr charakteristisch ist auch die nachfolgende Stelle, die Marx zitiert und die ich hier in Übersetzung folgen lasse: Wenn jeder Mann einer Klasse niemals mehr haben könnte als einen bestimmten Teil oder einen aliquoten Teil der Gewinne und des Besitzes der ganzen Klasse, so würde er leicht zu Vereinbarungen geneigt sein, um die Gewinne zu erhöhen (das tut er, bemerkt Marx dazu, sobald das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr es erlaubt); dies bedeutet Monopol. Aber sobald jedermann denkt, daß er irgendwie den absoluten Betrag seines eigenen Anteils vermehren könnte, obwohl durch ein Vorgehen, das den Gesamtbetrag vermindert, wird er es oft tun; das bedeutet Konkurrenz. (An Inquiry into those principles respecting the nature of demand etc., London 1811, S. 105)

Während der Prosperität ist der Anteil (given shaie) gegeben, er ist gleich dem ganzen Produkt, das vom Einzelunternehmer erzeugt werden kann. In der Depression dagegen muß er um seinen Absatz kämpfen.

8. „Die Erfahrung hat gelehrt, daß, wenn auch die Kartelle als ‚Kinder der Not‘ bezeichnet werden und die Bestrebungen zum Zusammenschluß der Berufsgenossen zumeist in den Zeiten niedergehender wirtschaftlicher Konjunkturen oder Krisen ihren günstigsten Nährboden haben, dennoch das Zustandekommen eines Kartells am leichtesten bei günstiger geschäftlicher Lage und bei Hochkonjunktur sich ermöglichen läßt, denn die Aussicht auf die Erhaltung günstiger Preise, verbunden mit starker Nachfrage, bildet die stärkste Triebfeder zur Vereinigung gemeinsamer Interessen. Das Bestreben dagegen, um jeden, auch den niedrigsten Preis Aufträge zu erlangen und diese dem Konkurrenten wegzunehmen, erschwert ein gemeinsames Vorgehen.“ Dr. Völcker in seinem Referat über den Verband deutscher Druckpapierfabriken. Kontradikt. Verh.

Siehe auch über die Geschichte der Kartelle Heinrich Cunow, Die Kartelle in Theorie und Praxis, Neue Zeit, XXII., 2, S. 210.

9. So sagt auch Levy, nachdem er angeführt hat, daß der Preis der Stahlschienen in den Vereinigten Staaten trotz aller Schwankungen sowohl des Weltmarktpreises als des Rohmaterials sich vom Mai 1901 bis zum Sommer 1905 unverändert auf 28 Dollar gehalten hat:

„Es scheint, als ob diese Organisation, der Pool, stets in schlechten Zeiten an Macht verloren habe, um sie in guten Zeiten wieder zu gewinnen.

So bricht im Jahre 1892 der Rail Pool über Streitigkeiten der Carnegie und Illinois Steel Company, der beiden Hauptelemente im Pool, zusammen, in dem Augenblicke, wo die Preise sinken. So bricht weiter im Jahre 1897, nachdem sich der kurze Aufschwung von 1896 verlaufen hatte, der zweite Pool zusammen. Es folgt die allgemeine Demoralisation des Marktes, welche wieder zu Ende des Jahres 1898 die Produzenten zu einer gemeinschaftlichen Maßnahme schreiten läßt: der Neugründung des Schienenkartells.“ (Hermann Levy, Die Stahlindustrie in den Vereinigten Staaten, Berlin 1905, S. 201)

10. Im Ruhrrevier dauert eine Zechenanlage fünf bis sieben Jahre. In den Vereinigten Staaten die Inbetriebsetzung reiner Stahl- und Walzwerke zwei Jahre, mit Hochöfen noch länger. (Heymann, a. a. O., S. 221)

Der hier beschriebene Vorgang ist eine reine Konkurrenzerscheinung. Seine Analyse fiel daher nicht mehr in das Untersuchungsgebiet des Kapitals. Doch hat Marx gelegentlich auf eine ganz analoge Erscheinung in einem anderen Zusammenhang hingewiesen:

„Es ist in der Natur der Sache begründet, daß pflanzliche und tierische Stoffe, deren Wachstum und Produktion bestimmten organischen, an gewisse natürliche Zeiträume gebundnen Gesetzen unterworfen sind, nicht plötzlich in demselben Maß vermehrt werden können wie z. B. Maschinen und andres fixes Kapital, Kohlen, Erze etc., deren Vermehrung, die sonstigen Naturbedingungen vorausgesetzt, in einem industriell entwickelten Land in kürzester Zeit vor sich gehen kann. Es ist daher möglich, und bei entwickelter kapitalistischer Produktion sogar unvermeidlich, daß die Produktion und Vermehrung des Teils des konstanten Kapitals, der aus fixem Kapital, Maschinerie etc. besteht, einen bedeutenden Vorsprung gewinnt vor dem Teil desselben, der aus organischen Rohstoffen besteht, so daß die Nachfrage nach diesen Rohstoffen schneller wächst als ihre Zufuhr und daher ihr Preis steigt.“ (Marx, Kapital, III., 1., S. 94 ff. [Neuausgabe S. 140. Die Red.])

Die hier geschilderte Diskrepanz ist Folge der verschiedenen Länge der Umschlagszeit. Entspringt sie bei den organischen Rohstoffen natürlichen Ursachen, so bei den anorganischen der Größe des Kapitals, besonders seines fixen Bestandteiles.

11. Levy, ebenda, S. 31.

12. Ebenda, S. 98.

13. Ebenda, S. 121.

14. Ebenda, S. 136.

15. Heymann, a. a. O., S. 223.

In Amerika war es der Eisenbahnbedarf, der selbst wieder vom Ernteausfall abhing, der über die Konjunktur in der Eisenindustrie in den ersten Stadien ihrer Entwicklung entschied. Daher der rasche Wechsel und die Größe des Preisausschlages während der Konjunktur und der frühe Drang zur Kombination in den Vereinigten Staaten. (Vgl. Levy, a. a. O., S. 77)

16. Marx, Kapital, I., 4. Auflage, S. 312. (Neuausgabe S. 364. Die Red.)

17. Es ist dabei zu beachten, daß man es bereits dann mit einer monopolistischen Vereinigung zu tun hat, wenn diese für die Preisbestimmung auf dem Markte ausschlaggebend ist. Daß daneben noch einige selbständige Unternehmungen existieren, die in ihren Preisen sich immer nach der Preisfestsetzung der Vereinigung richten, ändert nichts an der Tatsache, daß in diesem Produktionszweig die freie Konkurrenz im theoretisch-ökonomischen Sinne nicht mehr existiert. Um aber pedantische Bedenken nicht zu verletzen, nenne ich solche Vereinigungen nicht totale Interessengemeinschaften oder Fusionen, sondern monopolistische. (Siehe auch Liefmann, Kartelle und Trusts, 1905, S. 12)

18. Liefmann, a. a. O., S. 13.

19. Levy, a. a. O., S. 156 ff.

Levy illustriert dann das Gesagte durch folgende Zahlen der Roheisenproduktion, in der allerdings auch die Produktion von Gießerei- und Puddeleisen eingeschlossen ist, an der die Corporation nur minimal beteiligt ist. Als Illustrationsfaktum für das oben Ausgeführte sind sie aber schlagend. Es betrug die Roheisenproduktion:

im Jahre

der Corporation
gross tons

der Independents
gross tons

Anteile der
Corporation an der
Gesamtproduktion
in Prozenten

1902

7.802.812

  9.805.514

44,3

1903

7.123.053

10.693.538

39,9

1904

7.210.248

  9.286.785

43.9

Es nimmt im Jahre 1903 die Produktion im Gegensatz zu der von 1902 sogar ab, die der Outsiders dagegen stark zu, so daß der Anteil der Corporation an der Gesamtproduktion von 44,3 auf 39,9 Prozent sinkt. Im Depressionsjahr 1904 stieg aber die Produktion der Corporation noch etwas, während die der Outsiders um die enorme Quantität von 1.400.000 Tonnen und damit weit unter die Produktion von 1902 fiel.

Im Vorbeigehen sei bemerkt, wie oberflächlich die Ansicht derer ist, die jeden Outsider eines Kartells als moralisches Scheusal und ökonomischen Verbrecher behandeln wollen. Dieser Standpunkt ist sogar vom Profitinteresse des Kartells aus lächerlich, geschweige denn vom gesellschaftlichen Gesichtspunkte aus, weil gerade die Konkurrenz der Außenseiter für die technische und organisatorische Fortbildung der monopolistischen Vereinigung sehr wertvoll sein kann, ganz abgesehen von den Konsumenteninteressen.

20. Siehe Kontradiktorische Verhandlungen über deutsche Kartelle, Heft 1, Berlin 1903, Franz Siemenroth, S. 80, Aussage von Kirdorf.

21. Anderseits kann wieder der Besitz von Patenten den Zusammenschluß unter bestimmten Umständen erschweren, wenn der dadurch erzielte Extraprofit hoch genug ist, um die Aufrechterhaltung der Konkurrenz vorteilhaft erscheinen zu lassen.

„Jeder Zweig der Textilmaschinenindustrie umfaßt nur wenige Namen. Acht große Firmen in Lancashire fabrizieren Baumwollmaschinerie und monopolisieren nicht nur den heimischen Markt, sondern exportieren darüber hinaus über Millionen Pfund jährlich. Wiederholt wurden Anregungen für eine Verschmelzung der Interessen gemacht, aber sie sind stets gescheitert. Mechanische Industrien führen von selbst zu Erfindungen, die, wenn patentiert, ein Monopol für eine Reihe von Jahren schaffen, und solange es in Kraft ist, ist ein Patent ein Argument gegen Zusammenschluß. Die Abneigung, einen weltberühmten Namen, namentlich wenn er durch individuelle Unternehmungslust und Erfindungsgeist geschaffen worden, einer unpersönlichen anonymen Vereinigung zu opfern, muß gleichfalls als ein wirksames Abschreckungsmittel gelten.“ (Macrosty, l. c., S. 48)

Hier ist das kleine Monopol der Feind des größeren. Doch kann auch gerade der Wunsch, die Patente auszutauschen, den Anlaß zu Interessengemeinschaften geben. Hierher gehören Vereinbarungen in der deutschen chemischen Industrie und die der deutschen Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft mit der amerikanischen Westinghouse Co.


Zuletzt aktualisiert am 25. September 2016