Karl Marx

 

Ökonomisch-philosophische Manuskripte

 

[Bedürfnis, Produktion und Arbeitsteilung]

<546>||XIV| 7. Wir haben gesehn, welche Bedeutung unter der Voraussetzung des Sozialismus die Reichheit der menschlichen Bedürfnisse und daher sowohl eine neue Weise der Produktion als auch ein neuer Gegenstand der Produktion hat. Neue Bestätigung der menschlichen Wesenskraft und neue Bereicherung des menschlichen Wesens. Innerhalb des Privateigentums die umgekehrte Bedeutung. Jeder Mensch spekuliert darauf, dem andern ein neues Bedürfnis zu schaffen, um ihn zu einem neuen Opfer zu zwingen, um <547>ihn in eine neue Abhängigkeit zu versetzen und ihn zu einer neuen Weise des Genusses und damit des ökonomischen Ruins zu verleiten. Jeder sucht eine fremde Wesenskraft über den andern zu schaffen, um darin die Befriedigung seines eigenen eigennützigen Bedürfnisses zu finden. Mit der Masse der Gegenstände wächst daher das Reich der fremden Wesen, denen der Mensch unterjocht ist, und jedes neue Produkt ist eine neue Potenz des wechselseitigen Betrugs und der wechselseitigen Ausplünderung. Der Mensch wird um so ärmer als Mensch, er bedarf um so mehr des Geldes, um sich des feindlichen Wesens zu bemächtigen, und die Macht seines Geldes fällt grade im umgekehrten Verhältnis als die Masse der Produktion, d.h., seine Bedürftigkeit wächst, wie die Macht des Geldes zunimmt. – Das Bedürfnis des Geldes ist daher das wahre, von der Nationalökonomie produzierte Bedürfnis und das einzige Bedürfnis, das sie produziert. – Die Quantität des Geldes wird immer mehr seine einzige mächtige Eigenschaft; wie es alles Wesen auf seine Abstraktion reduziert, so reduziert es sich in seiner eignen Bewegung als quantitatives Wesen. Die Maßlosigkeit und Unmäßigkeit wird sein wahres Maß. – Subjektiv selbst erscheint dies so, teils daß die Ausdehnung der Produkte und der Bedürfnisse zum erfinderischen und stets kalkulierenden Sklaven unmenschlicher, raffinierter, unnatürlicher und eingebildeter Gelüste wird – das Privateigentum weiß das rohe Bedürfnis nicht zum menschlichen Bedürfnis zu machen; sein Idealismus ist die Einbildung, die Willkür, die Laune, und ein Eunuche schmeichelt nicht niederträchtiger seinem Despoten und sucht durch keine infameren Mittel seine abgestumpfte Genußfähigkeit zu irritieren, um sich selbst die Gunst zu erschleichen, wie der Industrieeunuche, der Produzent, um sich Silberpfennige zu erschleichen, aus der Tasche des christlich geliebten Nachbarn die Goldvogel herauszulocken – (jedes Produkt ist ein Köder, womit man das Wesen des andern, sein Geld, an sich locken will, jedes wirkliche oder mögliche Bedürfnis ist eine Schwachheit, die die Fliege an die Leimstange heranführen wird – allgemeine Ausbeutung des gemeinschaftlichen menschlichen Wesens, wie jede Unvollkommenheit des Menschen ein Band mit dem Himmel ist, eine Seite, wo sein Herz dem Priester zugänglich; jede Not ist die Gelegenheit, um unter dem liebenswürdigsten Schein zum Nachbarn zu treten und ihm zu sagen: Lieber Freund, ich gebe dir, was dir nötig ist; aber du kennst die conditio sine qua non; du weißt, mit welcher Tinte du dich mir zu verschreiben hast; ich prelle dich, indem ich dir einen Genuß verschaffe) –, sich seinen verworfensten Einfällen fügt, den Kuppler zwischen ihm und seinem Bedürfnis spielt, krankhafte Gelüste in ihm erregt, jede Schwachheit ihm ablauert, um dann das Handgeld für diesen Liebes-<548>dienst zu verlangen. – Teils zeigt sich diese Entfremdung, indem die Raffinierung der Bedürfnisse und ihrer Mittel auf der einen Seite die viehische Verwildrung, vollständige, rohe, abstrakte Einfachheit des Bedürfnisses auf der andren Seite produziert; oder vielmehr nur sich selbst in seiner gegenteiligen Bedeutung wiedergebiert. Selbst das Bedürfnis der freien Luft hört bei dem Arbeiter auf, ein Bedürfnis zu sein, der Mensch kehrt in die Höhlenwohnung zurück, die aber nun von dem mephytischen Pesthauch der Zivilisation verpestet ist und die er nur mehr prekär, als eine fremde Macht, die sich ihm täglich entziehn, aus der er täglich, wenn er ||XV| nicht zahlt, herausgeworfen werden kann, bewohnt. Dies Totenhaus muß er bezahlen. Die Lichtwohnung, welche Prometheus bei Aeschylus als eines der großen Geschenke, wodurch er den Wilden zum Menschen gemacht, bezeichnet, hört auf, für den Arbeiter zu sein. Licht, Luft etc., die einfachste tierische Reinlichkeit hört auf, ein Bedürfnis für den Menschen zu sein. Der Schmutz, diese Versumpfung, Verfaulung des Menschen, der Gossenablauf (dies ist wörtlich zu verstehn) der Zivilisation wird ihm ein Lebenselement. Die völlige unnatürliche Verwahrlosung, die verfaulte Natur, wird zu seinem Lebenselement. Keiner seiner Sinne existiert mehr, nicht nur nicht in seiner menschlichen Weise, sondern in einer unmenschlichen, darum selbst nicht einmal tierischen Weise. Die rohsten Weisen (und Instrumente) der menschlichen Arbeit kehren wieder, wie die Tretmühle der römischen Sklaven zur Produktionsweise, Daseinsweise vieler englischen Arbeiter geworden ist. Nicht nur, daß der Mensch keine menschlichen Bedürfnisse hat, selbst die tierischen Bedürfnisse hören auf. Der Irländer kennt nur mehr das Bedürfnis des Essens und zwar nur mehr des Kartoffelessens und zwar nur der Lumpenkartoffel, der schlechtesten Art von Kartoffel. Aber England und Frankreich haben schon in jeder Industriestadt ein kleines Irland. Der Wilde, das Tier hat doch das Bedürfnis der Jagd, der Bewegung etc., der Geselligkeit. – Die Vereinfachung der Maschine, der Arbeit wird dazu benutzt, um den erst werdenden Menschen, den ganz unausgebildeten Menschen – das Kind – zum Arbeiter zu machen, wie der Arbeiter ein verwahrlostes Kind geworden ist. Die Maschine bequemt sich der Schwäche des Menschen, um den schwachen Menschen zur Maschine zu machen.

<Wie die Vermehrung der Bedürfnisse und ihrer Mittel die Bedürfnislosigkeit und die Mittellosigkeit erzeugt, beweist der Nationalökonom (und der Kapitalist, überhaupt reden wir immer von den empirischen Geschäftsleuten, wenn wir uns an die Nationalökonomen – ihr wissenschaftliches Geständnis und Dasein – adressieren), 1. indem er das Bedürfnis des Arbeiters auf den notwendigsten und jämmerlichsten Unterhalt des physischen <549>Lebens und seine Tätigkeit auf die abstrakteste mechanische Bewegung reduziert, also, sagt er: Der Mensch hat kein andres Bedürfnis weder der Tätigkeit noch des Genusses; denn auch dies Leben erklärt er [als] menschliches Leben und Dasein; indem 2. er das möglichst dürftige Leben (Existenz) als Maßstab, und zwar als allgemeinen Maßstab ausrechnet: allgemein, weil für die Masse der Menschen geltend; er macht den Arbeiter zu einem unsinnlichen und bedürfnislosen Wesen, wie er seine Tätigkeit zu einer reinen Abstraktion von alter Tätigkeit macht; jeder Luxus des Arbeiters erscheint ihm daher als verwerflich, und alles, was über das allerabstrakteste Bedürfnis hinausgeht – sei es als passiver Genuß oder Tätigkeitsäußerung – erscheint ihm als Luxus. Die Nationalökonomie, diese Wissenschaft des Reichtums, ist daher zugleich die Wissenschaft des Entsagens, des Darbens, der Ersparung, und sie kömmt wirklich dazu, dem Menschen sogar das Bedürfnis einer reinen Luft oder der physischen Bewegung zu ersparen. Diese Wissenschaft der wunderbaren Industrie ist zugleich die Wissenschaft der Askese, und ihr wahres Idealist der asketische, aber wuchernde Geizhals und der asketische, aber produzierende Sklave. Ihr moralisches Ideal ist der Arbeiter, der in die Sparkasse einen Teil seines salaire bringt, und sie hat für diesen ihren Lieblingseinfall sogar eine knechtische Kunst vorgefunden. Man hat das sentimental aufs Theater gebracht. Sie ist daher – trotz ihres weltlichen und wollüstigen Aussehns – eine wirklich moralische Wissenschaft, die allermoralischste Wissenschaft. Die Selbstentsagung, die Entsagung des Lebens und alter menschlichen Bedürfnisse, ist ihr Hauptlehrsatz. Je weniger du ißt, trinkst, Bücher kaufst, in das Theater, auf den Ball, zum Wirtshaus gehst, denkst, liebst, theoretisierst, singst, malst, fichtst [1*] etc., um so [mehr] sparst du, um so größer wird dein Schatz, den weder Motten noch Raub fressen, dein Kapital. Je weniger du bist, je weniger du dein Leben äußerst, um so mehr hast du, um so größer ist dein entäußertes Leben, um so mehr speicherst du auf von deinem entfremdeten Wesen. Alles, ||XVI| was dir der Nationalökonom an Leben nimmt und an Menschheit, das alles ersetzt er dir in Geld und Reichtum, und alles das, was du nicht kannst, das kann dein Geld: Es kann essen, trinken, auf den Ball, ins Theater gehn, es weiß sich die Kunst, die Gelehrsamkeit, die historischen Seltenheiten, die politische Macht, es kann reisen, es kann dir das alles aneignen; es kann das alles kaufen; es ist das wahre Vermögen. Aber es, was all dies ist, es mag nichts als sich selbst schaffen, sich selbst kaufen, denn alles andre ist ja sein Knecht, und wenn ich den Herrn habe, <550>habe ich den Knecht und brauche ich seinen Knecht nicht. Alle Leidenschaften und alle Tätigkeit muß also untergehn in der Habsucht. Der Arbeiter darf nur soviel haben, daß [er] leben will, und darf nur leben wollen, um zu haben.>

Allerdings erhebt sich nun auf nationalökonomischem Boden eine Kontroverse. Die eine Seite (Lauderdale, Malthus etc.) empfiehlt den Luxus und verwünscht die Sparsamkeit; die andre (Say, Ricardo etc.) empfiehlt die Sparsamkeit und verwünscht den Luxus. Aber jene gesteht, daß sie den Luxus will, um die Arbeit, d.h. die absolute Sparsamkeit zu produzieren; die andre Seite gesteht, daß sie die Sparsamkeit empfiehlt, um den Reichtum, d.h. den Luxus zu produzieren. Die erstere Seite hat die romantische Einbildung, die Habsucht dürfe nicht allein die Konsumtion der Reichen bestimmen, und sie widerspricht ihren eignen Gesetzen, wenn sie die Verschwendung unmittelbar für ein Mittel der Bereicherung ausgibt, und von der andern Seite wird ihr daher sehr ernstlich und umständlich bewiesen, daß ich durch die Verschwendung meine Habe verringere und nicht vermehre; die andre Seite begeht die Heuchelei, nicht zu gestehn, daß grade die Laune und der Einfall die Produktion bestimmt; sie vergißt die „verfeinerten Bedürfnisse“, sie vergißt, daß ohne Konsumtion nicht produziert wurde; sie vergißt, daß die Produktion durch die Konkurrenz nur allseitiger, luxuriöser werden muß; sie vergißt, daß der Gebrauch ihr den Wert der Sache bestimmt und daß die Mode den Gebrauch bestimmt; sie wünscht nur „Nützliches“ produziert zu sehn, aber sie vergißt, daß die Produktion von zuviel Nützlichem zuviel unnütze Population produziert. Beide Seiten vergessen, daß Verschwendung und Ersparung, Luxus und Entblößung, Reichtum und Armut = sind.

Und nicht nur deine unmittelbaren Sinne, wie Essen etc., mußt du absparen; auch Teilnahme mit allgemeinen Interessen, Mitleiden, Vertrauen etc., das alles mußt du dir ersparen, wenn du ökonomisch sein willst, wenn du nicht an Illusionen zugrunde gehn willst.

<Du mußt alles, was dein ist, feil, d.h. nützlich machen. Wenn ich den Nationalökonomen frage: Gehorche ich den ökonomischen Gesetzen, wenn ich aus der Preisgebung, Feilbietung meines Körpers an fremde Wollust Geld ziehe (die Fabrikarbeiter in Frankreich nennen die Prostitution ihrer Frauen und Töchter die Xte Arbeitsstunde, was wörtlich wahr ist), oder handle ich nicht nationalökonomisch, wenn ich meinen Freund an die Marokkaner verkaufe (und der unmittelbare Menschenverkauf als Handel der Konskribierten etc. findet in allen Kulturländern statt), so antwortet mir der Nationalökonom: Meinen Gesetzen handelst du nicht zuwider; aber <551>sieh dich um, was Frau Base Moral und Base Religion sagt; meine nationalökonomische Moral und Religion hat nichts an gegen dich einzuwenden, aber – Aber wem soll ich nun mehr glauben, der Nationalökonomie oder der Moral? – Die Moral der Nationalökonomie ist der Erwerb, die Arbeit und die Sparsamkeit, die Nüchternheit – aber die Nationalökonomie verspricht mir, meine Bedürfnisse zu befriedigen. – Die Nationalökonomie der Moral ist der Reichtum an gutem Gewissen, an Tugend etc., aber wie kann ich tugendhaft sein, wenn ich nicht bin, wie ein gutes Gewissen haben, wenn ich nichts weiß? Es ist dies im Wesen der Entfremdung gegründet, daß jede Sphäre einen andren und entgegengesetzten Maßstab an mich legt, einen andren die Moral, einen andren die Nationalökonomie, weil jede eine bestimmte Entfremdung des Menschen ist und jede> ||XVII| einen besondren Kreis der entfremdeten Wesenstätigkeit fixiert, jede sich entfremdet zu der andren Entfremdung verhält ... So wirft Herr Michel Chevalier dem Ricardo vor, daß er von der Moral abstrahiert. Aber Ricardo läßt die Nationalökonomie ihre eigne Sprache sprechen. Wenn diese nicht moralisch spricht, so ist es nicht die Schuld von Ricardo. M. Ch[evalier] abstrahiert von der Nationalökonomie, soweit er moralisiert, aber er abstrahiert notwendig und wirklich von der Moral, soweit er Nationalökonomie treibt. Die Beziehung der Nationalökonomie auf die Moral, wenn sie anders nicht willkürlich, zufällig und daher unbegründet und unwissenschaftlich ist, wenn sie nicht zum Schein vorgemacht, sondern als wesentlich gemeint wird, kann doch nur die Beziehung der nationalökonomischen Gesetze auf die Moral sein; wenn diese nicht, oder vielmehr das Gegenteil stattfindet, was kann Ricardo dafür? Übrigens ist auch der Gegensatz der Nationalökonomie und der Moral nur ein Schein und, wie er ein Gegensatz ist, wieder kein Gegensatz. Die Nationalökonomie drückt nur in ihrer Weise die moralischen Gesetze aus. –

<Die Bedürfnislosigkeit als das Prinzip der Nationalökonomie zeigt sich am glänzendsten in ihrer Bevölkerungstheorie. Es gibt zu viel Menschen. Sogar das Dasein der Menschen ist ein purer Luxus, und wenn der Arbeiter „moralisch“ ist (Mill schlagt öffentliche Belobungen für die vor, die sich enthaltsam in geschlechtlicher Beziehung zeigen, und öffentlichen Tadel für die, die sich versündigen an dieser Unfruchtbarkeit der Ehe [24] ... ist das nicht Moral, Lehre von der Askese?), wird er sparsam sein an Zeugung. Die Produktion des Menschen erscheint als öffentliches Elend. –>

Der Sinn, den die Produktion in bezug auf die Reichen hat, zeigt sich offenbart in dem Sinne, den sie für die Armen hat; nach oben ist die Äußerung immer fein, versteckt, zweideutig, Schein, nach unten hin grob, gradheraus, offenherzig, Wesen. Das rohe Bedürfnis des Arbeiters ist eine viel <552>größere Quelle des Gewinns als das feine des Reichen. Die Kellerwohnungen in London bringen ihren Vermietern mehr ein als die Paläste, d.h., sie sind in bezug auf ihn ein größrer Reichtum, also, um nationalökonomisch zu sprechen, ein größrer gesellschaftlicher Reichtum. – Und wie die Industrie auf die Verfeinerung der Bedürfnisse, ebensosehr spekuliert sie auf ihre Roheit, aber auf ihre künstlich hervorgebrachte Roheit, deren wahrer Genuß daher die Selbstbetäubung ist, diese scheinbare Befriedigung des Bedürfnisses, diese Zivilisation innerhalb der rohen Barbarei des Bedürfnisses. Die englischen Schnapsläden sind darum sinnbildliche Darstellungen des Privateigentums. Ihr Luxus zeigt das wahre Verhältnis des industriellen Luxus und Reichtums zum Menschen. Sie sind daher mit Recht auch die einzigen, wenigstens mild von der englischen Polizei behandelten Sonntagsvergnügungen des Volkes. |XVII|| [25]

 

||XVIII| Wir haben schon gesehn, wie der Nationalökonom Einheit von Arbeit und Kapital auf vielfache Art setzt. 1. Das Kapital ist aufgehäufte Arbeit; 2. die Bestimmung des Kapitals innerhalb der Produktion, teils die Reproduktion des Kapitals mit Gewinn, teils das Kapital als Rohstoff (Material der Arbeit), teils als selbst arbeitendes Instrument – die Maschine ist das unmittelbar mit der Arbeit identisch gesetzte Kapital –, ist produktive Arbeit; 3. der Arbeiter ist ein Kapital; 4. der Arbeitslohn gehört zu den Kosten des Kapitals; 5. in bezug auf den Arbeiter ist die Arbeit die Reproduktion seines Lebenskapitals; 6. in bezug auf den Kapitalisten ein Moment der Tätigkeit seines Kapitals.

Endlich 7. unterstellt der Nationalökonom die ursprüngliche Einheit beider als die Einheit von Kapitalist und Arbeiter, dies ist der paradiesische Urzustand. Wie diese beiden Momente ||XIX| als 2 Personen sich entgegenspringen, ist für den Nationalökonomen ein zufälliges und darum nur äußerlich zu erklärendes Ereignis. (Siehe Mill.) – Die Nationen, welche noch von dem sinnlichen Glanz der edlen Metalle geblendet und darum noch Fetischdiener des Metallgeldes sind – sind noch nicht die vollendeten Geldnationen. Gegensatz von Frankreich und England. – Wie sehr die Lösung der theoretischen Rätsel eine Aufgabe der Praxis und praktisch vermittelt ist, wie die wahre Praxis die Bedingung einer wirklichen und positiven Theorie ist, zeigt sich z.B. am Fetischismus. Das sinnliche Bewußtsein des Fetischdieners ist ein andres wie das des Griechen, weil sein sinnliches Dasein noch ein andres ist. Die abstrakte Feindschaft zwischen Sinn und Geist ist notwendig, solang der menschliche Sinn für die Natur, der menschliche Sinn der Natur, also auch der natürliche Sinn des Menschen, noch nicht durch die <553>eigne Arbeit des Menschen produziert ist. – Die Gleichheit ist nichts andres als das deutsche Ich = Ich in französische, d.h. politische Form übersetzt. Die Gleichheit als Grund des Kommunismus ist seine politische Begründung und ist dasselbe, als wenn der Deutsche ihn sich dadurch begründet, daß er den Menschen als allgemeines Selbstbewußtsein faßt. Es versteht sich, daß die Aufhebung der Entfremdung immer von der Form der Entfremdung aus geschieht, welche die herrschende Macht ist, in Deutschland das Selbstbewußtsein, in Frankreich die Gleichheit, weil die Politik, in England das wirkliche, materielle, sich nur an sich selbst messende praktische Bedürfnis. Von diesem Punkt aus ist Proudhon zu kritisieren und anzuerkennen. – Wenn wir den Kommunismus selbst noch – weil als Negation der Negation, als die Aneignung des menschlichen Wesens, die sich mit sich durch Negation des Privateigent[ums vermi]ttelt, daher noch nicht als die wahre, von sich selbst, sondern vielmehr vom Privateigentum aus beginnende Position – bezeichnen, [...] [2*] in altdeutscher Weise – nach Weise der Hegelschen Phänomenologie – so aufzu- [...] als ein überwundenes Moment nun abgemacht sei und man [...] könne und sich dabei beruhigen könne, ihn in seinem Bewußtsein aufge- [...] des menschlichen Wesens nur durch die wirkliche [...] aufhebung seines Gedankens nach wie vor [...] da also mit ihm die wirkliche Entfremdung des menschlichen Lebens bleibt und eine um so größere Entfremdung bleibt, je mehr man ein Bewußtsein über sie als eine solche hat – vollbracht werden kann, so ist sie also nur durch den ins Werk gesetzten Kommunismus zu vollbringen. um den Gedanken des Privateigentums aufzuheben, dazu reicht der gedachte Kommunismus vollständig aus. Um das wirkliche Privateigentum aufzuheben, dazu gehört eine wirkliche kommunistische Aktion. Die Geschichte wird sie bringen, und jene Bewegung, die wir in Gedanken schon als eine sich selbst aufhebende wissen, wird in der Wirklichkeit einen sehr rauhen und weitläufigen Prozeß durchmachen. Als einen wirklichen Fortschritt müssen wir es aber betrachten, daß wir von vornherein sowohl von der Beschränktheit als dem Ziel der geschichtlichen Bewegung, und ein sie überbietendes Bewußtsein erworben haben. –

Wenn die kommunistischen Handwerker sich vereinen, so gilt ihnen zunächst die Lehre, Propaganda etc. als Zweck. Aber zugleich eignen sie sich dadurch ein neues Bedürfnis, das Bedürfnis der Gesellschaft an, und was als Mittel erscheint, ist zum Zweck geworden. Diese praktische Bewegung kann man in ihren glänzendsten Resultaten anschauen, wenn man sozialistische französische ouvriers vereinigt sieht. Rauchen, Trinken, Essen etc. sind <554>nicht mehr da als Mittel der Verbindung oder als verbindende Mittel. Die Gesellschaft, der Verein, die Unterhaltung, die wieder die Gesellschaft zum Zweck hat, reicht ihnen hin, die Brüderlichkeit der Menschen ist keine Phrase, sondern Wahrheit bei ihnen, und der Adel der Menschheit leuchtet uns aus den von der Arbeit verhärteten Gestalten entgegen.

||XX| <Wenn die Nationalökonomie behauptet, daß Nachfrage und Zufuhr sich immer decken, so vergißt sie sogleich, daß nach ihrer eignen Behauptung die Zufuhr von Menschen (Bevölkerungstheorie) immer die Nachfrage übersteigt, daß also bei dem wesentlichen Resultat der ganzen Produktion – der Existenz des Menschen – das Mißverhältnis zwischen Nachfrage und Zufuhr seinen entschiedensten Ausdruck erhält.

Wie sehr das Geld, das als Mittel erscheint, die wahre Macht und der einzige Zweck ist – wie sehr überhaupt das Mittel, das mich zum Wesen macht, das mir das fremde gegenständliche Wesen aneignet, Selbstzweck ist ..., das kann man daraus ersehn, wie Grundeigentum, da wo der Boden die Lebensquelle, Pferd und Schwert, da wo sie das wahre Lebensmittel sind – auch als die wahren politischen Lebensmächte anerkannt sind. Im Mittelalter ist ein Stand emanzipiert, sobald er das Schwert tragen darf. Bei nomadischen Bevölkerungen ist das Roß das, was mich zum Freien, zum Teilnehmer am Gemeinwesen macht. –

Wir haben oben gesagt, daß der Mensch zu der Höhlenwohnung etc., aber zu ihr unter einer entfremdeten, feindseligen Gestalt zurückkehrt. Der Wilde in seiner Höhle – diesem unbefangen sich zum Genuß und Schutz darbietenden Naturelement – fühlt sich nicht fremder, oder fühlt sich vielmehr so heimisch, als der Fisch im Wasser. Aber die Kellerwohnung des Armen ist ein feindliches, als „fremde Macht an sich haltende Wohnung, die sich ihm nur hingibt, sofern er seinen Blutschweiß ihr hingibt“, die er nicht als seine Heimat – wo er endlich sagen könnte, hier bin ich zu Hause – betrachten darf, wo er sich vielmehr in dem Haus eines andern, in einem fremden Hause, befindet, der täglich auf der Lauer steht und ihn hinauswirft, wenn er nicht die Miete zahlt. Ebenso weiß er der Qualität nach seine Wohnung im Gegensatz zur jenseitigen, im Himmel des Reichtums, residierenden menschlichen Wohnung.

Die Entfremdung erscheint sowohl darin, daß mein Lebensmittel eines andern ist, daß das, was mein Wunsch, der unzugängliche Besitz eines andern ist, als daß jede Sache selbst ein andres als sie selbst, als daß meine Tätigkeit ein andres, als endlich – und das gilt auch für den Kapitalisten – daß überhaupt die unmenschliche Macht her[rscht] [3*].

<555>Die Bestimmung des sich nur zum Genuß preisgebenden, untätigen und verschwendenden Reichtums – worin der Genießende zwar einerseits sich als ein nur vergängliches, wesenlos sich austobendes Individuum betätigt, und ebenso die fremde Sklavenarbeit, den menschlichen Blutschweiß als die Beute seiner Begierde und darum den Menschen selbst, also auch sich selbst als ein aufgeopfertes, nichtiges Wesen weiß, wobei die Menschenverachtung als Übermut, als ein Wegwerfen dessen, was hundert menschliche Leben fristen kann, teils als die infame Illusion erscheint, daß seine zügellose Verschwendung und haltlose, improduktive Konsumtion die Arbeit und damit die Subsistenz des andren bedingt – der die Verwirklichung der menschlichen Wesenskräfte nur als Verwirklichung seines Unwesens, seiner Laune und willkürlich bizarren Einfälle weiß – dieser Reichtum, der aber andrerseits den Reichtum als ein bloßes Mittel und nur der Vernichtung wertes Ding weiß, der also zugleich sein Sklave und sein Herr, zugleich großmütig und niederträchtig, launenhaft, dünkelhaft, eingebildet, fein, gebildet, geistreich ist – dieser Reichtum hat noch nicht den Reichtum als eine gänzlich fremde Macht über sich selbst erfahren; er sieht in ihm vielmehr nur seine eigne Macht, und [nicht] [4*] der Reichtum, sondern der Genuß [ist ihm letzter] [5*] Endzweck. Dieser [...] [6*] ||XXI| und der glänzenden, durch den sinnlichen Schein geblendeten Illusion über das Wesen des Reichtums tritt der arbeitende, nüchterne, prosaische, ökonomischie [7*] über das Wesen des Reichtums aufgeklärte Industrielle gegenüber – und wie er seiner Genußsucht einen größeren Umkreis verschafft, ihm schöne Schmeicheleien in seinen Produktionen sagt – seine Produkte sind ebensoviel niedrige Komplimente an die Gelüste des Verschwenders –, so weiß er die jenem verschwindende Macht auf die einzig nützliche Weise sich selbst anzueignen. Wenn sonach der industrielle Reichtum zunächst als Resultat des verschwenderischen, phantastischen Reichtums erscheint – so verdrängt die Bewegung des erstern auch auf tätige Weise, durch ihm eigne Bewegung den letztern. Das Fallen des Geldzinses ist nämlich eine notwendige Konsequenz und Resultat der industriellen Bewegung. Die Mittel des verschwenderischen Rentiers vermindern sich also täglich grade in umgekehrtem Verhältnis zur Vermehrung der Mittel und Fallstricke des Genusses. Er muß also entweder sein Kapital selbst verzehren, also zugrunde gehn oder selbst zum industriellen Kapitalisten werden... Andrerseits steigt zwar die Grundrente unmittelbar beständig durch den Lauf der industriellen Bewegung, aber – <556>wir haben es schon gesehn – es kömmt notwendig ein Zeitpunkt, wo das Grundeigentum in die Kategorie des mit Gewinn sich reproduzierenden Kapitals, wie jedes andre Eigentum, fallen muß – und zwar ist dies das Resultat derselben industriellen Bewegung. Also muß auch der verschwenderische Grundherr entweder sein Kapital verzehren, also zugrunde gehn – oder selbst der Pächter seines eignen Grundstücks – ackerbauender Industrieller werden. – Die Verminderung des Geldzinses – welche Proudhon als die Aufhebung des Kapitals und als Tendenz nach der Sozialisierung des Kapitals betrachtet – ist daher vielmehr unmittelbar nur ein Symptom von dem vollständigen Sieg des arbeitenden Kapitals über den verschwenderischen Reichtum, d.h. die Verwandlung alles Privateigentums in industrielles Kapital – der vollständige Sieg des Privateigentums über alle dem Schein nach noch menschlichen Qualitäten desselben und die völlige Unterjochung des Privateigentümers unter das Wesen des Privateigentums – die Arbeit. Allerdings genießt auch der industrielle Kapitalist. Er kehrt keineswegs zur unnatürlichen Einfachheit des Bedürfnisses zurück, aber sein Genuß ist nur Nebensache, Erholung, untergeordnet der Produktion, dabei berechneter, also selbst ökonomischer Genuß, denn er schlägt seinen Genuß zu den Kosten des Kapitals, und sein Genuß darf ihm daher nur soviel kosten, daß das an ihm Verschwendete durch die Reproduktion des Kapitals mit Gewinn wieder ersetzt wird. Der Genuß ist also unter das Kapital, das genießende Individuum unter das kapitalisierende subsumiert, während früher das Gegenteil stattfand. Die Abnehmung der Zinsen ist daher nur insofern ein Symptom der Aufhebung des Kapitals, als sie ein Symptom seiner sich vollendenden Herrschaft, der sich vollendenden und daher ihrer Aufhebung zueilenden Entfremdung ist. Dies ist überhaupt die einzige Weise, wie das Bestehende sein Gegenteil bestätigt. –> Der Zank der Nationalökonomen über Luxus und Ersparung ist daher nur der Zank der über das Wesen des Reichtums ins klare gekommenen Nationalökonomie mit derjenigen, die noch mit romantischen, antiindustriellen Erinnerungen behaftet ist. Beide Teile wissen sich aber den Gegenstand des Streits nicht auf seinen einfachen Ausdruck zu bringen und werden daher nicht miteinander fertig. –|XXI|| [26]

 

||XXXIV| Die Grundrente wurde ferner qua Grundrente gestürzt – indem von der neuern Nationalökonomie im Gegensatz zu dem Argument der Physiokraten, der Grundeigentümer sei der einzig wahre Produzent, vielmehr bewiesen wurde, daß der Grundeigentümer als solcher vielmehr der einzige ganz improduktive Rentier sei. Die Agrikultur sei Sache des Kapi-<557>talisten, der seinem Kapital diese Anwendung gebe, wenn er von ihr den gewöhnlichen Gewinn zu erwarten habe. Die Aufstellung der Physiokraten – daß das Grundeigentum als das einzig produktive Eigentum allein die Staatssteuer zu zahlen, also auch allein sie zu bewilligen und teil an dem Staatswesen zu nehmen habe – verkehrt sich daher in die umgekehrte Bestimmung, daß die Steuer auf Grundrente die einzige Steuer auf ein improduktives Einkommen sei, daher die einzige Steuer, welche der nationalen Produktion nicht schädlich sei. Es versteht sich, daß, so gefaßt, auch das politische Vorrecht der Grundeigentümer nicht mehr aus ihrer hauptsächlichen Besteuerung folgt. –

Alles, was Proudhon als Bewegung der Arbeit gegen das Kapital faßt, ist nur die Bewegung der Arbeit in der Bestimmung des Kapitals, des industriellen Kapitals gegen das nicht als Kapital, d.h. nicht industriell sich konsumierende Kapital. Und diese Bewegung geht ihren siegreichen Weg, d.h. den Weg des Sieges des industriellen Kapitals. – Man sieht also, daß erst, indem die Arbeit als Wesen des Privateigentums gefaßt wird, auch die nationalökonomische Bewegung als solche in ihrer wirklichen Bestimmtheit durchschaut werden kann. –

Die Gesellschaft – wie sie für den Nationalökonomen erscheint – ist die bürgerliche Gesellschaft, worin jedes Individuum ein Ganzes von Bedürfnissen ist und es nur ||XXXV| für den andern, wie der andre nur für es da ist, insofern sie sich wechselseitig zum Mittel werden. Der Nationalökonom – so gut, wie die Politik in ihren Menschenrechten – reduziert alles auf den Menschen, d.h. auf das Individuum, von welchem er alle Bestimmtheit abstreift, um es als Kapitalist oder Arbeiter zu fixieren. – Die Teilung der Arbeit ist der nationalökonomische Ausdruck von der Gesellschaftlichkeit der Arbeit innerhalb der Entfremdung. Oder, da die Arbeit nur ein Ausdruck der menschlichen Tätigkeit innerhalb der Entäußerung, der Lebensäußerung als Lebensentäußerung ist, so ist auch die Teilung der Arbeit nichts andres als das entfremdete, entäußerte Setzen der menschlichen Tätigkeit als einer realen Gattungstätigkeit oder als Tätigkeit des Menschen als Gattungswesen.

Über das Wesen der Teilung der Arbeit – welche natürlich als ein Hauptmotor der Produktion des Reichtums gefaßt werden mußte, sobald die Arbeit als das Wesen des Privateigentums erkannt war – d.h., über diese entfremdete und entäußerte Gestalt der menschlichen Tätigkeit als Gattungstätigkeit sind die Nationalökonomen sehr unklar und sich widersprechend.

Adam Smith: „Die Teilung der Arbeit verdankt nicht der menschlichen Weisheit ihren Ursprung. Sie ist die notwendige, langsame und stufenweise Konsequenz des Hangs zum Austausch und des wechselseitigen Verschacherns der Produkte. Dieser <558>Hang zum Handel ist wahrscheinlich eine notwendige Folge des Gebrauchs der Vernunft und des Wortes. Er ist allen Menschen gemeinschaftlich, findet sich bei keinem Tier. Das Tier, sobald es erwachsen ist, lebt auf seine Faust. Der Mensch hat beständig die Unterstützung von andern nötig, und vergeblich würde er sie bloß von ihrem Wohlwollen erwarten. Es wird viel sicherer sein, sich an ihr persönliches Interesse zu wenden und sie zu Überreden, ihr eigner Vorteil erheische das zu tun, was er von ihnen wünscht. Wir adressieren uns bei andern Menschen nicht an ihre Menschheit [8*], sondern an ihren Egoismus [9*] wir sprechen ihnen niemals von unsern Bedürfnissen [10*], sondern immer von ihrem Vorteil [11*]. – Da wir also durch Tausch, Handel, Schacher die Mehrzahl der guten Dienste, die uns wechselseitig nötig sind, erhalten, so ist es diese Disposition zum Schacher, welche der Teilung der Arbeit ihren Ursprung gegeben hat. Z.B. In einem Tribus von Jägern oder Hirten macht ein Privatmann Bogen und Sehnen mit mehr Geschwindigkeit und Geschicklichkeit als ein andrer. Er vertauscht oft mit seinen Genossen diese Arten von Tagwerk gegen Vieh und Wild, er bemerkt bald, daß er letzteres durch dieses Mittel sich leichter verschaffen kann, als wenn er selbst auf die Jagd ginge. Aus interessierter Berechnung macht er also aus der Fabrikation der Bogen etc. seine Hauptbeschäftigung. Die Differenz der natürlichen Talente [12*] unter den Individuen ist nicht sowohl die Ursache [13*] als der Effekt [14*] der Teilung der Arbeit ... Ohne die Disposition des Menschen, zu handeln und tauschen, wäre jeder verpflichtet gewesen, sich selbst alle Notwendigkeiten und Bequemlichkeiten des Lebens zu verschaffen. Jeder hätte dasselbe Tagewerk [15*] zu erfüllen gehabt, und jene große Differenz [16*] der Beschäftigungen [17*], welche allein eine große Differenz der Talente erzeugen kann, hätte nicht stattgefunden. – Wie nun dieser Hang zum Tauschen die Verschiedenheit der Talente erzeugt unter den Menschen, so ist es auch derselbe Hang, der diese Verschiedenheit nützlich macht. – Viele Tierracen, obgleich von derselben species, haben von der Natur unterschiedene Charaktere erhalten, die in bezug auf ihre Anlagen augenfälliger sind, als man bei den ungebildeten Menschen beobachten könnte. Von Natur ist ein Philosoph nicht halb so verschieden von einem Sackträger an Talent und Intelligenz als ein Haushund von einem Windhund, ein Windhund von einem Wachtelhund und dieser von einem Schäferhund. Dennoch sind diese verschiednen Tierracen, obgleich von derselben species, fast von gar keiner Nützlichkeit füreinander. Der Hofhund kann den Vorteilen seiner Stärke ||XXXVI| nichts hinzufügen dadurch, daß er sich etwa der Leichtigkeit des Windhundes etc. bediente. Die Wirkungen dieser verschiednen Talente oder Stufen der Intelligenz können, aus Mangel der Fähigkeit oder des Hangs zum Handel und Austausch, nicht zusammen, in Gemeinschaft, geworfen werden und können durchaus nicht zum Vorteil oder zur gemeinschaftlichen Bequemlichkeit [18*] der species [19*] beitragen ... Jedes Tier muß sich selbst unterhalten und beschützen, unabhängig von den andern – es kann nicht den geringsten Nutzen von der Verschiedenheit der Talente ziehn, welche die Natur unter seinesgleichen verteilt hat. Unter den Menschen dagegen sind die disparatesten Talente einander nützlich, weil die verschiednen Produkte [20*] jeder ihrer respektiven Industriezweige, vermittelst <559>dieses allgemeinen Hangs zum Handel und Austausch, sich sozusagen in eine gemeinschaftliche Masse geworfen finden, wo jeder Mensch nach seinen Bedürfnissen kaufen gehn kann irgendeinen Teil des Produkts der Industrie des andern. – Weil dieser Hang zum Austausch der Teilung der Arbeit ihren Ursprung gibt, so ist folglich das Wachstum dieser Teilung [21*] immer beschränkt durch die Ausdehnung [22*] der Fähigkeit auszutauschen [23*] oder, in andern Worten, durch die Ausdehnung [24*] des [25*] Marktes. Ist der Markt sehr klein, so wird niemand ermutigt sein, sich gänzlich einer einzigen Beschäftigung zu ergeben, aus Mangel, das Mehr des Produkts seiner Arbeit, welches seine eigne Konsumtion übersteigt, gegen ein gleiches Mehr des Produkts der Arbeit eines andern, das er sich zu verschaffen wünschte, austauschen zu können ...“ Im fortgeschrittnen [26*] Zustand: „Jeder Mensch besteht von échanges, vom Austausch und wird eine Art von Handelsmann [27*], und die Gesellschaft selbst [28*] ist eigentlich eine handelstreibende [29*] Gesellschaft.“ (Sieh Destutt de Tracy: „Die Gesellschaft ist eine Reihe von wechselseitigem Austausch, in dem Commerce liegt des ganze Wesen der Gesellschaft.“ [27]) „ ... Die Akkumulation der Kapitalien steigt mit der Teilung der Arbeit und wechselseitig.“ –

Soweit Adam Smith [28].

„Wenn jede Familie die Totalität der Gegenstände ihrer Konsumtion erzeugte, könnte die Gesellschaft in Gang bleiben, obgleich sich keine Art von Austausch bewerkstelligte – ohne fundamental [30*] zu sein, ist der Austausch unentbehrlich in dem avancierten Zustand unsrer Gesellschaft – die Teilung der Arbeit ist eine geschickte Anwendung der Kräfte des Menschen – sie vermehrt also die Produkte der Gesellschaft, ihre Macht und ihre Genüsse, aber sie beraubt, vermindert die Fähigkeit jedes Menschen individuell genommen. – Die Produktion kann ohne den Austausch nicht stattfinden.“ –

So J.B.Say [29].

„Die dem Menschen inhärenten Kräfte sind: seine Intelligenz und seine physische Anlage zur Arbeit; diejenigen, welche von dem gesellschaftlichen Zustand ihren Ursprung ableiten, bestehn: in der Fähigkeit, die Arbeit zu teilen [31*] und die verschiednen Arbeiten unter die verschiednen Menschen auszuteilen [32*] ... und in dem Vermögen, die wechselseitigen Dienste [33*] auszutauschen und die Produkte, welche diese Mittel konstituieren ... Das Motiv, warum ein Mensch dem andern seine Dienste widmet, ist der Eigennutz – der Mensch verlangt eine Rekompens für die einem andern geleisteten Dienste. – Das Recht des exklusiven Privateigentums ist unentbehrlich, damit sich der Austausch unter den Menschen etabliere.“ „Austausch und Teilung der Arbeit bedingen sich wechselseitig.“

So Skarbek [30].

Mill stellt den entwickelten Austausch, den Handel, als Folge der Teilung der Arbeit dar.

„Die Tätigkeit des Menschen kann auf sehr einfache Elemente reduziert werden. Er kann in Wahrheit nichts mehr tun, als Bewegung produzieren; er kann die Sachen <560>bewegen, um sie voneinander zu ent- ||XXXVII| fernen oder einander zu nähern; die Eigenschaften der Materie tun das übrige. Bei der Anwendung der Arbeit und der Maschinen endet man oft, daß die Wirkungen durch eine geschickte Verteilung vermehrt werden können, durch Trennung der Operationen, die sich entgegenstehn, und durch Vereinigung aller derjenigen, welche auf irgendeine Weise sich wechselseitig fördern können. Da im allgemeinen die Menschen nicht viele verschiedne Operationen mit gleicher Geschwindigkeit und Geschicklichkeit exekutieren können, wie die Gewohnheit ihnen diese Fähigkeit für die Ausübung einer kleinem Zahl verschafft – so ist es immer vorteilhaft, soviel als möglich die Zahl der jedem Individuum anvertrauten Operationen zu beschränken. – Zur Teilung der Arbeit und Verteilung der Kräfte des Menschen und der Maschinen auf die vorteilhafteste Art ist es notwendig in einer Menge von Fällen, auf einer großen Stufenleiter zu operieren oder, in andren Worten, die Reichtümer in großen Massen zu produzieren. Dieser Vorteil ist der Entstehungsgrund der großen Manufakturen, von denen oft eine kleine, unter günstigen Verhältnissen gegründete Anzahl manchmal nicht nur ein einziges, sondern mehre Länder approvisioniert mit der hier verlangten Quantität von den durch sie produzierten Objekten.“

So Mill [31].

Die ganze moderne Nationalökonomie aber stimmt darin überein, daß Teilung der Arbeit und Reichtum der Produktion, Teilung der Arbeit und Akkumulation des Kapitals sich wechselseitig bedingen, wie daß des freigelaßne, sich selbst überlaßne Privateigentum allein die nützlichste und umfassendste Teilung der Arbeit hervorbringen kann.

Adam Smiths Entwicklung läßt sich dahin resümieren: Die Teilung der Arbeit gibt der Arbeit die unendliche Produktionsfähigkeit. Sie ist begründet in dem Hang zum Austausch und Schacher, einem spezifisch menschlichen Hang, der wahrscheinlich nicht zufällig, sondern durch den Gebrauch der Vernunft und der Sprache bedingt ist. Das Motiv des Austauschenden ist nicht die Menschheit, sondern der Egoismus. Die Verschiedenartigkeit der menschlichen Talente ist mehr die Wirkung als die Ursache der Teilung der Arbeit, i.e. des Austauschs. Auch macht letzteren erst diese Verschiedenheit nützlich. Die besondren Eigenschaften der verschiedenen Racen einer Tierart sind von Natur schärfer als die Verschiedenheit menschlicher Anlage und Tätigkeit. Weil die Tiere aber nicht auszutauschen vermögen, nützt keinem Tierindividuum die unterschiedne Eigenschaft eines Tiers von derselben Art, aber von verschiedner Race. Die Tiere vermögen nicht die unterschiednen Eigenschaften ihrer species zusammenzulegen; sie vermögen nichts zum gemeinschaftlichen Vorteil und Bequemlichkeit ihrer species beizutragen. Anders der Mensch, wo die disparatesten Talente und Tätigkeitsweisen sich wechselseitig nützen, weil <561>sie ihre verschiednen Produkte zusammenwerfen können in eine gemeinschaftliche Masse, wovon jeder kaufen kann. Wie die Teilung der Arbeit aus dem Hang des Austauschs entspringt, so wächst sie und ist begrenzt durch die Ausdehnung des Austauschs, des Marktes. Im fortgeschrittnen Zustand jeder Mensch Handelsmann, die Gesellschaft eine Handelsgesellschaft.

Say betrachtet den Austausch als zufällig und nicht fundamental. Die Gesellschaft könnte ohne ihn bestehn. Er wird unentbehrlich im avancierten Zustand der Gesellschaft. Dennoch kann die Produktion ohne ihn nicht stattfinden. Die Teilung der Arbeit ist ein bequemes, nützliches Mittel, eine geschickte Anwendung der menschlichen Kräfte für den gesellschaftlichen Reichtum, aber sie vermindert die Fähigkeit jedes Menschen individuell genommen. Die letztere Bemerkung ist ein Fortschritt von Say.

Skarbek unterscheidet die individuellen, dem Menschen inhärenten Kräfte, Intelligenz und physische Disposition zur Arbeit, von den von der Gesellschaft hergeleiteten Kräften, Austausch und Teilung der Arbeit, die sich wechselseitig bedingen. Aber die notwendige Voraussetzung des Austausches ist des Privateigentum. Skarbek drückt hier unter objektiver Form aus, was Smith, Say, Ricaudo etc. sagen, wenn sie den Egoismus, das Privatinteresse als Grund des Austausches oder den Schacher als die wesentliche und adäquate Form des Austausches bezeichnen.

Mill stellt den Handel als Folge der Teilung der Arbeit dar. Die menschliche Tätigkeit reduziert sich ihm auf eine mechanische Bewegung. Teilung der Arbeit und Anwendung von Maschinen befördern den Reichtum der Produktion. Man muß jedem Menschen einen möglichst kleinen Kreis von Operationen anvertrauen. Ihrerseits bedingen Teilung der Arbeit und Anwendung von Maschinen die Produktion des Reichtums in Masse, also Konzentrierung der Produk[tion] [34*]. Dies der Grund der großen Manufakturen.

||XXXVIII| Die Betrachtung der Teilung der Arbeit und des Austausches sind von höchstem Interesse, weil sie die sinnfällig entäußerten Ausdrücke der menschlichen Tätigkeit und Wesenskraft als einer gattungsmäßigen Tätigkeit und Wesenskraft sind.

Daß die Teilung der Arbeit und der Austausch auf dem Privateigentum beruhn, ist nichts anders als die Behauptung, daß die Arbeit das Wesen des Privateigentums ist, eine Behauptung, die der Nationalökonom nicht beweisen kann und die wir für ihn beweisen wollen. Eben darin, daß Teilung <562>der Arbeit und Austausch Gestaltungen des Privateigentums sind, eben darin liegt der doppelte Beweis, sowohl daß des menschliche Leben zu seiner Verwirklichung des Privateigentums bedurfte wie andrerseits, daß es jetzt der Aufhebung des Privateigentums bedarf.

Teilung der Arbeit und Austausch sind die beiden Erscheinungen, bei denen der Nationalökonom auf die Gesellschaftlichkeit seiner Wissenschaft pocht und den Widerspruch seiner Wissenschaft, die Begründung der Gesellschaft durch des ungesellschaftliche Sonderinteresse in einem Atemzug bewußtlos ausspricht.

Die Momente, die wir zu betrachten haben, sind: Einmal wird der Hang des Austauschs – dessen Grund im Egoismus gefunden wird – als Grund oder Wechselwirkung der Teilung der Arbeit betrachtet. Say betrachtet den Austausch als nicht fundamental für des Wesen der Gesellschaft. Der Reichtum, die Produktion wird durch die Teilung der Arbeit und den Austausch erklärt. Die Verarmung und Entwesung der individuellen Tätigkeit durch die Teilung der Arbeit wird zugestanden. Austausch und Teilung der Arbeit werden als Produzenten der großen Verschiedenheit der menschlichen Talente anerkannt, eine Verschiedenheit, welche durch ersteren auch wieder nützlich wird. Skarbek teilt die Produktions- oder produktiven Wesenskräfte des Menschen in 2 Teile, 1. die individuellen und ihm inhärenten, seine Intelligenz und spezielle Arbeitsdisposition oder Fähigkeit, 2. die von der Gesellschaft – nicht vorn wirklichen Individuum – abgeleiteten, die Teilung der Arbeit und den Austausch. – Ferner: Die Teilung der Arbeit ist durch den Markt beschränkt. – Die menschliche Arbeit ist einfache mechanische Bewegung; die Hauptsache tun die materiellen Eigenschaften der Gegenstände. – Einem Individuum müssen wenigst mögliche Operationen zugeteilt werden. – Spaltung der Arbeit und Konzentrierung des Kapitals, die Nichtigkeit der individuellen Produktion und die Produktion des Reichtums in Masse. – Verstand des freien Privateigentums in der Teilung der Arbeit. |XXXVIII|| [32]

 

 

Redaktionelle Fußnoten

1*. „fichtst“ in der Handschrift nicht eindeutig zu entziffern

2*. Von dieser Manuskriptseite ist ein Stuck abgerissen

3*. Manuskript beschädigt

4*. Manuskript beschädigt

5*. Manuskript beschädigt

6*. von dieser Manuskriptseite ist ein Stück abgerissen; es fehlen etwa drei Zeilen

7*.ökonomische“ steht in der Handschrift über „prosaische

8*. Hervorhebung von Marx

9*. Hervorhebung von Marx

10*. Hervorhebung von Marx

11*. Hervorhebung von Marx

12*. Hervorhebung von Marx

13*. Hervorhebung von Marx

14*. Hervorhebung von Marx

15*. Hervorhebung von Marx

16*. Hervorhebung von Marx

17*. Hervorhebung von Marx

18*. Hervorhebung von Marx

19*. Hervorhebung von Marx

20*. Hervorhebung von Marx

21*. Hervorhebung von Marx

22*. Hervorhebung von Marx

23*. Hervorhebung von Marx

24*. Hervorhebung von Marx

25*. Hervorhebung von Marx

26*. Hervorhebung von Marx

27*. Hervorhebung von Marx

28*. Hervorhebung von Marx

29*. Hervorhebung von Marx

30*. Hervorhebung von Marx

31*. Hervorhebung von Marx

32*. Hervorhebung von Marx

33*. Hervorhebung von Marx

34*. „Produk[tion]“ in der Handschrift nicht eindeutig zu entziffern

 

 

Anmerkungen

24. Siehe James Mill Élémens d’économie politique ..., Paris 1823, p.59. Es heißt dort: „Il suffirait peut-être que le blâme public pesât de toute sa force sur les hommes qui, par leur imprévoyance, et en se créant une nombreuse famille, sont tombés dans la pauvreté et la dépendance, et que l’approbation publique devint la récompense de ceux qui par une sage réserve se sont garantis de la misère et de la dégradation“ (Es würde vielleicht hinreichen, daß der öffentliche blâme (Tadel) mit all seiner Kraft auf die Menschen fiele, die durch ihre Unvorsichtigkeit und durch Erschaffung einer zahlreichen Familie in Armut und Abhängigkeit verfallen sind und daß die öffentliche Approbation die Belohnung derer wird. die durch eine weise Zurückhaltung sich vor dem Elend und der Degradation garantiert haben. [Nach der Übersetzung von Marx in seinem Exzerpt „James Mill. Élémens d’économie politique. Traduits par J.T. Parisot. Paris 1823“; siehe Marx-Engels-Gesamtausgabe, Erste Abteilung, Band 3, Berlin 1932, S.523-524]).

25. Hier folgt die Fortsetzung der Auseinandersetzung mit der Hegelschen Dialektik und Philosophie überhaupt (S.XVII-XVIII), die nach dem Hinweis von Marx (siehe oben in der Vorrede) im Schlußkapitel wiedergegeben wird (siehe unten).

26. Hier beginnt der letzte Teil der Auseinandersetzung mit der Hegelschen Dialektik und Philosophie überhaupt (S.XXIII-XXXIV), der nach dem Hinweis von Marx (siehe oben in der Vorrede) im Schlußkapitel wiedergegeben wird (siehe unten).

27. Destutt de Tracy, Élémens d’idéologie. IVe et Ve parties. Traité de la volonté et de ses effets, Paris 1826, p.68 und 78.

28. Adam Smith, Recherches sur la nature et les causes de la richesse des nations, Paris 1802, t.I (1.I, chap. II-IV), p.29-46.

29. Jean-Baptiste Say, Traité d’économie politique ..., 3me éd., Paris 1817, t.I, p.300, 76-77 und t.II, p.6.

30. Frédéric Skarbek, Théorie des richesses sociales, Paris 1829, t.I, p.25-27, 75. Der letzte Satz des Zitats ist eine Zusammenfassung der von Skarbek auf den Seiten 121-132 seines Buches entwickelten Gedanken.

31. James Mill, Élémens d’économie politique ..., Paris 1823, p.7 und 11-12.

32. Hier beginnt im Manuskript der Text der Vorrede (S.XXXIX-XL), der der gesamten Arbeit voran gestellt wurde (siehe oben).

 


Zuletzt aktualisiert am 1.9.2001