Paul Mattick


Die Traumfabrik: Chronik des Films von Ilja Ehrenburg

(19. Juni 1932)


Aus: Der Freidenker (New Ulm), 19. Juni 1932, S. 14.
Transkription/HTML-Markierung: Thomas Schmidt für das Marxists’ Internet Archive.



Die Traumfabrik: Chronik des Films von Ilja Ehrenburg (Malik-Verlag, Berlin W, 50-Passauerstr. 3.--Kartoniert: 8,20Mk. Leinen: 4,80Mk.)



Wieder, wie in seinem letzten Roman (Die heiligsten Güter) zeigt Ehrenburg, daß die Ideen einer Zeit stets den Interessen der herrschenden Klasse dieser Zeit angepaßt sind. Die Traumfabrik ist ein Teil der riesigen kapitalistischen Verdummungsmaschinerie, die für die Profitinteressen oder in anderen Worten die „heiligsten Güter“ zu arbeiten hat. Der kapitalistische Mensch rettet sich aus dem Stumpfsinn der Realität in das Reich der am laufenden Band erzeugten Träume. Hier werden die „Seelen“ spezialisiert und die Gefahren der Ideologischen Entwicklung gehemmt, Der herrlich servierte Stumpfsinn hat zwei Dinge auf einmal zu erzeugen: Dollars und die Voraussetzungen zu immer mehr Dollars.

Der Arbeiter bezahlt nicht nur, er reproduziert auch immer wieder selbst den wirklichen und geistigen Zustand, in dem er stets der Blechende bleibt. Die Ausbeutungsmethoden der Filmbranche werden zur Abschreckung der „Filmverlorenen“ genügend beleuchtet und die Besitzer der Traummanufaktur „menschlich“ erfaßt. Natürlich so wie Ehrenburg sie sich denkt, so wie er sie sah. Das interessiert uns weniger ist aber derartig flott geschrieben mit einem Unterton von Zynismus, daß man es mit Vergnügen lesen kann. Das letzte Kapitel: Kinovorstellung in Ewigkeit, gibt dem Buch eine wundervolle Abschiedsschwingung und entwickelt selbst Träume, die mit den in den Kinohäusern servierten, konkurrieren werden. Vielleicht sogar genügend Skepsis entwickeln, die den Genießern imaginärer Existenzen so sehr fehlt. Denn, noch ist der Film, wie der Umschlag von Ehrenburgs Buch: golden — prächtig und leere Fläche. — Jedem Kinoenthusiast sei dieses Buch empfohlen.


Zuletzt aktualisiert am 7.6.2009