Leo Trotzki

 

Europa und Amerika


Anhang 7

Aus dem Vorwort des Buches
Fünf Jahre Komintern

(22. Mai 1924)


Aus: Fünf Jahre Komintern, 1. Aufl., II, S.XVIII.


Es ist schwer, vorauszusagen, wie lange die gegenwärtige opportunistische Periode noch anhalten wird. Es ist jedenfalls ausgeschlossen, dass das bürgerliche Europa imstande ist, das wirtschaftliche Gleichgewicht sowohl im eigenen Lande, als auch mit Amerika, herzustellen. Im Bereich des Reparationsproblems wird allerdings ein Versuch gemacht, eine Basis für eine opportunistische Lösung zu finden. Die Regierungsübernahme durch den Linksblock in Frankreich unterstützt diesen Versuch. Aber der grundlegende Widerspruch des Problems bleibt der folgende: Deutschland muss, um zahlen zu können, exportieren; um viel zahlen zu können, muss Deutschland viel exportieren; die deutsche Ausfuhr aber – bedroht die englische und französische. Um die Möglichkeit eines siegreichen Kampfes auf dem europäischen, äußerst eingeschränkten Markte zurückzugewinnen, muss die deutsche Bourgeoisie gigantische innere Schwierigkeiten überwinden, was unvermeidlich eine neue Verschärfung des Klassenkampfes herbeiführen wird. Andererseits lasten auch auf Frankreich ungeheure Schulden, und Frankreich hat noch nicht einmal begonnen, sie abzutragen. Um zu zahlen, muss Frankreich seinen Export vergrößern, d.h. die Schwierigkeiten Englands auf dem Gebiete des Außenhandels verschärfen. England selbst hat kaum 75% seiner Vorkriegsausfuhr erreicht. Angesichts der grundlegenden wirtschaftlichen, politischen und militärischen Probleme zeigt die opportunistische Regierung Macdonalds sogar eine noch größere Unfähigkeit, als zu erwarten gewesen war. Es braucht nicht gesagt zu werden, dass auch die Regierung des Linksblocks in Frankreich nichts Besseres leisten wird. Die aussichtslose Lage Europas, die gegenwärtig noch mit internationalen und inneren „Verständigungsaktionen“ maskiert wird, wird wieder in ihrem revolutionären Wesen in Erscheinung treten.

 


Zuletzt aktualisiert am 21.7.2008