Leo Trotzki

 

Ein Aktionsprogramm für Frankreich

 

1. Faschismus und Krieg drohen!

An alle Arbeiter Frankreichs!

Angeführt von der Großbourgeoisie geht Frankreich im Zerfallsprozess der kapitalistischen Welt unter. In den herrschenden Kreisen der Gesellschaft, in allen Institutionen des Regimes häufen sich Skandale, breitet sich der korrumpierende Einfluss der Reichen aus.

Wachsende Arbeitslosigkeit bei den Arbeitern; Ruin bei den kleinen Bauern; für alle Ausgebeuteten wächst das Elend.

Der sterbende Kapitalismus ist bankrott. Und die herrschende Klasse hat nur einen einzigen Plan, um zu versuchen, aus dem historischen Bankrott herauszukommen: noch mehr Elend für die arbeitenden Massen! Unterdrückung aller Reformen, sogar der läppischsten! Unterdrückung des demokratischen Regimes!

In der ganzen Welt wird die eiserne Ferse des Faschismus die letzte Zuflucht des verzweifelten Kapitalismus.

Der Imperialismus, dem durch die Russische Oktoberrevolution 1917 eine Todesstoß versetzt worden war, konnte seine Herrschaft über die Gesellschaft aufgrund der Niederlage der proletarischen Parteien in den zwei Perioden der Nachkriegsepoche: dem allgemeinen Verrat der Sozialdemokratie und der diesen Niederlagen folgenden Entartung der Kommunistischen Internationale aufrechterhalten. Die Niederlage der Deutschen Revolution 1923, der chinesischen Revolution 1927 und des deutschen und österreichischen Proletariats 1933 und ’34 kennzeichnen die entscheidenden Momente, in denen es dem Kapitalismus gelang, sich zu stabilisieren.

Jedoch dienten diese widerruflichen vorläufigen Siege, (die erreicht wurden, ohne dass sich die frühere herrschende Klasse in Sowjetrussland wieder etablieren konnte) nur dazu, die allgemeine Krise zu verschärfen. Gewaltiger und anarchischer als zuvor stößt der Druck der Monopole auf dem Weltmarkt an die nationalen Grenze und das Prinzip des Privateigentums.

Indem sie aus den Niederlagen des Proletariats auf seinem revolutionären Marsch zum Sozialismus Nutzen zieht, gebraucht die Weltbourgeoisie ihre letzte Zuflucht, den Faschismus, mit dem sie verzweifelte Anstrengungen macht, die organisierte Arbeiterklasse von ihrem Weg zum Sozialismus abzubringen.

Das ist die internationale Situation, die Frankreichs Bourgeoisie zum Faschismus drängt.

Aber Faschismus allein ist noch nicht das letzte Wort des zerfallenden Kapitalismus. Wenn er seinen inneren Feind bekämpft hat, muss jeder Imperialismus nach außen expandieren. Das ist die Quelle eines neuen Weltkriegs. 50 Millionen Menschen kamen im grausamen Leid des letzten Krieges und seiner Folgen um. Im nächsten Krieg werden Arbeiter in der ganzen Welt zu Hunderten von Millionen massakriert werden. Frankreich, dessen Bevölkerung stagniert, wird dem weniger als jedes andere Land entgehen.

Die Arbeiter müssen sich diesen kriminellen Plänen der Bourgeoisie mit aller Macht widersetzen!

 

 

2. Der Plan der französischen Bourgeoisie

Bei dem Versuch, sich aus dem Chaos zu erheben, in das sie das Land gestürzt hat, muss die französische Bourgeoisie zuerst das Geldproblem lösen. Eine Fraktion will das durch Inflation, d.h. Ausgabe von Papiergeld, Entwertung der Löhne, Anhebung der Lebenshaltungskosten, Verarmung der Kleinbourgeoisie, erreichen; eine andere durch Deflation, d.h. Einschränkung auf dem Rücken der Arbeiter (Senkung der Gehälter und Löhne), Ausdehnung der Arbeitslosigkeit, Ruin der kleinen bäuerlichen Produzenten und der Kleinbourgeoisie in den Städten.

Beide alternativen Mittel würden das Elend für die Ausgebeuteten vermehren. Zwischen diesen beiden kapitalistischen Methoden zu wählen, hieße, zwischen zwei Instrumenten zu wählen, mit denen die Ausbeuter sich darauf vorbereiten, die Kehle der Arbeiter durchzuschneiden.

Brutale Deflation ist der erste Schritt im Plan der französischen Bourgeoisie. Die Arbeiter werden der Arbeitslosenunterstützung beraubt; die Sozialversicherung wird in Frage gestellt; die Löhne werden herabgesetzt. Regierungsangestellte sind bereits davon betroffen, die Kleinbauern sind die nächsten.

Dies wird die Bourgeoisie nicht daran hindern, morgen zur anderen Methode der Inflation überzugehen, wenn es ratsam ist. Hitler-Deutschland ist ein Beispiel dafür. Die Ausgebeuteten müssen diesem Plan der Bourgeoisie mit aller Kraft entgegentreten!

Dem Programm der Deflation, dem Abbau ihrer Existenzbedingungen, müssen die Arbeiter ihr eigenes Programm der grundlegenden Umwandlung der sozialen Verhältnisse entgegensetzen durch vollständige „Deflation“ aller Privilegien und Profite der Banden der Oustrics und Stawiskys, die das Land ausbeuten! Das ist der einzige Weg zur Rettung!

 

 

3. Aufhebung des „Geschäftsgeheimnisses“

Um eine für die arbeitenden Massen günstige Lösung zu finden, müssen wir unverzüglich und erbarmungslos die Bilanz des kapitalistischen Bankrotts ziehen, eine Inventur der Einnahmen und Ausgaben aller Klassen, aller sozialen Gruppen, durchführen.

Für die Proletarier, die Ausgebeuteten aller Kategorien, ist das nicht schwierig.

Die Löhne der Arbeiter sind in den kapitalistischen Rechnungsbüchern eingetragen.

Was Ausgaben angeht, so registrieren kleine Geschäftsleute sie Woche für Woche.

Die Einnahmen und Ausgaben der Bauern, Handwerker, kleinen Geschäftsleute, Kleinfunktionäre sind für niemanden eine Geheimnis. Die raubgierigen Banken schätzen die Wachstumsrate des Ruins der Bauern durch Hypotheken ganz präzise! Aber die Kapitalisten, die großen Ausbeuter, hüten eifersüchtig ihre Geheimnisse. Die Trusts, die Monopole, die großen Gesellschaften, die die ganze Produktion des Landes durch direkten Besitz von 9/10 des Landes beherrschen, legen niemals Rechenschaft über ihren Diebstahl ab.

Diese ausbeutende Mafia umgibt sich mit dem heiligen Schleier des Geschäftsgeheimnisses.

Geschäftsgeheimnisse sind nur eine Vorrichtung, um das Leben der Armen zu kontrollieren, indem sie alle Bank-, Industrie- und Handelsgeschäfte der Reichen, der Stawiskys und de Wendels, verschleiern, die sich unter dem Mantel der „allgemeinen Wohlfahrt“ und „nationalen Ökonomie“ verstecken.

Nieder mit den Geschäftsgeheimnissen: Diejenigen, die heute Opfer verlangen, sollen erst mal ihre Rechnungsbücher vorzeigen. So wird ihre Unehrlichkeit enthüllt werden!

 

 

4. Arbeiter- und Bauernkontrolle über Banken, Industrie und Handel

Die bürgerliche Demokratie gewährte den arbeitenden Massen mit der Wahlurne einen Schein politischer Kontrolle über ihre Führer. So lange ihr das keinen Schaden zufügte, ließ die Bourgeoisie eine solche Demokratie zu. Aber sie erlaubte niemals auch nur den Schatten einer Kontrolle über ihre Wirtschaftsführung, über die Grundlage ihrer Ausbeutung, die in Anarchie, Bankrott und Armut der Massen endet.

Der parasitäre Aktionär hat das Recht zu wissen, wie das Geschäft funktioniert, das ihn bereichert. Der Arbeiter, der ausgebeutete Produzent, hat nur zu gehorchen und seinen Mund zu halten; er ist nichts als ein Teil der Maschinerie.

Aber die Arbeiter wollen alle Teile der Maschine kennen. Sie allein können ihr Funktionieren beurteilen. Errichten wir über das kapitalistische beherrschte Management die unerbittliche Kontrolle des arbeitenden Volkes!

Fabrikkomitees, Bauernkomitees, Komitees der kleinen Beamten und der Angestellten könnten sehr leicht, mit der Hilfe aufrichtiger Techniker, Ingenieure und Buchhalter – die gegenüber dem arbeitenden Volk loyal sind –, das Geschäftsgeheimnis der Ausbeuter beseitigen. So müssen wir die öffentliche Kontrolle über Banken, Industrie und Handel errichten.

 

 

5. An die Arbeiter!

In dieser allgemeinen Perspektive kämpft die Kommunistische Liga für folgende Maßnahmen zu Gunsten der Arbeiter:

  1. 40-Stunden-Woche, Lohnerhöhungen.
    Die Arbeiterkontrolle wird beweisen, dass der Stand der Produktivkräfte die Verkürzung des Arbeitstages ermöglicht. Lohnerhöhungen auf Kosten der Magnaten des „Comité des Forges“, des „Comité des Houilleres“, der Finalys, der Schneiders und Stawiskys und zum materiellen und moralischen Vorteil des arbeitenden Volkes.
  2. Wahre soziale Sicherheit und als erstes Arbeitslosenversicherung. Mindestens einen Monat Urlaub jährlich.
    Rente ab dem 50. Lebensjahr, von der man leben kann.
  3. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Abschaffung der Über-Ausbeutung der Frauen, jungen Leute, Ausländer und Arbeiter aus den Kolonien.
  4. Gleicher Lohn und gleiche Rechte für die arbeitenden Frauen wie für die arbeitenden Männer. Mutterschutz mit zusätzlicher Freistellung von der Arbeit.
  5. Die gleichen Löhne für die Jugendlichen wie für die Erwachsenen. Ausdehnung von Studium und Lehre auf Kosten der Allgemeinheit. Besondere hygienische Maßnahmen.
  6. Verhinderung jeder Sondergesetzgebung für ausländische und koloniale Arbeiter.

 

 

6. Nationalisierung der Banken, Schlüsselindustrien, Versicherungs- und Transportunternehmen

Gegenwärtig sind es die Banken, die die ganze Wirtschaft des Landes leiten und tatsächlich kontrollieren. Aber wenn sich das arbeitende Volk der Banken bemächtigt und mit diesem Mittel anfängt, Industrie, Transport und Handel zu führen, könnte der allgemeine Lebensstandard sofort angehoben werden.

Die Nationalisierung der Banken, großen Industrie, Transport- und Versicherungsgesellschaften ist die unabdingbare Voraussetzung für eine Wirtschaft, die auf das Wohlergehen der großen arbeitenden Massen, des ganzen Volkes gerichtet ist.

Diese Nationalisierung darf keine Entschädigung für die großen Kapitalisten zulassen, die sich selbst durch Ausbluten der Proletarier Jahr für Jahr bereichert haben und die nur Elend und wirtschaftliche Anarchie anbieten konnten.

Die Nationalisierung der großen Produktions- und Austauschmittel bedeutet auf keinen Fall die Vernichtung der kleinen Bauern, Handels- und Handwerksunternehmen. Im Gegenteil, es sind die großen privilegierten Monopole, die die kleinen Unternehmer erdrosseln.

Den kleinen Unternehmern muss die Freiheit gelassen werden, und dann könnten die Arbeiter, nachdem sie die großen Unternehmen nationalisiert haben, ihnen zur Hilfe kommen. Eine geplante Wirtschaft, die auf dem ungeheuren Reichtum, den die Banken, Trusts, Aktiengesellschaften usw. angesammelt haben, fußt, würde die Erstellung eines Plans der Produktion und Verteilung erlauben, der den Kleinproduzenten direkte Aufträge des Staates, Rohmaterial und Kredite unter ganz günstigen Bedingungen anbietet. So würden die Bauern landwirtschaftliche Maschinen und Dünger zu niedrigen Preisen erhalten.

Nationalisierung durch die Arbeiter bedeutet Zerstörung der großen Privatmonopole, Unterstützung der Kleinunternehmen, Neuverteilung von Produkten zum Wohl der großen Masse der Produzenten.

 

 

7. Das Außenhandelsmonopol

Der gesamte Außenhandel muss durch die Hände des Staates gehen. So würde der Handel nicht länger von Privatmonopolen kontrolliert, die Importe und Exporte ohne Rücksicht auf die Interessen der Verbraucher regeln. Den großen Massen entstünden durch diese Einmischung zwischen nationaler Produktion und Weltmarkt unschätzbare Vorteile. So würde der Staat, unter der Herrschaft der Arbeiter, den gesamten Außenhandel zum Wohle der Gemeinschaft wirklich kontrollieren.

 

 

8. Das Bündnis der Arbeiter und Bauern

Die Bauernschaft macht fast die Hälfte der französischen Bevölkerung aus. Der proletarische Staat muss in gleicher Weise von den ausgebeuteten Bauern getragen werden wie von den Arbeitern in Stadt und Land. Unser Programm beantwortet die Bedürfnisse der großen ländlichen Massen genauso wie jene der Arbeiterklasse.

Wir bestätigen, dass die Kollektivierung der Landwirtschaft wie der Industrie, als höhere Form des Fortschritts, unser Endziel ist. Aber das Proletariat kann den Bauern dieses Ziel nicht aufzwingen. Es kann nur die Entwicklung auf dieses Ziel hin erleichtern. Das Proletariat kann nur Vorschläge in dieser Richtung machen, die dann durch die gemeinsame Erfahrung der beiden in gleicher Weise von den kapitalistischen Ausbeutern unterdrückten Klassen vervollständigt, berichtigt, und verbreitert werden. Als erstes müssen wir den Bauern eine reale Chance geben, ihr eigenes Schicksal zu bestimmen, über den Gebrauch ihrer Kräfte und ihres Besitzes zu entscheiden, ihre bevorzugten Methoden der Landwirtschaft zum Ausdruck zu bringen, aufgrund ihres eigenen Urteils den Augenblick zu wählen, in dem sie von der privaten zur kollektiven Wirtschaft übergehen.

Die ländliche Bevölkerung ist bei weitem nicht homogen. Die herrschende Klasse und die ihr unterwürfigen Professoren verheimlichen sorgfältig die Tatsache, dass eine kleine Minderheit einen großen Teil des Landbesitzes monopolisiert hat und in ihren Händen die besten landwirtschaftlichen Produktionsmittel (Maschinen, Traktoren, Vieh usw.), ganz abgesehen von den Kreditquellen, konzentriert hat.

Wir schlagen einen Kampf für die Verwirklichung folgender Maßnahmen vor:

  1. Gleiche Rechte für die Landarbeiter wie für jene in den Städten. Allgemeine Gesetze in Bezug auf die Arbeitsverträge, den Arbeitstag und den wöchentlichen Ruhetag, soziale Sicherheit (einschließlich Arbeitslosenversicherung). Die Arbeitsgesetzgebung muss in ihrer Gesamtheit auf die Landarbeiter angewandt werden.
  2. Enteignung der großen Besitztümer, Güter und Modellfarmen zu Gunsten kollektiver und kooperativer Formen und Kleinbauernlandwirtschaft.
  3. Abschaffung der Landpächter-Sklaverei. Überprüfung der laufenden Pachten durch Komitees bäuerlicher Arbeiter, gewählt von den Bezirken.
  4. Revision der Pfandgüter. Moratorium. Stoppt alle Prozesse und Verfallsdaten.

 

 

9. Sozialleistungen für alle

Die großen Einrichtungen des Staates (Postämter, Zoll, Erziehungswesen usw.), die mehrere Millionen Arbeiter ausbeuten, arbeiten zum Wohle des Kapitalismus. Die jüngsten Skandale haben die Korruption gezeigt, die unter den höheren Funktionären herrscht.

Die kleinen Regierungsangestellten werden von den korrupten und käuflichen Beamten ausgebeutet, die ihr Amt dazu benutzen, dass die besitzende Klasse die Arbeiter noch mehr ausquetschen kann.

Wir müssen reinen Tisch machen. In Zusammenarbeit mit allen Ausgebeuteten werden die Komitees und Zusammenschlüsse der kleinen Regierungsangestellten die notwendigen Veränderungen vornehmen, um wahre soziale Dienstleistungen einzurichten, die durch und für die arbeitenden Massen funktionieren.

 

 

10. Auflösung der Polizei, politische Rechte für Soldaten

Die Regierung nötigt den Armen, den Ausgebeuteten, dem Volk aller Stände, Billionen Francs ab, um ihre Polizei, ihre Mobilgarden und ihre Armee auszubauen und zu bewaffnen – mit einem Wort, nicht nur zur Vorbereitung des Bürgerkrieges, sondern auch eines imperialistischen Kriegs. Junge Arbeiter, die zu Hunderten und Tausenden für die bewaffnete Streitkräfte zu Land und See mobilisiert sind, sind aller Rechte beraubt.

Wir fordern die Entlassung aller reaktionären und faschistischen Offiziere und Unteroffiziere, Instrumente des Staatsstreichs. Auf der anderen Seite müssen die Arbeiter unter Waffen all ihre politischen Rechte zurückerhalten und sollten in Soldatenkomitees vertreten sein, die in besonderen Versammlungen gewählt werden. So werden sie mit der großen Masse der Arbeiter eng verbunden bleiben und werden ihre Kräfte mit dem gegen Reaktion und Faschismus organisierten und bewaffneten Volk vereinen.

Alle Polizei-Vollstrecker des kapitalistischen Willens, des bürgerlichen Staates und ihre Cliquen korrupter Politiker müssen entlassen werden. Ausübung polizeilicher Pflichten durch die Arbeitermiliz. Abschaffung der Klassengerichtshöfe, Wahl der Richter, Ausdehnung der Schwurgerichte auf alle Verbrechen und Vergehen; das Volk selbst wird Recht sprechen.

 

 

11. Recht auf Selbstbestimmung der Nationen bis hin zum Recht auf Abtrennung

Der räuberische Vertrag von Versailles ist nicht nur für die Arbeiter ganz Europas eine Quelle grausamer Übel, sondern auch für jene des „siegreichen“ Landes Frankreich. Er ermöglichte es der Bourgeoisie, Elsass-Lothringen auch nur ohne eine Volksabstimmung, wie sie es für das Saargebiet forderte, zu annektieren. Die Verteidigung der internationalen Beziehungen, wie sie aus diesem Vertrag hervorgehen, führt heute zum Krieg.

Die französische Bourgeoisie unterdrückt nicht nur indirekt einen ganzen Teil Europas, sondern verwüstet und vernichtet riesige Kolonien. Für alle Völker, die von den großen französischen Kapitalisten – von den de Wendels und Michelins, den Pariser Banken und anderen – unterdrückt werden, für das Volk von Elsass- Lothringen genauso wie für das Volk von Indochina, Marokko und Madagaskar, fordern wir das Recht auf Selbstbestimmung bis hin und einschließlich des Rechts auf Abtrennung, sofern sie darauf bestehen.

Die arbeitenden Massen in diesem Land haben kein Interesse daran, die französischen Banken bei der Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft über andere Völker zu unterstützen. Im Gegenteil, indem sie Verbündete und Helfer für ihren eigenen Kampf gewinnen, unterstützen die Arbeiter den Befreiungskampf der Völker.

 

 

12. Gegen den Krieg, für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!

Um die Gesellschaft zu verändern und aus dem Chaos herauszuholen, müssen wir sie als erstes vor dem Krieg retten, in den sie die Bourgeoisie erneut stürzen würde.

Gegen die Bewegungen des deutschen Faschismus haben die französischen Kapitalisten eine Blockpolitik angefangen. Diese bezieht sich auf Staaten, die dem verbrecherischen Vertrag von Versailles treu ergeben sind. Frankreich benutzt den Völkerbund, die Versammlung der raubgierigen Bourgeoisie. um seine Handlungen mit dem Schleier des Pazifismus zu bedecken, während es die Last der vernichtenden Kosten des Rüstungswettlaufs auf das arbeitende Volk ablädt.

Und die „Defensiv“-Lüge von der „Sicherheit“ ermöglicht es chauvinistischem Wahnsinn, sein Werk zu verrichten und das Land in die ungeheuren Massaker von morgen zu treiben.

Die Proletarier, Bauern, Händler, Handwerker und Regierungsangestellten können diese Zukunft nur dadurch abwenden, dass sie überall ihre Kontrollorgane errichten, die Geheimdiplomatie demaskieren, sich mit allen Mitteln den Kriegsvorbereitungen widersetzen, dass sie die Herrschaft den Imperialisten aus den Händen reißen.

Nur der Sieg der revolutionären Arbeiter Frankreichs kann jede Möglichkeit eines imperialistischen Krieges ausmerzen und die versklavten Völker Europas und der Kolonien aufwecken. Abkommen und Verträge würden dann zu Staub; die einzig mögliche Lösung, die bereits 1919 gesehen wurde, lautete dann: Die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa.

Gegen die imperialistischen Blockpolitik, gegen die pazifistische Lüge des Völkerbundes, gegen die Geheimdiplomatie des Krieges und den Irrsinn der Aufrüstung! Überall auf dem alten europäischen Kontinent – geteilt. militarisiert, blutbefleckt, bedroht von der totalen Zerstörung durch einen neuen Krieg erheben wir das einzige Banner der Befreiung, das Banner der Arbeiter- und Bauernregierung der Vereinigten Staaten von Europa, des brüderlichen Bundes der Sowjetstaaten!

 

 

13. Für die Verteidigung der Sowjetunion

Für jeden Proletarier ist der erste Schritt in diese Richtung die bedingungslose Verteidigung der Sowjetunion, wo die Oktoberrevolution von 1917 das große Fundament für die erste Erfahrung der proletarischen Diktatur auf der Basis der Abschaffung des Privateigentums der großen Kapitalisten legte.

Der Kampf gegen die Sowjetunion bleibt weiter das grundlegende Ziel der imperialistischen Weltreaktion.

Die Arbeiter Frankreichs werden für die Verteidigung der Sowjetunion kämpfen, indem sie die „pazifistischen“ Pläne der Bourgeoisie entlarven. Abkommen und Verträge werden das sowjetische Proletariat nicht wirksam verteidigen, sondern nur der revolutionäre Kampf für den Sturz der Bourgeoisie in den anderen Ländern wird es können.

Die Vereinigung der Sozialistischen Republiken Frankreichs und Russlands wird die internationale proletarische Solidarität verbreitern. Kompromisse mit Barthou, Tardieu, Herriot und ihren imperialistischen Banden werden es nicht.

Nur diese großen Maßnahmen können die Massen vor Elend retten und sie zum Sozialismus führen. Von heute an müssen alle Arbeiter mit aller Kraft für ihre Durchsetzung kämpfen.

Überdies können diese Maßnahmen nicht durch eine einzelne Aktion, nicht durch die Aktivität der einen oder anderen Gruppe voll umgesetzt werden. Das kann nur durch die Staatsmacht geschehen, die Wirtschaft, Politik und Kultur des ganzen Landes steuert. In wessen Händen ist das Steuer? Das ist die ganze Frage!

 

 

14. Nieder mit dem bürgerlichen „autoritären“ Staat! Für die Arbeiter- und Bauernmacht

Die Bourgeoisie beginnt gegenwärtig, ihren Plan zur Umwandlung der Staatsgewalt durchzuführen, mit dem sie den Widerstand der Arbeiter ein für allemal brechen will: Abbau der Rechte der gewählten demokratischen Institutionen (Parlament und Gemeinden) und sogar völlige Unterdrückung dieser Rechte, wo sich der proletarische Druck wenn auch vermittelt niederschlägt.

Die Bourgeoisie versucht, die Vollstreckungsgewalt in den Händen weniger Männer zu konzentrieren, die ihre Entscheidungen mit den Mitteln des Verwaltungs-, Militär- und Polizeiapparates durchdrücken, was brutal, unkontrolliert und teuer ist.

Der bürgerliche Plan eines „autoritären“ Staates, der gegen die Ausgebeuteten gerichtet ist, muss von den arbeitenden Massen unbarmherzig angegriffen werden.

Nur wenn die arbeitenden Massen ihre Zukunft in ihre eigenen Hände nehmen, können und werden sie – vereint in einer mächtigen revolutionären Zuversicht – energisch und eisern die notwendige starke Macht schaffen, um die Gesellschaft von der kapitalistischen Oligarchie zu retten, die sie korrumpiert und in Ruin führt.

Die Aufgabe besteht darin, den kapitalistischen Staat, der für den Profit der großen Ausbeuter funktioniert, durch den proletarischen Staat der Arbeiter und Bauern zu ersetzen. Die Aufgabe besteht darin, in diesem Lande die Herrschaft des arbeitenden Volkes zu errichten. Wir erklären allen Leuten gegenüber, dass es sich nicht um zweitrangige „Veränderungen“ handelt, sondern dass die Herrschaft einer kleinen Minderheit der Bourgeoisklasse durch die Führung und Macht der riesigen Mehrheit des arbeitenden Volkes ersetzt werden muss.

Hierfür ist das Bündnis der Bauern und Arbeiter notwendig. Die Reaktion versucht, die Bauern mit dem Gespenst einer proletarischen Diktatur zu erschrecken, wo die Arbeiter die Bauern unterjochen. In Wahrheit kann der proletarische Staat solange nicht geschaffen werden, wie das Proletariat von der Bauernschaft isoliert ist.

Das Beispiel der Oktoberrevolution, Sowjetrusslands, hilft uns. Dennoch haben wir es in Frankreich einfacher als unsere russischen Brüder und können einige ihrer Fehler vermeiden. Frankreichs Wirtschaft ist höher entwickelt, und wir beabsichtigen den aktuellen Bedingungen unseres Landes entsprechend zu handeln. Auf der Grundlage eines klaren und präzisen Programms und einer guten Verständigung zwischen dem Proletariat und den ausgebeuteten Bauern kann die Diktatur des Proletariats errichtet werden.

Die Bauernschaft ist zerstreut. Das ist einer der Gründe für ihre politische Ohnmacht, trotz ihrer großen Zahl und Bedeutung in der Produktion. Die Bauern können nur zur Macht gelangen, wenn sie mit den Arbeitern gegen die Bourgeoisie gemeinsame Sache machen.

 

 

15. Der Kampf für die Arbeiter- und Bauernkommune

Das Bündnis der Bauernschaft mit den Arbeitern wird nur dann zustande kommen, wenn die arbeitende Klasse ihre Stärke, ihre entschiedene Initiative und ihre Fähigkeit zeigt, dieses Programm zu verwirklichen. Dies ist der Grund, weshalb wir vorrangig Bedingungen für die Einheit in der Aktion schaffen müssen.

Die Arbeitereinheitsfront der Parteien und Gewerkschaften, die ohne Ausnahme alle Kräfte des arbeitenden Volkes vereint, muss organisiert werden.

Ein nationales Komitee der Arbeitereinheitsfront, regionale und lokale Komitees sollten organisiert werden. Schaffung von Betriebskomitees gewählt von den Arbeitern.

Der Impuls, der von diesen vereinigten Arbeiterkomitees ausgeht, ihre Autorität unter den Massen, wird das arbeitende Volk auf dem Lande anregen, sich selbst in Bauernkomitees zu organisieren.

Im Kampf gegen Faschismus, Reaktion und Krieg akzeptiert das Proletariat die Hilfe kleinbürgerlicher Gruppen (Pazifisten, Liga für die Menschenrechte, die gemeinsame Front usw.), aber solche Bündnisse können nur von zweitrangiger Bedeutung sein. Als erstes besteht die Aufgabe darin, in den Fabriken und in der Umgebung der industriellen Zentren die Aktionseinheit der Arbeiterklasse selbst sicherzustellen. Das Bündnis der bedeutenden Arbeiterorganisationen (Kommunistische Partei, Sozialistische Partei, CGT, CGTU, Kommunistische Liga) wird aber keinen revolutionären Wert haben, solange es nicht auf die Schaffung von

  1. Kampfkomitees, die die Massen repräsentieren (Vorformen von Sowjets);
  2. Arbeitermiliz in ständiger Aktionseinheit, wenn auch von den verschiedenen Organisationen und Parteien organisiert, gerichtet ist.

Um den Kampf sowohl der Arbeiter als auch der Bauern zu stärken, sollten die Arbeiterkomitees eine enge Zusammenarbeit mit den Bauernkomitees einrichten. Als Organe der Volksverteidigung gegen den Faschismus errichtet müssen diese verbündeten Arbeiter- und Bauernkomitees im Verlauf des Kampfes direkt von den Massen gewählte Organismen werden, zu Machtorganen der Arbeiter und Bauern. Auf dieser Grundlage wird die proletarische Macht im Gegensatz zur kapitalistischen Macht errichtet, und die Arbeiter- und Bauernkommune wird triumphieren.

 

 

16. Für eine einheitliche Versammlung

Wir sind feste Partisanen eines Arbeiter- und Bauernstaates, der den Ausbeutern die Macht wegnehmen wird. Es ist unser erstes Ziel, die Mehrheit der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten für dieses Programm zu gewinnen.

Solange die Mehrheit der Arbeiterklasse auf der Grundlage der bürgerlichen Demokratie verbleibt, sind wir bereit, diese mit all unseren Mitteln gegen die heftigen Angriffe der bonapartistischen und faschistischen Bourgeoisie zu verteidigen.

Dennoch verlangen wir von unseren Klassenbrüdern, die dem „demokratischen“ Sozialismus anhängen, dass sie ihren Ideen treu bleiben, dass sie ihre Eingebung nicht aus den Ideen und Methoden der Dritten Republik ziehen, sondern aus der Verfassung von 1793.

Nieder mit dem Senat, der durch beschränktes Wahlrecht zustande kam und der die Macht des allgemeinen Wahlrechts zu einer bloßen Illusion macht! Nieder mit der Präsidentenschaft der Republik, die als Versteck für die konzentrierten Kräfte von Militarismus und Reaktion dient! Eine einzige Versammlung muss die legislative und die exekutive Gewalt verbinden. Die Mitglieder sollen für zwei Jahre durch allgemeines Stimmrecht ab 18 Jahren, ohne Diskriminierung von Geschlecht oder Nationalität, gewählt werden. Die Abgeordneten sollen auf der Basis örtlicher Versammlungen gewählt werden, jederzeit durch ihre Wähler abberufbar sein und das Gehalt eines Facharbeiters erhalten.

Dies ist die einzige Maßnahme, die die Massen voranbringen würde anstatt sie zurückzuwerfen. Eine freigiebigere Demokratie würde den Kampf für die Arbeitermacht erleichtern.

Falls die Partei des „demokratischen“ Sozialismus, von der wir durch unversöhnliche Differenzen in Lehre und Methode getrennt sind, im Laufe des unausweichlichen Kampfes gegen den Feind das Vertrauen der Mehrheit gewinnen sollte, sind wir und werden wir immer bereit sind, eine SFIO-Regierung gegen die Bourgeoisie zu verteidigen.

Wir wollen unser Ziel nicht durch bewaffnete Konflikte zwischen den verschiedenen Arbeitergruppen erreichen, sondern durch wahre Arbeiterdemokratie, durch Propaganda und loyale Kritik, durch freiwillige Umgruppierung der großen Mehrheit des Proletariats unter die Fahne des wahren Kommunismus.

Arbeiter, die dem demokratischen Sozialismus anhängen, müssen weiterhin verstehen, dass die Verteidigung der Demokratie nicht genügt; die Demokratie muss wiedergewonnen werden. Die Verschiebung des Schwerpunkts der politischen Entscheidung aus dem Parlament ins Kabinett, aus dem Kabinett in die Oligarchie des Finanzkapitals, der Generale und Polizei ist eine anerkannte Tatsache. Weder das gegenwärtige Parlament noch die neuen Wahlen können das ändern. Wir können die erbärmlichen Überreste der Demokratie nur dann verteidigen und insbesondere können wir die demokratische Arena für die Aktivität der Massen nur erweitern, wenn wir die bewaffneten faschistischen Kräfte vernichten, die am 6. Februar 1934 damit anfingen, die Achse des Staates zu verschieben und es weiterhin tun.

 

 

17. Die Bourgeoisie wird niemals freiwillig aufgeben

Die Bourgeoisie wird niemals aus eigenem Willen Maßnahmen zustimmen, die die Gesellschaft aus dem Chaos ziehen können. Sie will all ihre Privilegien beibehalten, und zu ihrem Schutz fängt sie an, faschistische Banden einzusetzen.

Unsere Losung lautet nicht: Entwaffnung der faschistischen Banden des Finanzkapitals durch die Polizei eben desselben Finanzkapitals. Wir weigern uns, die kriminelle Illusion zu verbreiten, dass eine kapitalistische Regierung tatsächlich zur Entwaffnung kapitalistischer Banden schreiten kann. Die Ausgebeuteten müssen sich selbst gegen die Kapitalisten verteidigen.

Bewaffnung des Proletariats, Bewaffnung der armen Bauern!

Antifaschistische Volksmiliz!

Die Ausbeuter, die nichts als eine winzige Minderheit sind, werden vor der Entfesselung eines Bürgerkriegs zurückprallen; die faschistischen und reaktionären Banden werden ihre Kühnheit nur dann verlieren, wenn die Arbeiter bewaffnet sind und die Massen führen.

Nur wenn die Arbeiter auf diese Art und Weise verfahren, wird der größere Teil der Soldaten und Matrosen – Kinder des arbeitenden Volkes, denen unsere Propaganda unaufhörlich ihre Herkunft und ihre Klassenpflichten ins Gedächtnis rufen muss – für die Sache der Arbeiter gewonnen werden können und sich gegen die reaktionären und faschistischen Offiziere, die sie gegen ihre eigene Klasse benutzen würden, auf die Seite der arbeitenden Massen schlagen.

Die Aufgabe ist ungeheuer, aber es ist der einzige Weg zur Rettung! Die Kommunistische Liga zeigt den Weg.

Die Gesellschaft, die nur durch eure Arbeit existieren kann, verrottet, weil die herrschende Bourgeoisie kein einziges ihrer abscheulichen Privilegien aufgeben will. Um sie zu behalten, rüstet die Bourgeoisie faschistische Banden, die eure Existenz bedrohen.

Am 12. Februar zeigtet ihr eure Macht und euren Entschluss, euch nicht dieser Gewalt zu unterwerfen. Aber an jenem Tag betrogen Euch eure Führer; sie gaben keine konkrete Parole aus, keine ernsthafte Perspektive für euren Kampf. Um Eure Stärke zu gewinnen, um Euer Lebensrecht zu verteidigen, um nicht mehr für die Bereicherung einer Minderheit schamloser Ausbeuter zu arbeiten – bereitet eure Revolution vor, schließt Euch den Aktionen der Kommunistischen Liga an!

 


Zuletzt aktualiziert am 21.7.2008