Bismarck u. Lassalle: Briefwechsel

 

Lassalle an Bismarck

(Original)

 

Berlin, 17. November 63.
Potsdamerstr. 13.

Ew. Excellenz

erlaube ich mir hierbei, sie Ihrer Kenntnisnahme dringend empfehlend, folgende Aktenstücke mitzuteilen:

  1. die gedruckte Beschwerde an Herrn von Bernuth vom 3. November (– über Herrn von Schelling, vgl. daselbst die Note zu p.5 –) welche genau artikulierte und durchaus beweisfähige Fakta enthält.
  2. Abschrift meiner fernern Beschwerde an denselben vom 15. November, die zugleich zeigt, wie wenig von demselben meiner obwohl durchaus begründeten Beschwerde A. entsprochen worden ist.
  3. meinen heutigen Brief an Herrn von Bernuth, welcher zeigt, wie die Polizisten in einem fort in der ungesetzlichsten Weise fortfahren, gegen meinen Verein zu wühlen, so daß der Wirt aus Angst vor der Polizei mir das kontraktlich vermietete Lokal auf Sonntag weigert und ich vielleicht in der Lage sein werde, dasselbe am Sonntag gewaltsam öffnen lassen zu müssen, um mein gutes Recht zu behaupten, falls Herr von Bernuth dem Wunsche meines heutigen Briefes nicht entspricht.

Alle meine bisher an Herrn von Bernuth gerichteten Beschwerden haben nicht im geringsten die Wirkung hervorbringen können, daß derselbe seine Leute in Ordnung hält.

Da meine Anträge wegen ihrer strengen geschlichen Begründung schwer abzulehnen sind, bin ich sogar noch [1] ohne alle Antwort von ihm!

Ich muß für nächsten Sonntag – wo ich von meiner Krankheit wieder hergestellt sein und den Vortrag jedenfalls halten werde – dringend an meinem Antrag festhalten,

daß etwa 5 Polizisten streng [1] angewiesen werden. niemand ohne Eintrittskarte in den Saal zu lassen,

als auch

erforderlichen Falls auf meine Requisition etwaige Tumultuanten polizeilich zu entfernen. [2]

Die strenge gesetzliche Begründung beider Anträge ist in den Beschwerden A. und B. ausgeführt.

Wegen der Vorkehrungen, die ich selbst zu ergreifen habe, wäre es mir sehr nötig noch vor Sonntag zu erfahren [3], ob die Behörde meinem gesetzlichen Rechte nachgeben und die beiden verlangten Anordnungen treffen wird.

Eben so wäre es sehr wünschenswert, wenn Herr von Bernuth dem Brief C. entsprechen wollte. Er ist hierzu nicht gesetzlich verpflichtet, wohl aber hätte er die moralische Verpflichtung, gut zu machen, was seine Leute schlecht gemacht haben, und es wäre doch gewiß im Interesse der öffentlichen Ruhe und Ordnung, wenn ich nicht gezwungen werde, auf meinen schriftlichen Kontrakt fußend mit Waffenhülfe in die von mir gemietete Behausung eindringen zu müssen.

Mit der vorzüglichsten Hochachtung
Ew. Excellenz
ergebenster
F. Lassalle.

 

Anmerkungen

1. Von Lassalle unterstrichen.

2. Von „daß etwa 5 Polizisten“ bis „entfernen“ ist am Rande blau angestrichen.

3. Vom Schreiber schwarz, vom Leser blau, unterstrichen.

 


Zuletzt aktualisiert am 16.10.2004