O. B.

Die Arbeiterbibliothek

Marx’ ökonomische Lehren

(1. März 1908)


Der Kampf, Jahrgang 1 6. Heft, 1 März 1908, S. 288.
Transkription u. HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’ Internet Archive.


Marx’ Lehre vom Wert und Mehrwert ist die Grundlage seines ökonomischen Systems. Zur ersten Einführung in diese Theorie kann auch heute noch der zweite Teil (Seite 19 bis 31) von Sterns Broschüre Der historische Materialismus und die Theorie des Mehrwertes (Preis 36 h) benützt werden, obwohl diese Darstellung einige Ungenauigkeiten enthält. Die Grundbegriffe kennt man nun; man lese jetzt O. W. Payers Mehrarbeit und Mehrwert (Preis 10 h) und sie erhalten Anschaulichkeit und Leben. Nun wird der Leser schon Marx’ Schriftchen Lohnarbeit und Kapital (Preis 30 h) verstehen; die Vorrede, die Friedrich Engels ihr beigegeben, wird ihm die Grundbegriffe des Marxschen Lehrgebäudes völlig klar machen.

Auf die Lehre vom Wert und Mehrwert hat Karl Marx seine Untersuchung der Entwicklungsrichtung der kapitalistischen Gesellschaft aufgebaut. Wir lesen zunächst drei kurze Broschüren, die uns die Wirkungen der kapitalistischen Entwicklung im Gewerbe, im Kleinhandel und in der grossen Industrie kennen lehren, nämlich Teifen, Handwerk und Handwerker in Oesterreich (Preis 20 h), Ad. Braun, Die Warenhäuser und die Mittelstandspolitik (Preis 24 h) und Robert Grimm, Unternehmerkoalitionen, Kartelle und Trusts (Preis 20 h), dazu die von Kautsky verfasste Broschüre Die Vernichtung der Sozialdemokratie durch den Gelehrten des Zentralverbandes deutscher Industrieller (Preis 24 h), die uns die Entwicklung der Betriebsgrössen und den Einfluss des Kapitalismus auf die Lage der Arbeiterklasse erkennen lässt. Nun greifen wir zu zwei grösseren und systematischen Darstellungen der kapitalistischen Entwicklungstendenzen, zu Kautskys Erfurter Programm (Preis K 2,40) und Vanderveldes Entwicklung zum Sozialismus.

Die wichtigsten Tatsachen, die Marx’ Lehre zugrunde liegen, sind uns jetzt bekannt. Nun gilt es, Marx’ Theorie in ihrem systematischen Aufbau kennen zu lernen. Zu diesem Zwecke ist uns Kautskys weitverbreitetes Buch Karl Marx’ ökonomische Lehren (Preis K 2,40) unentbehrlich. Es findet wertvolle Ergänzung in den ökonomischen Kapiteln von Engels’ Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft (Preis 3 K), in Engels’ Lage der arbeitenden Klassen in England (Preis 3 K) und in Kautskys Agrarfrage.

Wer Zeit und Fähigkeit hat, noch weiter zu forschen, wird sich nun an das Studiumvon Marx’ ökonomischem Hauptwerk heranwagen. Er wird zunächst den ersten Band des Kapital (Preis K 10,80) und dazu die Kritik der politischen Oekonomie (Preis 3 K), sodann den dritten Band (Preis 12 K) lesen, der in den Theorien über den Mehrwert (Preis 18 K) seine Ergänzung findet, und das Studium mit dem zweiten Band des Kapital abschliessen (Preis K 9,60), der wohl der kunstvollste Teil des Marxschen Werkes ist, aber auch derjenige, dessen volle Bedeutung nur der geschulte und gereifte Geist zu erfassen vermag.

Nur wer Marx’ eigene Werke, sein ganzes Lehrgebäude kennt, wird sich über die zahlreichen theoretischen Streitfragen, mit denen die Wissenschaft und die Partei sich so lebhaft beschäftigt haben, ein selbständiges und begründetes Urteil bilden können. Die meistverbreiteten, wenn auch nicht die tiefstgehenden Einwände gegen Marx’ Oekonomie sind in Eduard Bernsteins Schriften zusammengefasst: in den Voraussetzungen des Sozialismus (Preis K 2,40) und in den unter dem Titel Zur Geschichte und Theorie des Sozialismus (Preis K 8,40) gesammelten Artikeln. Die wichtigsten marxistischen Gegenschriften sind Kautsky, Bernstein und das sozialdemokratische Programm (Preis K 2,40), Kautsky, Sozialreform und soziale Revolution (Preis 48 h), Kautsky, Am Tage nach der sozialen Revolution (Preis 36 h), Rosa Luxemburg, Sozialreform oder Revolution. Ueber die Rückwirkungen des theoretischen Streites auf die öffentliche Meinung in der Partei und die Praxis der Partei unterrichten uns die Protokolle des Parteitages der deutschen Sozialdemokratie in Hannover und des Parteitages der österreichischen Sozialdemokratie in Wien 1901 (Preis 50 h).

Zu lebhaftem theoretischen Streit hat auch die Agrarfrage Anlass gegeben. Ueber diese Probleme finden wirreiche Belehrungin Kautskys schon erwähnter Agrarfrage, ferner in Davids Buch Landwirtschaft und Sozia1ismus (Preis K 14,40) und in den Protokollen des Parteitages der deutschen Sozialdemokratie in Breslau (Preis 60 h) und des Grazer Parteitages der deutschen Sozialdemokratie in Oesterreich (Preis 50 h).

Wer die Fortentwicklung der Marxschen Lehre studieren will, muss natürlich die wissenschaftlichen Zeitschriften des Sozialismus lesen. In Deutschland vertritt den Marxismus die von Kautsky redigierte Wochenschrift Die Neue Zeit (Jahresabonnement 13 Mk.), den Standpunkt der Revisionisten die 14tägig erscheinenden Sozialistischen Monatshefte (Jahresabonnement 12 Mk.).

 


Leztztes Update: 6. April 2024