Otto Bauer

Die starke Regierung oder
die starke Demokratie?

(1. Dezember 1909)


Der Kampf, Jg. 3 Heft 3, 1. Dezember 1909, S. 103–107.
Transkription u. HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’ Internet Archive.


Es war im Jahre 1848. Vom brausenden Sturmwind der Revolution erfasst, haben die Völker Oesterreichs an einem Tage das morsche Gebälk des absoluten Staates niedergerissen. Der Völkerfrühling schien gekommen.

Aber die einig gewesen am 13. März, begannen zu hadern, zu eifern am Tage nach der Revolution.

Voll kleinlicher Selbstsucht neidete das Bürgertum der Arbeiterklasse ihren Teil an der Beute des Freiheitskrieges. Feig und missmutig blieben die Bürger daheim, als die Arbeiter im Oktober den letzten Kampf gegen Windischgrätz wagten.

Vom nationalen Hasse verblendet, fielen die unterdrückten Völker den Nationen, die des revolutionären Gedankens Träger waren, tückisch in den Rücken. Die Tschechen konspirierten mit dem Innsbrucker Hofe. Die Ruthenen hielten das revolutionäre Polen im Bann. Die Südslawen führte Jellačič gegen das revolutionäre Ungarn. Sie erkannten nicht, dass das Recht der Nationen nur auf die Demokratie gegründet werden kann.

Die alten Kulturnationen waren nicht fähig und nicht willens, in den aufsteigenden Untertanenvölkern Bundesgenossen zum Kampfe gegen die Reaktion zu werben. Die Deutschen wollten nicht mit den Tschechen, die Polen nicht mit den Ruthenen, die Magyaren nicht mit den Südslawen die Errungenschaften der Revolution teilen. Sie wollten frei sein und waren doch nicht grossherzig genug, die Nachbarvölker zu befreien.

Die Armee der Demokratie war gespalten. Nun schlug die Reaktion ihre entscheidende Schlacht. Wien fiel. Drohend wandte sich die siegreiche Soldateska gegen die erste Volksvertretung Oesterreichs. Da, in letzter Stunde, ermannten sich die Vertreter der Völker; von den Bajonetten der Gegenrevolution schon bedroht, schuf das Kremsierer Parlament einmütig jenen Verfassungsentwurf, der aller Völker Freiheit begründen sollte. Es war zu spät. Die triumphierende Reaktion jagte das Parlament mit Waffengewalt auseinander.

Im nationalen Hader haben wir den rechten Augenblick versäumt. Die Schwäche der Demokratie hat der „starken Regierung“ den Weg gebahnt. Es war die blutbefleckte Regierung der Gegenrevolution.

* * *

Es war im Jahre 1905. Der revolutionäre Massenstreik hatte dem Zaren das Oktobermanifest abgerungen. Da ging mit ehernem Schritt die Revolution auch, durch unsere Strassen. Das allgemeine und gleiche Wahlrecht ward im Sturme erobert. Die Feudalherren wurden aus dem Hause der Abgeordneten mit Schimpf und Schande davongejagt. Bürger und Bauern setzten sich auf die Ministerbank. In der Koalitionsregierung nahm das Bürgertum aller Nationen die Staatsverwaltung selbst in die Hand. Die parlamentarische Regierung, die das Bürgertum Englands in drei Bürgerkriegen, das Bürgertum Frankreichs in drei blutigen Revolutionen errungen, die das Bürgertum Deutschlands vergeblich ersehnt, das Bürgertum Oesterreichs hat sie mühelos bekommen. Und wiederum glaubte die Hoffnung von Millionen den Völkerfrühling gekommen.

Das Oktobermanifest des Zaren ist vergessen, zu inhaltlosem Schattendasein die Duma hinabgesunken. Der Galgen regiert wieder in Russland. Und wiederum schlägt auch zu uns herüber die schmutzige Welle der Gegenrevolution.

Vom ersten Tage seines Lebens an stand das junge Volksparlament einer weitverzweigten Verschwörung gegenüber. Der hohen Bureaukratie war es nicht genehm, dass Bürger und Bauern sich in den Palästen der Ministerien als Herren niederliessen. Die Generalität hasst das Parlament, das wegen einer Soldatenmisshandlung einen Feldzeugmeister davongejagt hat. Die Feudalen zetern über die Korruption und Protektion der Dorfbürgermeister und Genossenschaftsvorsteher, seitdem sie das Monopol auf Korruption und Protektion verloren haben. Die Hochfinanz fürchtet die Volksvertretung, die die Staatseisenbahngesellschaft und das Eisenkartell unsanft angepackt und zur Erhöhung der Verbrauchsabgaben wenig Lust gezeigt hat. Und diese ganze Verschwörung findet ihr mächtiges Werkzeug in der grosskapitalistischen Presse. Ohnmächtig geworden am Tage nach der Wahlreform, ist das Organ der Rothschildgruppe wieder allmächtig geworden, seitdem es Tag für Tag den chauvinistischen Feldruf ausgibt, den die deutschradikalen Schriftleiter und die christlichsozialen Piusvereinsblätter gehorsam übernehmen. Sie können ja nicht weniger „radikal“ und „national“ sein als die verachtete Judenpresse. Herr Moritz Benedikt ist wieder der Führer des deutschen Volkes in Oesterreich.

Die Koalitionsregierung ist in dem völkerreichen Staate die einzige Form, in der das Parlament sich die Verwaltung unterwerfen kann. Koalitionsregierung, parlamentarische Regierung – das ist die Selbstherrschaft der besitzenden Klassen, die wirksamste Methode der Vertretung ihrer Interessen gegen die Staatsmaschinerie wie gegen das Proletariat. In anderen Ländern die höchste Blüte des Parlamentarismus, ist sie hier die einzige Gewähr der Führung und der Arbeitsfähigkeit des durch achtjährigen Obstruktionskampf verwüsteten Parlaments. Wie kam es, dass trotz alledem die Koalition und mit ihr das Parlament von den Tschechen zerstört, ihrer Erneuerung von den Deutschen der erbittertste Widerstand bereitet wurde?

Wiederum wie vor einundsechzig Jahren hat der nationale Hader das Unbegreifliche zur Wirklichkeit gemacht. Unbekümmert um die Macht und Würde des demokratischen Parlaments, unbesorgt um den Hass, den der Frevel an dem Volkshause wecken musste, haben Tschechen und Südslawen um alberner Nichtigkeiten willen das grosse gemeinsame Interesse verraten. Sie wissen noch immer nicht, dass das Recht der Nationen nur auf die Demokratie gegründet werden kann.

Und die Deutschen? Von dem Tage an, an dem sie die Obstruktion im böhmischen Landtag begonnen haben, bis zu der widerlichen Verhandlungskomödie des letzten Monats haben sie immer wieder das Parlament in Frage gestellt, um nur den Tschechen nicht den wesenlosen Schein eines Erfolges zu gönnen. Sie glauben noch immer, dass Tschechen und Südslawen gerade gut genug sind, Steuern zu zahlen und Rekruten zu stellen, dass ihnen aber kein Stück der Herrschaft im gemeinsamen Staate gebührt. Sie wissen noch immer nicht, dass sie selbst nicht frei sein können, ohne den Nachbarvölkern ihre Freiheit zu gönnen.

So hat sich die blutige Tragödie von 1848 in dem parlamentarischen Possenspiel des letzten Jahres wiederholt. Wiederum hat der nationale Hader die Armee der Demokratie gespalten. Wiederum bahnt die Schwäche der Demokratie der „starken Regierung“ den Weg.

* * *

Als die starke Regierung, die die Niederlage der Revolution zur Macht geführt hatte, auf den Schlachtfeldern von Solferino und Königgrätz zusammengebrochen war, ward der Ausgleich von 1867 geschlossen. Die deutsche Bureaukratie und Bourgeoisie sollte diesseits, die magyarische Grundherrenklasse jenseits der Leitha herrschen. Längst hat der Aufstieg der arbeitenden Klassen, die Entwicklung der geschichtslosen Nationen diesen Pakt zerrissen. In den wilden Obstruktionskämpfen von Badeni bis Gautsch war hier, in dem Zusammenbruch des magyarischen Liberalismus unter Stephan Tisza war drüben das Verfassungswerk zertrümmert worden, dessen Grundlagen einst Beust und Deak gelegt hatten.

Da die Krone die Probleme des völkerreichen Reichsgebildes im Bunde mit den Privilegierten nicht zu meistern vermochte, wandte sie sich an die Volksmassen. Sie appellierte durch Kristoffys Wahlreformprojekt in Ungarn an die arbeitenden Klassen und an die unterdrückten Nationen. Sie rief in Oesterreich mit dem gleichen Wahlrecht und der Koalitionsregierung Bürger und Bauern aller Nationen zur Mitherrschaft. Das war der habsburgische Cäsarismus: der Bund der Krone mit der Demokratie.

Dann aber kamen die folgenschweren Ereignisse der auswärtigen Politik: das makedonische Reformprogramm, das Sandschakbahnprojekt, die Entrevue von Reval, die türkische Revolution, die Annexion Bosniens, der Konflikt mit Serbien und Russland. Das ist der österreichische Imperialismus: die „aktive“ Politik nach aussen, der Appell an die Waffengewalt und – was notwendig folgt – neue Steuern, neue Staatsschulden, neue Rüstungen. Nun war von dem Bunde mit der Demokratie keine Rede mehr. In Ungarn erhielt Andrassy die Vorsanktion für sein Pluralwahlrecht, in Oesterreich ward die Regierung Bienerth eingesetzt, die Staatsautorität zu stärken und die rebellischen Tschechen gefügig zu machen. Der Imperialismus hat den Cäsarismus erschlagen.

In Oesterreich hat man es wiederum versucht, eine bureaukratische Regierung auf die alte deutsch-polnische Mehrheit zu stützen. In Ungarn hat man mit Kossuth und Wekerle Frieden geschlossen, die Wahlreform preisgegeben; die magyarische Grundherrenklasse sitzt wieder im Sattel. Das ist die völlige Liquidation der Politik von 1905, die Rückkehr zum System Deak-Beust – eine völlige Wendung in der Stellung der Herrschenden zur Demokratie und zu den nationalen Problemen.

Die ungarische Wahlreform, eben noch das Kampfmittel der Krone, ist zum Feldruf des intransigenten Teiles der Unabhängigkeitspartei geworden. Nicht Habsburg, sondern der Kossuth von heute, der Justh heisst, bietet Ungarns Völkern die Demokratie. Die Werbekraft des demokratischen Gedankens dient heute jenen, die die volle wirtschaftliche Trennung von Oesterreich erstreben. So gerüstet, gehen wir der grossen Entscheidung über die Einheit des Wirtschaftsgebietes entgegen, die das Jahr 1917 bringen muss!

Der imperialistische Vorstoss hat eine Welt von Feinden gegen uns gerüstet. Die Feindschaft gegen Oesterreich eint die italienische Demokratie mit dem Zarismus. Noch sind die Wunden nicht vernarbt, die der japanische Krieg und die Revolution dem russischen Heere geschlagen haben. Aber in wenigen Jahren wird dem Zarismus wieder eine gewaltige Armee zur Verfügung stehen. Was dann?

Oesterreichs Völker haben sich ein Parlament geschaffen. Aber das Parlament wird nicht gefragt, wenn der neue Pakt mit der magyarischen Herrenklasse die ganze Zukunft unserer Volkswirtschaft gefährdet. Oesterreichs Parlament bleibt stumm, wenn die auswärtige Politik des Grafen Aehrenthal uns den furchtbarsten Gefahren entgegenführt. Die bürgerlichen Parteien streiten indessen um die berühmten „Schutzgesetze“, die ohne Not das Selbstverständliche sagen, dass – alles beim alten bleiben soll! Der nationale Hader hat wieder sein Werk vollbracht. Ohne uns wird über uns entschieden.

Nicht dass uns die „starke Regierung“ fehlt, ist unsere Sorge. Die Schwäche der vom Nationalitätenstreit zersetzten und zerrissenen Demokratie ist das Verhängnis Oesterreichs.

* * *

Aber die Schwäche der Demokratie ist nicht immer die Stärke der Herrschenden. Die heute sich so hochmütig gebärden, werden bald wieder sehr bescheiden sein.

Der Staat braucht Steuern und Anleihen – die deutsch-polnische Fünfstimmenmehrheit wird keinen Finanzplan beschliessen können. Die verfehmte Koalition wird dann wieder eine Staatsnotwendigkeit sein.

Der nationale Chauvinismus zieht immer wieder den grössten Teil der Bevölkerung in seinen Bann. Aber auch diesem Rausche folgt der Katzenjammer. Immer wieder kommt die Zeit, in der die Völker, des fruchtlosen Haders müde, von nichts hören wollen als von der Teuerung, von der Konjunktur, von Handelsverträgen und Reformgesetzen.

Die sich wie Rasende befehden, setzen sich sehr bald wieder an einen Tisch.

Und drüben? Wien schliesst mit der magyarischen Grundherrenklasse Frieden; den Getreideexporteuren war es ja mit der magyarischen Staatsidee nie sehr ernst und die Furcht vor der Wahlreform hat die herrschgewohnte Klasse schnell gefügig gemacht. Aber abseits steht die Masse der kleinen Gentry, der Intellektuellen, der Berufspolitiker, der Kleinbürger. Sie meinen es mit dem Kampf gegen „Wien“ bitterernst: der Kleinbürger, der in seinen hoffnungslosen Nöten überall einen Sündenbock sucht, hat ihn dort in der „Wiener Kamarilla“ gefunden, wie anderwärts im Juden oder im Pfaffen. Und abseits steht die grosse Masse der Nationalitäten, deren Aufstieg sich langsam, aber unaufhaltsam vollzieht: sie werden zu Justh gedrängt, da Wien ihre Hoffnung getäuscht hat. Und ihnen allen, die im Kampf gegen die Feudalen stehen, stärkt das Drängen des ungarischen Proletariats die Kraft. Die Zeit wird wiederkehren, in der die Herrschenden sich hüben wie drüben Kampfgenossen gegen die magyarischen Trennungsgelüste suchen müssen.

In allen Ländern hat das Bürgertum gerade in solchen Situationen seine Macht dauernd gegründet. Wenn die Herrschenden neue Steuerquellen erschliessen wollen, wenn sie die Hilfe der Volksmassen in einer schweren Reichskrise anrufen, dann ist der Augenblick günstig, die Volksrechte für alle Zeiten gegen jeden Angriff zu sichern. Bei uns? Was wissen die Chiari und Kramář von Volksrechten! Was den einen nationales Recht, gilt ja immer den anderen als Unrecht. Da sie das Kleinste, was uns trennt, aufbauschen, fehlt ihnen zum Grossen, das unser aller Interesse ist, die Kraft.

So windet sich dieser Staat durch die entgegengesetztesten Regierungsformen hoffnungslos durch: bald die parlamentarische Koalition, die, durch den nationalen Gegensatz im Innern geschwächt, die bürgerliche Herrschaft niemals dauernd zu festigen vermag, bald wieder der offene Kampf der Nationen, der das Parlament ausschaltet, bis die Regierung wieder seiner bedarf und sich um die parlamentarische „Rekonstruktion“ bemühen muss – und so fort! Wir dürfen nicht an der Demokratie verzweifeln, nach der „starken Regierung“ rufen, wenn das Parlament sich gerade wieder ausschaltet; wir dürfen aber auch nicht der innerlich schwachen Koalition schöpferische Wunderkraft zumuten, wenn wieder einmal die bittere Not die Herrschenden zwingt, die Volksvertretung um ihre Mitwirkung anzubetteln.

Und dennoch wird dieses Auf und Nieder, dieses Schwanken zwischen Koalition und Obstruktion nicht endlos weitergehen! Die Not des Staates, die grosse Daseinsfrage des Reiches, die Stürme, deren drohende Vorzeichen auf Europas umwölktem Himmel längst sichtbar geworden sind, werden auch diesen Staat zwingen, sein Haus zu bestellen. Und historische Notwendigkeiten haben noch stets ihre Werkzeuge gefunden – selbst in Oesterreich, worüber ja das Jahr 1905 die Zweifelnden belehrt haben könnte. Werden die Völker Oesterreichs zur rechten Stunde selbst das schöpferische Werk vollbringen? Oder werden sie wiederum wie im Jahre 1849 sich erst ermannen, wenn es zu spät geworden ist? Das ist die Schicksalsfrage der österreichischen Demokratie – das wahre „Problem der starken Regierung“.

* * *

Der Arbeiterklasse Oesterreichs bringt diese Erkenntnis wichtige Lehren.

Im zähen Kampf haben unsere Gewerkschaften dem Unternehmertum eine Machtposition nach der anderen abgerungen. Von einem kleinen Teilerfolg zum anderen fortschreitend, hat sich die Arbeiterklasse Schritt für Schritt höheren Lohn, kürzere Arbeitszeit, würdigere Behandlung erkämpft. Die Massen meinten nun, auch im Staate könnten sie, von einer Machtposition zur anderen, von einem Reformgesetz zum anderen fortschreitend, in gleichmässig aufsteigender Linie sich emporarbeiten, wenn nur das Hemmnis des Privilegienwahlrechts beseitigt würde. Diese Vorstellung eines allmählichen friedlichen Aufstieges der Arbeiterklasse, die in anderen Ländern als die Wurzel des Reformismus oder Revisionismus bekannt ist, musste in Oesterreich die Massen beherrschen, solange nur das Privilegienwahlrecht ihnen den Weg zur Macht zu versperren schien. Jetzt erst, da das Privilegienwahlrecht gefallen ist, erfahren die Massen auch hier, dass der Weg der Arbeiterklasse nicht in gleichmässig aufsteigender Linie, sondern in einer Wellenlinie über hohe Berge, aber auch durch tiefliegende Taler führt, dass sie nicht schrittweise, sondern nur ruckweise sich emporringen kann, dass wir nicht von Reform zu Reform, sondern von Katastrophe zu Katastrophe gehen. Die Illusion, dass das demokratische Wahlrecht uns eine endlose Reihe „positiver Erfolge“ bescheren werde, ist zerstört. Wir müssen uns rüsten auf die Katastrophen der Zukunft, um dann wieder mit einem grossen Ruck, einer entscheidenden Tat ein Stück vorwärts zu kommen, wie wir im Jahre 1905 vorwärts gekommen sind.

Der Staat wird sein Haus bestellen müssen. Wer wird, wer soll das Notwendige tun? Die „starke Regierung“, die volksfremde Bureaukratie, die allen Nationen ihren feindlichen Willen aufzwingt? Oder die starke Demokratie, die erwächst aus dem Willen der Völker?

Es ist unsere Sache, zu fordern, dass die Umgestaltung Oesterreichs nicht durch das Diktat der Bureaukratie, sondern durch die schöpferische Kraft der Demokratie erfolge. Warnend vor der Gefahr einer „starken Regierung“, mahnend zur Kräftigung der Demokratie, müssen wir in der heutigen Situation Oesterreichs unsere Aufgabe erfüllen.

Wir müssen darum heute schon die Verantwortlichkeit derer feststellen, die wiederum wie vor sechs Jahrzehnten, vom Hasse verblendet, uns geraden Weges in die Falle führen, die die Reaktion den Völkern Oesterreichs gestellt hat. Der Kampf gegen den Nationalismus ist heute unsere wichtigste Aufgabe. Wir müssen, jeder innerhalb seines Volkes wirkend, die Nationalisten der eigenen Nation als die Schrittmacher der „starken Regierung“ denunzieren.

Wir selbst aber müssen unsere Reihen Zusammenhalten in internationaler Einheit. Wir müssen uns das Vertrauen der Völker verdienen, dass wir wenigstens, wir allein, den Willen und die Kraft haben, die nationalen Reibungen zu überwinden, aus denen die Reaktion ihre Kraft schöpft.

Der intransigente Internationalismus mag heute Scharen von Mitläufern aus unseren Reihen verscheuchen, er allein verbürgt uns aber, dass wir die Katastrophe, der das Bürgertum uns entgegenführt, werden ausnützen können für die grosse Sache des Proletariats. Nur wenn wir frei sind von aller Mitschuld an dem selbstmörderischen Treiben, das der „starken Regierung“ den Weg bahnt, wird der Zusammenbruch der bürgerlichen zum Triumph der proletarischen Demokratie werden.

 


Leztztes Update: 6. April 2024